Microsoft will NSA-Anfragen offenlegen dürfen
Microsoft hat bei der US-Regierung um Erlaubnis angefragt, Einzelheiten darüber, wie der Konzern auf Forderungen nach der Herausgabe von Nutzerdaten durch Regierungsbehörden reagiert, veröffentlichen zu dürfen. Chefjustiziar Brad Smith schrieb dazu einen nachdrücklich formulierten Brief an US-Generalbundesanwalt Eric Holder.
Laut Smith gebe für die Regierung “kein zwingendes Interesse mehr”, Firmen daran zu hindern, Informationen über ihre Reaktionen auf solche Forderungen presizugeben. Das treffe insbesondere dann zu, heißt es in dem Brief, wenn diese Informationen helfen könnten, öffentliche Besorgnis hinsichtlich einer Überwachung ohne richterliche Anordnung zu mindern.
Der Brief scheint eine Reaktion auf den Guardian-Bericht über eine enge Zusammenarbeit zwischen Microsoft un dem US-Geheimdienst NSA zu sein. Das Blatt berief sich auf Geheimdokumente, die ihr von Edward Snowden überlassen wurden. Aus ihnen gehe unter anderem hervor, dass die NSA bei Outlook.com auf E-Mails zugreifen konnte, noch bevor sie verschlüsselt wurden. Der Softwarekonzern habe zudem den Zugriff auf den Cloud-Speicherdienst SkyDrive mit weltweit über 250 Millionen Nutzern und die Aufzeichnung von über Skype geführten Gesprächen und Videoanrufen ermöglicht.
Das US-Justizministerium lehnte in der vergangenen Woche einen Antrag Microsofts, mehr Einzelheiten nennen zu dürfen, um seinen Ruf zu wahren, offenbar ab. Weitere Geheimhaltungszwänge “schaden der Verfassung selbst”, schreibt Brad Smith in seinem Brief an den US-Generalbundesanwalt jetzt. “Es wird Ihrer persönlichen Einmischung oder der des Präsidenten bedürfen, um die Dinge richtigzustellen.”
Der Chefjurist weist außerdem in einem Blogeintrag die Anschuldigungen gegen Microsoft zurück: “Wir geben keiner Regierung die Möglichkeit, die Verschlüsselung [von Outlook.com] zu brechen, und geben der Regierung auch nicht die Schlüssel. Wenn wir gesetzlich verpflichtet sind, Forderungen nachzukommen, dann ziehen wir angegebene Inhalte von unseren Servern, auf denen sie unverschlüsselt gespeichert sind, und übermitteln sie an die Regierungsbehörde.”
Hinsichtlich der Skype-Gespräche erklärt Smith, dass “wir keiner Regierung direkten oder uneingeschränkten Zugang zu Kundendaten oder Chiffrierschlüsseln geben”. Grundsätzlich komme Microsoft nur Anordnungen nach, die “bestimmte Konten und Identifikatoren” betreffen. Das Unternehmen gebe nie “pauschalen und wahllosen Zugang zu Microsofts Kundendaten”.
Yahoo mit ähnlichen Ansinnen schon vor Gericht erfolgreich
Yahoo hat sich bereits gestern mit einem Antrag durchsetzen können, der die Offenlegung von juristischen Schriftsätzen sowie einer Gerichtsentscheidung aus dem Jahr 2008 forderte. Das Unternehmen will damit beweisen, dass es sich für die Privatsphäre seiner Nutzer einsetzte und – allerdings offenbar vergeblich – alle rechtlichen Mittel ausschöpfte, um am Spähprogramm PRISM nicht teilnehmen zu müssen.
“Wenn diese Dokumente öffentlich gemacht sind, werden sie in konstruktiver Weise zur laufenden öffentlichen Debatte rund um Online-Datenschutz beitragen”, erklärte ein Yahoo-Sprecher in einer Stellungnahme. Neben dem Urteil selbst sind die Schriftsätze der Streitparteien offenzulegen. Das US-Justizministerium muss jetzt die freizugebenden Dokumente sichten und kann sie teilweise redigieren, wenn es der Auffassung ist, dass sie Informationen enthalten, deren Geheimhaltung weiterhin erforderlich ist.
Microsofts Deutschland-Chef besorgt
Microsofts Deutschland-Chef Christian Illek warnte inzwischen vor schädlichen Auswirkungen der öffentlichen Debatte über PRISM. “Wir haben Sorge, dass hier das Kind mit dem Bade ausgeschüttet wird”, erklärte er gegenüber Journalisten in New York.
In Deutschland sei die Debatte dazu hitziger als etwa in den USA und Großbritannien. Das könne den Standort Deutschland bei wichtigen Zukunftsfeldern wie Cloud Computing zurückwerfen – solche Branchentrends ließen sich nicht durch eine unterschiedliche deutsche Einstellung zur NSA-Affäre aufhalten. “Ich hoffe, dass diese Diskussion wieder abflaut”, sagte der Manager.
[mit Material von Bernd Kling, ZDNet.de]
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