Die ersten Schritte beim Cloud Computing
Nach wie vor gehört Cloud Computing zu den Themen im IT-Management, an denen man einfach nicht vorbeikommt. Dabei hat die Technik deutliche Fortschritte gemacht. Selbst rechenintensive Anwendungen laufen heute schon “in der Wolke”. IT-Riesen wie IBM, HP, Fujitsu und Dell werben für ihre Lösungen, doch die Unsicherheit ist vor allem bei kleineren Unternehmen immer noch groß.
Dell propagiert das sogenannte Cloud Client-Computing. Hagen Dommershausen, Marketing Senior Manager, Cloud Client-Computing bei Dell, erklärt im Interview mit ITespresso, wie sich das Konzept vom klassischen Thin Client-Computing unterscheidet und was seiner Ansicht nach dabei für kleinere Unternehmen besonders wichtig ist.
Was genau versteht man unter Cloud Client-Computing? Und wie unterscheidet es sich von Thin Client Computing?
Dommershausen Der Begriff Thin Client Computing ist enger gefasst und meint lediglich die zentrale Bereitstellung von Computing-Umgebungen mit Thin Clients als Zugriffsgeräten. Eine zentralisierte und virtualisierte Client-Infrastruktur setzt es dabei bereits als gegeben voraus. Das Cloud Client-Computing beschreibt dagegen den kompletten End-to-End-IT-Lösungsstrang. Dabei bezieht er alle denkbaren Endgerätekategorien ebenso mit ein wie das Management der Rechenzentrums- und Endgerätekomponenten.
Was sind für ein Unternehmen die wichtigsten Bausteine von Cloud Client-Computing?
Dommershausen Dazu zählen neben Server, Storage, Netzwerk und den Endgeräten die Virtualisierungs- und Managementsoftware. Aber auch die Services für Planung, Sizing, Implementierung und Support spielen natürlich eine wichtige Rolle.
Lohnt sich die Technik auch für kleine Unternehmen, beispielsweise solche mit 20 oder 30 Mitarbeitern?
Dommershausen Absolut. Für Unternehmen ab zehn Mitarbeitern gibt es mittlerweile sogar speziell vorkonfigurierte Lösungen. Generell eignen sich für kleine Unternehmen vor allem gehostete Services.
Was unterscheidet Cloud Client-Computing vom Thin-Client-Trend der 90er Jahre?
Dommershausen Die Tatsache, dass wir nicht mehr auf die Bereitstellung einfacher Produktivitätssoftware beschränkt sind. Heute lassen sich selbst anspruchsvolle Anwendungen wie grafikintensive CAD-Applikationen oder Multimedia-Inhalte zentral bereitstellen, um sie dezentral zu nutzen. Das Cloud Client-Computing kann außerdem Mobilität in all ihren Facetten abbilden, da es die Anwender unabhängiger vom Endgerät macht.
Darüber hinaus stehen heute neben dem Server-basierten Computing weitere Bereitstellungskonzepte zur Verfügung. Und deren Kombinationsmöglichkeiten sind es, die das Cloud Client-Computing erst richtig interessant machen.
Was sind die wichtigsten Schritte bei der Installation der Technik?
Dommershausen Das Allerwichtigste ist eine gute Vorbereitung. Unternehmen müssen sich zunächst unbedingt Klarheit darüber verschaffen, wie ihre Mitarbeiter IT nutzen und welche Anforderungen sie haben. Im Rahmen entsprechender Assessments lässt sich ein digitales Profil der IT-Umgebung erstellen, aus dem dann wiederum die besten Optionen abgeleitet werden können. Dazu werden detaillierte Daten von jedem Desktop erfasst, der virtualisiert werden soll. Auch eine Analyse der Ressourcennutzung, die die Abhängigkeiten zwischen Anwendungen, Datenmigration und Verarbeitung berücksichtigt, ist sehr wichtig.
So ist man in der Lage, die mögliche Investitionsrendite und die Gesamtbetriebskosten zu ermitteln. Außerdem erhält man eine Planungsgrundlage für die künftige Skalierung. Auf Basis der zuvor definierten geschäftlichen und technischen Anforderungen können so konkrete Ansätze und Handlungsschritte erarbeitet werden. Die Erstellung eines ausführlichen Implementierungsplans ist dann der nächste logische Schritt.
Lassen sich die möglichen finanziellen Vorteile für kleine Unternehmen grob beziffern?
Dommershausen Pauschal kann man das nicht beziffern, weil die Projekte alle sehr verschieden sind und wir sehr unterschiedliche Gegebenheiten vorfinden. Was sich aber sagen lässt ist, dass der Energieverbrauch bei den Endgeräten um bis zu 90 Prozent sinkt. Positive Effekte auf die Betriebskosten haben außerdem die längere Nutzungsdauer, sowie die größere Robustheit und Zuverlässigkeit der Endgeräte beziehungsweise Lösung an sich sowie die einfachere Verwaltung.
Wie viel IT-Know-how muss beim IT-Manager vorhanden sein?
Dommershausen Das kommt einerseits auf den Lösungsansatz an, das heißt beispielsweise welche Virtualisierungsplattform gewählt wird, sowie darauf, wie viel er selbst in die Hand nehmen will. Es gibt verschiedene Konzepte, die vom Betrieb durch das Anwenderunternehmen über komplett von uns gemanagte Infrastrukturen beim Nutzer bis hin zu Cloud-Lösungen reichen.
Ganz ehrlich? Gibt es eine Hürde oder einen Haken beim Cloud Client-Computing?
Dommershausen Der Knackpunkt ist die strategische Planung. Rein technologisch ist heute bereits sehr viel möglich. Der Erfolg hängt aber letzten Endes von der konkreten Zieldefinition des Unternehmens ab. Es muss sich im Klaren sein, wie es seine Mitarbeiter arbeiten lassen will und welche Desktop-Strategie es verfolgt. Diese strategische Planung kann einem die Technologie nicht abnehmen – sie kann lediglich bei ihrer Realisierung helfen.
Wann oder für welches Szenario eignet sich Cloud Client-Computing nicht?
Dommershausen Hier ist man heute praktisch nicht mehr eingeschränkt. Wie schon erwähnt, lassen sich mittlerweile sogar sehr grafikintensive Anwendungen zentral bereitstellen und dezentral nutzen. Mit Hilfe hybrider Ansätze, die verschiedene Technologien kombinieren und dabei auch Unabhängigkeit von einem Netzwerkzugang ermöglichen, lassen sich Lösungen für die unterschiedlichsten Anwendungsszenarien schaffen.
Inwieweit ist Cloud Client-Computing unabhängig von Dell-Diensten, Dell-Software und Dell-Hardware?
Dommershausen Der Begriff beschreibt ganz allgemein einen End-to-End-Ansatz. Da er aber von uns geprägt wurde, ist er natürlich auch mit dem Dell-Lösungsportfolio verbunden. Das heißt aber nicht, dass die Projekte durchgängig davon abhängig wären. So können wir beispielsweise das eben erwähnte Assessment auch herstellerunabhängig durchführen.
Außerdem starten die meisten Projekte nicht auf der grünen Wiese, so dass wir in den Unternehmen bereits Infrastrukturen oder Komponenten vorfinden. Sie können aus wirtschaftlichen Gründen weiter genutzt und eventuell zu einem späteren Zeitpunkt ersetzt werden. Im Sinne des beschriebenen End-to-End-Ansatzes sind aber häufig Optimierungen möglich und nötig.
Als Virtualisierungs-Software können die Lösungen der etablierten Hersteller wie Citrix, Microsoft und VMware zum Einsatz kommen. Durch die Akquisition von Quest hat Dell mit vWorkspace aber auch selbst eine Virtualisierungs-Software im Portfolio, die sich besonders für Microsoft-Virtualisierungs-Umgebungen eignet. Hardware-seitig gibt es im Grunde keine Restriktionen. Es sei denn, das Anwenderunternehmen benötigt spezielle Eigenschaften – zum Beispiel bei den Endgeräten – die nur Dell anbieten kann.
Was sind aus Ihrer Sicht neben Cloud Computing die wichtigsten IT-Trends für Unternehmen für 2015?
Dommershausen Dazu zählen sicherlich softwaredefinierte Applikationen und Infrastrukturen. Die Verfügbarkeit von Computing zu jeder Zeit und an jedem Ort – und damit auch das Thema Echtzeitkommunikation – wird weiterhin eine große Rolle spielen. Das Internet der Dinge wird zu einer zunehmenden Vernetzung intelligenter Geräte vor allem in der Industrie, dem Handel, dem Gesundheitswesen und der Logistik führen. Ein weiterer Schlüsseltrend ist die Analyse und Verwendung von Daten vor dem Hintergrund der zunehmenden Mobilität und den damit einhergehenden Sicherheitsfragen.
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