Lidls Digitalstift von Silvercrest im Schnelltest
Die schlechte Nachricht gleich vorweg: So richtig glücklich waren wir mit dem Digitalstift nicht. Er funktioniert, aber nicht auf Anhieb und nicht perfekt. Aber der Reihe nach. Der Digitalstift von Silvercrest ist baugleich mit dem Stift von Staedtler, den ITespresso schon vor einigen Monaten getestet hatte.
Der Stift in der Silvercrest-Ausführung wird seit heute morgen bei Lidl für 29,99 Euro verkauft, online ist er gegen Mittag allerdings bereits ausverkauft. In anderen Shops, vor allem bei Amazon, ist er für knapp das Doppelte zu haben. Das liegt immer noch deutlich unter dem Preis, den andere Anbieter für vergleichbare Produkte aufrufen.
ITespresso hatte bereits Gelegenheit, den Silvercrest-Stift am Wochenende zu testen. Zunächst einmal fällt auf, dass die Verpackung auf Französisch bedruckt ist, statt Digitalstift steht “Stylo numérique” auf der Packung. Davon muss man sich aber nicht abschrecken lassen, die Software lässt sich selbstverständlich mit einer Bedienerführung auf Deutsch installieren und das Handbuch hat auch einen deutschen Teil.
Was kann der Digitalstift?
Der Digitalstift kombiniert einen konventionellen Kugelschreiber mit einem kleinen Empfänger. Der Empfänger wird am oberen Rande eines Notizblocks per Clip befestigt und erfasst alle Bewegungen des Kugelschreibers per Infrarot und Ultraschall. Bis zu 100 digitalisierte Seiten mit handschriftlichen Notizen lassen sich so im Empfänger speichern.
Vorteil: Der Anwender schreibt auf normalem Papier, er benötigt kein spezielles Papier wie beispielsweise der Stift von Livescribe. Wird der Empfänger via USB an den PC angeschlossen, können die Notizen in die Software Note Manager hochgeladen werden.
Außerdem arbeitet das Gerät auch im Online-Modus. Dabei werden die handschriftlichen Notizen während des Schreibens auf den virtuellen Notizblock übertragen. Die Bewegungen des Kugelschreibers werden so live und nahezu unmittelbar auf dem Bildschirm nachgezeichnet. Schriftfarbe und Stiftstärke kann man ebenfalls einstellen.
Sind die handschriftlichen Notizen erstmal digitalisiert, lassen sie sich nach Belieben weiterverarbeiten. Man kann die als JPEG gespeicherten Notizen etwa per E-Mail versenden. Darüber hinaus legt Silvercrest auch die Handschriftenerkennung My Script Notes Lite bei. Wer die Handschrifterkennung intensiv nutzt, sollte allerdings auf die kostenpflichtige Vollversion updaten.
Und schließlich gibt es auch einen Maus-Modus, in dem Stiftbewegungen in Mausbewegung umgesetzt werden. Eine kleine Taste im Griffbereich des Stiftes simuliert die linke Maustaste.
Die Bedienoberfläche der mit mitgelieferten Programme Note Manager und My Script Notes Lite wirken von der Optik her bereits etwas betagt. Doch nicht vergessen: Beim Stylo Numérique handelt es sich um ein extrem preiswertes Produkt für knapp 30 Euro, das zudem unter anderem Namen schon seit Jahren im Handel ist.
Digitalstift im Praxistest
Installiert auf einem Windows-XP-Notebook mit 1 Gigayte Arbeitsspeicher und 1,6-Gigahertz Prozessor (AMD Turion) geht die Software bereits im Mausmodus in die Knie. Man sieht nur am oberen Bildrand einen Mauszeiger zittern, mehr ist nicht möglich. Auch die Übertragung der handschriftlichen Notizen im Online-Modus funktioniert nicht richtig. Nach ein, zwei Krakeln auf dem Bildschirm ist Schluss. Und dies, obwohl als Systemvoraussetzungen angeblich bereits ein Gigahertz-Prozessor und 256 Megabyte Arbeitsspeicher genügen.
Im zweiten Durchgang haben wir den Stift auf einem Windows-7-Notebook mit Intels Dualcore-Prozessor Pentium T3400 und drei Gigabyte Arbeitsspeicher installiert. Jetzt funktioniert der Stift im Maus-Modus, aber auch hier ist das Ergebnis nicht zufriedenstellend, da der Mauszeiger immer wieder plötzlich verschwindet.
Mängel in der Notizfunktion
Auch die Notizfunktion zeigt verblüffende Mängel. Sowohl im Offline-Modus als auch im Online-Modus kommt keine rechte Freude auf. Auf einem DIN-A4-Blatt bleibt regelmäßig die obere Hälfte komplett leer. Notizen, die im oberen Bereich des Blattes geschrieben werden, registriert der Empfänger nicht oder nur lückenhaft.
Darüber hinaus zeigt sich die Software auch recht launisch. So werden beispielsweise Stiftbewegungen registriert, wenn der Kugelschreiber gar nicht auf dem Papier aufsetzt, sondern man ihn einfach in der Hand hält und dabei vielleicht die ein oder andere unwillkürliche Bewegung macht. Dann erscheinen im Online-Modus auf dem Bildschirm oder nach dem Hochladen der im Empfänger gespeicherten Notizen merkwürdige Kreise und Linien auf dem virtuellen Notizblock.
Um diesen ersten Eindruck zu überprüfen, haben wir das Silvercrest-System auch auf einem Desktop-PC mit Windows 7, 4 Gigabyte RAM und einem Dual-Core-Prozessor von AMD (64X2, 5600+) installiert. Hier bessert sich das Bild etwas, kann man fast das ganze Blatt vorschreiben. “Fast” bedeutet, dass auch hier im oberen Drittel des Blatts der linke Teil meistens frei bleibt.
Wenig Support
Beim Versuch, die Ursachen des Problems zu finden, haben wir auch die Support-Seiten von Lidl angesteuert. Nach Eingabe von Silvercrest.cc wird man mit einer Liste von gesamt 659 Silvercrest-Produkten konfrontiert. Der Elektronik-Distributor hat vom Eierkocher über das Dampfbügeleisen bis hin zum Fußwärmer so ziemlich alles im Angebot, was eine Taste zum Einschalten hat. Für den “Stylo Numérique” selbst steht als Support-Informationen nur die Bedienungsanleitung zum Download zur Verfügung, aber die hat man bereits in gedruckter Form.
Fazit
Der Digitalstift von Silvercrest ist im Prinzip ein nützliches Utensil für Menschen, die gerne mit der Hand schreiben und ihre Notizen dann als digitale Variante am PC weiter bearbeiten wollen. Ein erster, schneller Test des Stifts zeigt aber deutliche Mängel. Diese lassen sich möglicherweise mit einigem Aufwand beheben.
Doch ein wirklich bedienfreundliches und perfekt funktionierendes Produkt ist der Digitalstift nicht. Wer sich Ärger ersparen und dafür lieber etwas mehr ausgeben will, ist mit den Angeboten von Staedtler und Aiptek sicher wesentlich besser bedient.