Make Munich: 3D-Druck, Computer-Tuning und Elektronik finden zusammen
Hobbyisten waren Kern- und Angelpunkt der Make Munich, die zwar von Start-ups aus dem 3D-Drucker-Metier aus der Taufe gehoben wurde, doch am Ende alle zusammenbrachte: Amateurfunker, Elektronikbastler, Computerfreaks der ersten Stunde, und so weiter.
Außer Neuheiten im 3D-Druckbereich und Exponaten von Objekten, die Künstler mit dem 3D-Printer erzeugt hatten, fanden sich auch zahlreiche “geekige” Extras für Casemodder (also Menschen, die ihre Rechner tunen wie vergangene Generationen ihre Autos), zum Brettspiel verwandelte Computerspiele für Familien, und vieles mehr.
Fast wie in ersten CeBIT-Zeiten
Die schon am Anfang recht gut besuchte Veranstaltung hatte schon am ersten Tag einige tausend Besucher. Presseverantwortlicher Alexander Klarmann, der die Make Munich eher als Hobby sieht, freut sich: “Auch das schlechte Wetter hat uns geholfen, die Halle zu füllen.” Dass die Tonhalle in der Münchner Kultfabrik so voll war mit Hobbyisten wie mit Profis hatte wohl auch er nicht erwartet.
Bildergalerie: Impressionen von der Make Munich
Die Make Munich war der Beweis dafür, dass das 3D-Drucken eine neue Do-it-yourself-Bewegung eingeleitet hat, die über den Umgang mit 3D-Modellen weit hinausgeht. Und die ebenfalls anwesenden Veranstalter des “Vintage Computerfestival Europa“, das eine Woche später stattfindet, fanden die richtigen Worte für einen guten Teil des Publikums: “Lasst uns zurückkehren in die guten alten Tage, als Hacker noch keine Sicherheitsberater, Bytes noch keine Megabytes und kleine Grüne Männchen noch kleine grüne Männchen waren”.
Sicherheitsberater waren tatsächlich auf der kleinen Messe: Ein Storage-Security-Verantwortlicher, der sich im Job mit dem Cloud-Computing-Thema OWASP (“Open Web Application Security Project”) beschäftigen muss und einem passenden T-Shirt einer Security-Konferenz herumlief, deckte sich hier als Hobbyist am Stand des österreichischen Onlineshops hackerspaceshop.com mit Spielereien für die Steuerung von Heimelektronik ein.
Wohl um zu zeigen, dass man motiviert beginnt wie vor 30 Jahren zur CeBIT, bastelten findige 3D-Druck-Fans ein fahrendes CeBIT-Logo. So klein und wendig wie das Gefährt hatte die betagte Computermesse schließlich einst auch begonnen.
Neben all den anderen Dingen ging der Auslöser des Ganzen, der 3D-Druck, fast in der Masse unter. Doch gerade in diesem Bereich zeigten sich einige maßgebliche Neuerungen und Anwendungsmöglichkeiten.
3D-Drucker bald schon unter 500 Euro
Mitveranstalter 3Ddinge.de zeigte erste Prototypen der “Makibox”, einem kleinen handlichen 3D-Drucker aus Hongkong. Er ist umhüllt von Plexiglas und kostet als Bausatz voraussichtlich um die 450 Euro, fertig zusammengesetzt etwa um die 550 Euro. Die Makibox soll ab Juni in Deutschland erhältlich sein. Sie kommt mit der passenden Software zur Bearbeitung von 3D-Modellen und ihrer Umwandlung in die einzelnen Druckschichten.
Die preiswertesten 3D-Drucker waren bis dato der niederländische Ultimaker und der US-amerikanische Makerbot Replicator. Doch die Preise sind im Sinkflug und die Technik wird ausgereifter.
Neben dem asiatischen Preiswunder Makibot bei 3DDinge zeigten sich auch technische Fortschritte: So präsentierte der Stuttgarter Anbieter Hafner’s Büro einen umgerüsteten Replicator 2 von Makerbot. Das vorgeführte Modell war eingehüllt in eine schalldämpfende Umhüllung – den Replicator hatten zuvor einige 3D-Druck-Enthusiasten als zu laut empfunden.
Ohne Umhüllung, aber wesentlich flexibler für Umbau und Programmierung zeigte sich Fabbster. Das deutsche 3D-Druck-Produkt das schon auf der CeBIT gezeigt worden war, wurde auf der Make Munich im Messebereich mit vielen Arbeitsplätzen gezeigt. So konnte jeder mit der passenden Software herumspielen und mit dem Drucker Modelle produzieren.
Im Do-it-Yourself-Workshop-Bereich im Obergeschoss schließlich hatten Hobbyistenvereine die beweglichen Einheiten des Fabbster-3D-Printers zur Schneidemaschine für Verpackungsmaterial umgebaut und erzeugten so aus Styroporverpackungen 3D-Säulen für eine “Styropor-Akropolis”. Vereine, die sich gemeinsam 3D-Drucker kaufen, um im Team interessante Anwendungsmöglickeiten (etwa die oben beschriebene Schneidevorrichtung) zu finden, gibt es in Deutschland inzwischen mehrere. Sie nennen sich “Fablabs”.
Open-Source-Prinzip für Hardware-Nutzung
Zahlreiche Vereine, die sich auf der Make Munich präsentierten, setzen das Prinzip der “Fablabs” um, wie es vor einiger Zeit Neil Gershenfeld, Professor am MIT, formuliert hatte: Die gemeinsame “Fabrik für alle” stellt Dinge her, die man alleine nicht zustandegebracht hätte. Kleinere Unternehmen sparen sich Hardware-Anschaffungskosten, indem sie sich an der Arbeit dieser Vereine beteiligen: Die Gemeinschaft kauft sich die Geräte und stellt sie allen zur Verfügung.
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Video: MIT-Professor Neil Gershenfeld erklärt das Fablab-Prinzip
Das Fablab Region Nürnberg hat unter dem Motto “Kannst du’s zeichnen, kannst du’s bauen” so eigenen Worten zufolgfe geschafft, auch wenig technikaffine Schülerinnen dazu zu bringen, 3D-Drucker zu nutzen: Die Aussicht, sich selbst Armbänder und dergleichen drucken zu können, habe auch sie zum Spaß an der Technik verleitet.
Vereine wie die “DingFabrikKöln“, das “Garage Lab Düsseldorf” oder das Fablab München stellten sich und ihre Projekte vor. Ziel des Fablab-Netzes ist es, technisches Wissen und technische Möglichkeiten vor allem an die jüngere Generation weiterzugeben.
Das bezieht sich nicht nur auf das 3D-Drucken, sondern auf alle möglichen anderen Arten, etwas zu fabrizieren. Um es mit den Worten von MIT-Professor Gershenfeld zu sagen: Wenn die technische Revolution auch bei Menschen landet, die bisher keinen Zugriff hatten, gibt sie ihnen Power. Aus Fablabs aus der ganzen Welt kämen inzwischen Innovationen, wie man sie hier nicht für möglich gehalten hätte.
Lösungen, Anwendungen und Mittel dazu
Was die Make Munich fernab von jeder Computerfreak-Mentalität präsentierte, waren konkrete Lösungen, witzige Ideen, unwahrscheinliche Technologie-Kombinationen und vor allem Spaß an Problemlösungen. Was alles mit 3D-Objekten möglich ist, zeigten zahlreiche Künstler mit ihren Exponaten und Dienstleister mit ihren Offerten.
Ein spannendes Angebot war etwa, sich rundherum fotografieren zu lassen und das daraus entstehende 3D-Modell als Büste im 3D-Drucker zu produzieren – statt Rapid Prototyping zukünftiger Modelle geht es auch andersherum mit kleinen dreidimensionalen Abzügen von schon Vorhandenem. Fotograf Graham Helyar, der in Münchens teurer Flaniermeile Leopoldstraße in einem kleinen Einzimmer-Büro sitzt, muss wegen großer Nachfrage vermutlich bald in ein größeres Domizil umziehen.
So völlig anders ist auch die Umsetzung des Videospielklassikers Pacman in ein Brettspiel: Unter dem Namen “Whacky Wit” produziert Norman Sommer, der hauptberuflich die CMO Internet Dienstleistungen GmbH betreibt, ein Spiel, von dem jedes Exemplar ein Unikat (für rund 400 Euro) ist. Die Prototypen der Spielfiguren kamen ursprünglich aus dem 3D-Printer, inzwischen sind sie aus Holz.
Wer nicht spielen, sondern produzieren will, muss nicht alle Bausteine dazu wie Rechner, Drucker, Lasercutter oder andere Dinge selbst haben – schließlich verhelfen auch die Fablabs dazu. Doch neben “Selbermachen” gibt es auch Vieles zum “Selberhaben”. Für das PC-Styling und -Tuning zeigte Spezialist CoolerMaster zahlreiche Varianten eines schnellen, schön gestylten und flüssiggekühlten Rechners. Der Anbieter veranstaltet einen Wettbewerb rund um das colste PC-Gehäuse.
Wer es lieber etwas konventioneller haben will, kann sich Vieles auch von Dritten produzieren lassen – und es dann per Internet individualisieren. Lampen, Ringe und beliebige andere 3D-Objekte produziert etwa ScopeforDesign, einer der 3D-Druck-Dienstleister, die sich auf der Veranstaltung präsentierten.
Entsprechende Dienstleister in ganz Deutschland vermittelt Fabbeo, einer der Mitveranstalter des Events. Jungunternehmer Karim Hamdi hielt sich und seine Firma dezent im Hintergrund, doch “die Leute, die mehr zu 3D-Druck wissen wollten, kamen doch zu uns”.
Ihm war aber wichtig, dass die Make-Munich-Besucher nicht nur Nutzer von 3D-Druckern sind. Die Messe zeigte etwa auch Amateurfunk (inzwischen per “Echolink” mit dem Internet verbunden, mehr beim Verein DARC), das Sägen, Hammern und Fräsen, das T-Shirt-Bemalen oder das Wiederaufbereiten von Müll zu 3D-Druck-Material – und so schließt sich der Kreis wieder und beginnt erneut beim 3D-Druck.