PC-Markt: HP rettet Spitzenplatz nur durch Ramschverkäufe

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Den vorläufigen Ergebnissen von Gartner zufolge wurden im vierten Quartal 2012 weltweit 90,3 Millionen PCs verkauft. Das entspricht im Vergleich zum vierten Quartal 2011 einem Rückgang von 4,9 Prozent. Die Verkaufszahlen in der Region EMEA gingen im letzten Dreimonatszeitraum 2012 um 9,6 Prozent zurück. Ohne wachsende Nachfrage in Osteuropa und im Mittleren Osten wären sie noch stärker gesunken.

Die Gartner-Analysten führen die Probleme der PC-Branche grundsätzlich auf die schwache Wirtschaftslage zurück. Aber auch die Tatsache, dass Microsofts neues Betriebssystem nicht mehr der große Startschuss für Neuanschaffungen ist sowie die zunehmende Verbreitung von Tablets haben ihrer Ansicht nach zum schwachen Abschneiden beigetragen. Tablets in erster Linie deshalb, weil durch ihre Verwendung vor allem bei Verbrauchern der Desktop-Rechner weniger wichtig wird – die Lebenszyklen verlängern sich dadurch.

Gartner-Expertin Mikako Kitagawa prognostiziert eine Zukunft, in der besonders im häuslichen Umfeld ein zentraler Rechner quasi als Anlaufstation für die den einzelnen Familienmitgliedern gehörenden Tablets dient: Der Konsum von Videos, Bildern, Mails und die Kontaktpflege in Sozialen Netzen – also die bislang zeitintensivsten Beschäftigungen mit dem Rechner -, verlagern sich auf das Tablet. Der Rechner wird nur noch für “anspruchsvolle Aufgaben” benötigt – etwa die Steuererklärung, Bildbearbeitung oder ähnliche Aufgaben und einige Spiele. Daher erwartet Kitagawa, dass Zweitrechner in den Haushalten künftig nicht mehr oder zumindest nur noch in deutlich größeren Zeitabständen ersetzt werden.

PCs: Weltweite Marktentwicklung im Gesamtjahr 2012 (nach Gartner)

Hersteller Marktanteil 2012 Marktanteil 2011 Veränderung (verkaufte Stückzahlen in Prozent)
HP 16 16,6 -6,7
Lenovo 14,8 12,5 +14,2
Dell 10,7 11,7 -12,3
Acer 10,4 10,8 -6,7
Asus 6,9 5,7 +17,1
Andere 41,3 42,8 -6,9
Gesamtmarkt -3,5

Zum Einbruch des Marktes im traditionell starken vierten Quartal hat laut Gartner auch beigetragen, dass Verbraucher PCs nicht mehr als “Premium”-Geschenk erachten. Angesichts einer “blühenden Vielfalt von zunehmend attraktiveren Geräten und Diensten haben Verbraucher ihre Aufmerksamkeit anderem zugewandt”, so das Gartner-Fazit. Einzig bei sehr billigen Notebooks haben die Analysten eine Nachfragesteigerung bemerkt – aber die konnte die Verluste in anderen Bereichen nicht ausgleichen.

Hewlett-Packard hat Gartner zufolge die im dritten Quartal 2012 erstmals an Lenovo verlorene Spitzenposition im weltweiten PC-Markt wieder zurückgewinnen können. Der Konzern liegt nun sowohl weltweit als auch in den USA und Europa wieder vorne – bezahlt dafür aber einen hohen Preis: Den Beobachtungen von Gartner zufolge musste das Unternehmen nämlich seine Margenziele aufgeben. Außerdem habe HP eine große Anzahl von Deals mit Retailern abschließen können – entweder für Weihnachtsangebote oder im Rahmen der Windows-8-Einführung. Auch solche Deals sind nicht gerade dafür bekannt, hohe Profite abzuwerfen.

Damit hat es der Konzern jedoch geschafft, dass die Anzahl der von ihm verkauften Rechner im vierten Quartal 2012 nur 0,5 Prozent unter denen von 2012 liegt. Aber so positiv sich diese Deals auch auf die Statistik auswirken, in den Büchern wird das Ergebnis weniger erfreulich sein. Im Gespräch mit ITespresso bezeichnet Gartner-Analyst Ranjit Atwal dies als “taktische, kurzfristige Maßnahme” und macht klar, dass es für HP keine langfristige Strategie sein könne, seine Produkte auf Teufel komm´ raus zu verramschen.

Als Beleg führt er Acer an: Das Unternehmen habe in den vergangenen Jahren eine ähnliche Strategie verfolgt und dadurch rasch Marktanteile hinzugewonnen. Das sei allerdings nun vorbei. Aktuell ist Acer laut Atwal in einer Übergangsphase vom volumenorientierten Low-end-Geschäft zum Geschäft mit wertigeren Produkten – keine ganz risikolose Phase für das Unternehmen aus Taiwan, das im vierten Quartal 2012 elf Prozent weniger Rechner verkaufte als im Vorjahr (minus 6,7 Prozent weltweit im gesamten Jahr).

Gewinner im Kampf um den immer weniger großen Kuchen sind eindeutig Lenovo und Asus. Asus konnte 2012 weltweit um 17,1 Prozent zulegen – mehr als jeder andere der Top-Fünf-Anbieter. In Europa rangiert das Unternehmen aus Taiwan nach einem Zuwachs um 7,4 Prozent auf Rang drei – hinter HP und Acer, knapp gefolgt von Lenovo.

Lenovo konnte 2012 weltweit um 14,2 Prozent zulegen, in Europa sogar um 34,3 Prozent. Gartner-Zahlen für Deutschland liegen noch nicht vor. Aufgrund der starken Position der Marke Medion wäre aber alles andere als die Verteidigung von Platz eins ein Wunder.

Laut Gartner-Analyst Atwal ist der Höhenflug noch lange nicht zu Ende: Lenovo hat seiner Ansicht nach eine hervorragende Ausgangsposition, um in dem bisher zumindest weltweit gesehen kaum bedienten Consumer-Markt zu wachsen. Die kürzlich vollzogene Gliederung in zwei Geschäftsbereiche – einen für Business-Produkte, einen für Consumer-Produkte -, sieht er als wichtigen Schritt, um dieses Potenzial zu nutzen. Die in den vergangenen Wochen und Monaten angekündigten Produkte erachtet er als geeignete Waffen im Kampf um Segment.

PCs: Europäische Marktentwicklung im Gesamtjahr 2012 (nach Gartner)

Hersteller Marktanteil 2012 Marktanteil 2011 Veränderung (verkaufte Stückzahlen in Prozent)
HP 18,9 19,1 -3,9
Acer 13,3 13,2 -2,1
Asus 9,9 8,9 +7,3
Lenovo 9,6 6,9 +34,3
Dell 8,4 9,3 -12,1
Andere 39,9 42,5 -8,6
Gesamtmarkt -2,8

Den Marktforschern von IDC zufolge gingen die Absatzzahlen laut den vergangene Woche von ihnen veröffentlichten Zahlen im vierten Quartal 2012 weltweit auf 89,8 Millionen Stück zurück. Im gesamten Kalenderjahr 2012 verliert der PC-Markt laut IDC 3,2 Prozent. Auch bei der Zählung von IDC schafft es Hewlett-Packard jedoch, seine Führungsposition vor Lenovo zu behaupten.

Die Zahlen an sich sind laut IDC keine große Überraschung. Das Unternehmen ging schon länger davon aus, dass sich im zweiten Halbjahr 2012 die Lage für PC-Anbieter verschärft. Nach Ansicht der Analysten haben aber nicht nur Smartphones und Tablets den Markt belastet. Auch die Frage, welchen Mehrwert touchfähige neue Windows-Geräte gegenüber Tablets bieten, habe die Nachfrage nach PCs geschwächt.

“Obwohl im dritten Quartal vor allem die Lagerbestände von Windows 7 abgebaut wurden, zeigen unsere vorläufigen Analysen, dass die Lagerräumung der Einführung von Windows-8-Systemen nicht deutlich geholfen hat”, sagte IDC-Analyst Jay Chou. Der PC-Markt habe Verbrauchern die Vorteile der jüngsten Wintel-Plattform bisher nicht ausreichend vermittelt. Vor allem Funktionen, die mehr Sicherheit, Zuverlässigkeit und Effizienz böten, seien nicht mit Nachdruck betont worden.

HP kommt laut IDC zwischen Oktober und Dezember 2012 auf einen Marktanteil von 16,7 Prozent und bleibt so knapp vor Lenovo, das 14,1 Millionen Rechner auslieferte und einen Anteil von 15,7 Prozent erreichte. Dell blieb trotz sinkender Verkäufe (minus 20,8 Prozent) vor Acer – aber nur, weil dass taiwanische Unternehmen einen noch stärkeren Rückgang (28,2 Prozent weniger verkaufte PCs) hinnehmen musste. Mit 7,8 Prozent liegt Acer laut IDC nun nur noch knapp vor Asus (7,4 Prozent).

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