Patentstreit: Apple hätte Verkaufsverbot für Samsungs Smartphones erwirken dürfen
Eine einstweilige Verfügung gegen die Koreaner hatte das Gericht in erster Instanz unrechtmäßig abgelehnt. Das Berufungsgericht gibt den Fall nun an das zuständige Bezirksgericht zurück. Unter anderem basiert die Entscheidung auf dem Verstoß gegen das hierzulande mittlerweile ungültige Slide-to-Unlock-Patent. Der Vorsitzende Richter übt massive Kritik an dem Urteil.
Am Donnerstag hat ein US-Berufungsgericht entschieden, dass Apple eigentlich das Erwirken eines Verkaufsverbots gegen Samsung für dessen patentverletzende Smartphones zugestanden hätte. Demnach habe das Gericht in der ersten Instanz seinen Ermessensspielraum überschritten, als es eine einstweilige Verfügung von Apple gegen Samsung ablehnte, nachdem die Geschworenen das koreanische Unternehmen zu 120 Millionen Dollar Schadenersatz aufgrund von Verstößen gegen drei Apple-Patente verurteilt hatten, wie Reuters berichtet.
Die Entscheidung betrifft den zweiten im nordkalifornischen San Jose verhandelten Patentstreit zwischen den beiden Smartphoneherstellern. Im Mittelpunkt stehen Schutzrechte für die Autokorrektur und Funktionen zur Erkennung von Daten sowie das Slide-to-Unlock-Patent. Letzteres hatte der Bundesgerichtshof hierzulande im August endgültig für nichtig erklärt, eine Einschätzung, die laut Patentblogger Florian Müller mittlerweile 15 europäische Patentrichter in drei Ländern “einstimmig” vertreten.
In seinem Blog Foss Patents weist Müller darauf hin, dass der Vorsitzende Richter des Court of Appeals gegen die Entscheidung gestimmt hat und damit die Linie der 15 europäischen Gerichte einnehme, während sich die beiden anderen Richter, die sich für eine Verfügung gegen Samsung ausgesprochen haben, dies vor allem mit der Bedeutung der Slide-to-Unlock-Funktion begründen. Angesichts der bisherigen, eindeutigen Rechtssprechung hält Müller sie für eingefleischte Apple-Fanboys oder Patent-Hardliner oder beides. Der Vorsitzende Richter übt ebenfalls starke Kritik an der Mehrheitsentscheidung. Seine Kollegen hätten für das Aufheben des vorinstanzlichen Urteils keine gesetzliche Grundlage und auch den bisherigen Verlauf der Auseinandersetzung nicht beachtet. “Dieser Fall ist noch nicht geschlossen”, urteilt der Vorsitzende Richter in seiner Stellungnahme (PDF, Seite 41)
Samsung versicherte gegenüber Reuters, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts keinen Einfluss auf die Verfügbarkeit der Samsung-Produkte oder den Kundenservice habe. Eine Sprecherin bezeichnete Apples Forderung nach einer Verfügung erneut als “unbegründet. Samsung werde nun eine weitere Prüfung durch alle zwölf Richter des Gerichts beantragen. Apple wiederholte lediglich frühere Kommentare über den Patentstreit. “Samsung hat vorsätzlich unsere Ideen gestohlen und unsere Produkte kopiert.”
Im Mai 2014 hatte eine achtköpfige Jury im zweiten Patentprozess entschieden, dass Samsung drei Schutzrechte von Apple verletzt. Dem iPhone-Hersteller sprach sie dafür 119,6 Millionen Dollar Schadenersatz zu und damit deutlich weniger als die geforderten 2,2 Milliarden Dollar. Im ersten Patentverfahren, in dem der US-Circuit Court of Appeals kürzlich eine weitere Anhörung ablehnt, wird Samsung nun den Supreme Court anrufen, um 400 Millionen der insgesamt 548 Millionen Dollar Schadenersatz anzufechten, die Apple nach Ansicht des Berufungsgerichts zustehen.
[mit Material von Stefan Beiersmann, ZDNet.de]
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