IPv4-Adressen sind alle
Zumindest in Nordamerika werden nun keine neuen mehr vergeben. Das hat die dafür zuständige ARIN mitgeteilt. In Europa hat das RIPE noch einen kleinen Restvorrat, der aber auch schon rationiert wurde. Den Umstieg auf IPv6 fordern diverse Einrichtungen seit Jahren, umgesetzt hat ihn bisher dennoch nur ein kleiner Teil der Firmen.
Die dafür zuständige Organisation American Registry for Internet Numbers (ARIN) hat jetzt tatsächlich die letzten, ihr verbliebenen IPv4-Adressen vergeben. Bereits im Mai war das Kontingent rationiert worden. Ab sofort werden IPv4-Addressen, die die ARIN von der internationalen, übergeordenten IANA noch erhalten sollte oder die von Nutzern zurückgegeben werden ausschließlich dazu verwendet, um Anfragen von der bereits vorhandene Warteliste zu befriedigen.
Ob viele Adressblöcke zurückgegeben werden, darf allerdings bezweifelt werden. Bereits im vergangenen Jahr konnten in der ARIN-Region auf dem Markt zwischen 7 und 8 Dollar pro Adresse erzielt werden. Händler gingen damals davon aus, dass es in den kommenden drei bis fünf Jahren einen Markt für IPv4-Adressen geben wird. Die Ankündigung der ARIN könnte nun die Preise zunächst steigen lassen. In dem Maße, in dem sich IPv6 weiter ausbreitet, dürften sie allerdings dann allmählich wieder sinken.
Laut Tom Coffeen, IPv6-Evangelist beim Netzwerkanbieter Infoblox “müssen nun auch die Unternehmen, die den Schwund von IPv4-Adressen und die damit zwangsläufig einhergehende Notwendigkeit von IPv6 bisher ignoriert haben, den Tatsachen ins Auge schauen und sich spätestens jetzt um die Implementierung von IPv6 kümmern.” Ihm zufolge haben die Cloud, mobiles Internet und das Internet der Dinge sowie alle damit zusammenhängenden Entwicklungen nur mit IPv6 eine Zukunft.
Für deutsche Unternehmen sei es “eine Minute vor zwölf, um sich mit der Umstellung auf IPv6 zu beschäftigen.” Coffeen verweist dazu auf den aktuellen “State of the Internet”-Bericht von Akamai. Demnach haben hierzulande erst 15,39 Prozent der Unternehmen auf IPv6 umgestellt.
Einer kontinuierlich aktualisierten Statistik von Google zufolge greifen derzeit lediglich kanpp 9 Proznt aller Nutzer per IPv6 auf Google Dienste zu. In Deutschland liegt die Adaptionsrate mit 18,48 Prozent zwar deutlich höher, aber immer noch in einem niedrigen Bereich. Am höchsten ist sie Google zufolge in Europa in Belgien (knapp 36 Prozent) und der Schweiz (knapp 23 Prozent). In Frankeich liegtd er Wert lediglich bei 5,6 Prozent, in Großbritannien gar nur bei 2,6 Prozent. Österreich kommt mit 3,3 nur knapp davor.
IPv4 ermöglicht rund 4,3 Milliarden Internetadressen. Das reicht nicht länger, um die Zahl onlinefähiger Geräte zu bedienen. IPv6 stellt dagegen 340 Sextillionen Adressen (ausgeschrieben 340.282.366.920.938.463.463.374.607.431.768.211.456) zur Verfügung. Damit sollte auch das Internet der Dinge auskommen. Das Zögern vieler Firmen bei der Umstellung ist dadurch begründet, dass IPv6 neue Hardware, neue Software und zahlreiche Tests erforderlich macht.
Allerdings hat es an Aufforderungen zur Umstellung in den vergangenen Jahren nicht gefehlt. Da die Adressen sozusagen von oben nach unten, also von übergeordneten zu untergeordneten, regionaleren Organisationen, jeweils in Blöcken durchgereicht werden, gingen den übergeordneten Einrichtungen die Adressen teilweise schon wesentlich früher aus. Die Abnahme wird seit Jahren von dem auch für Europa zuständigen RIPE Network Coordination Center dokumentiert. Das hat die IPv4-Adressvergabe bereits vor vier Jahren eingeschränkt.
Die übergeordnete IANA hatte die letzten ihr zur Verfügung stehenden IPv4-Adressen sogar schon im Februar 2011 an die regionalen Adressverwalter übergeben. Seit 2011 erprobten auch große Internetfirmen an einem IPv6-Testtag jährlich einmal den “Ernstfall” der endgültigen Umstellung – nach eigenem Bekunden in der Regel mit zufriedenstellenden Ergebnissen.
Die ICANN hatte Netzwerkbetreiber vor gut einem Jahr erneut und nachdrücklich aufgefordert, auf Ipv6 umzustellen. “Der Einsatz von IPv6 ist eine unabdingbare Voraussetzung für jedes Netzwerk, das überleben will”, sagte ICANN-Manager Leo Vegoda damals. Ihm zufolge ist für weiteres wirtschaftliches Wachstum und die künftige Nutzung der Möglichkeiten, die das Internet gebracht hat, ein rascher Umstieg auf IPv6 unerlässlich.