Bundestrojaner erweist sich als weitgehend unbrauchbar
Die vom Bundeskriminalamt entwickelte Software kann Berichten zufolge weder verschlüsselte Messenger-Programme überwachen noch lässt sie sich auf Smartphones oder Tablets einsetzen. Auch bei Systemen mit Mac OS oder Linux muss der Bundestrojaner passen. Damit ist er Polizeisprechern zufolge nicht praxistauglich.
Der Bundestrojaner, der seit Ende Februar für den Einsatz zugelassen ist, hat nach gut zwei Monaten Einsatzzeit bereits gravierende Mängel offenbart und ist seinen Anforderungen beim Einsatz im Zusammenhang mit der sogenannten Quellen-Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) nicht gewachsen. Das geht aus einem Bericht der Zeitung Die Welt hervor. Demnach lassen sich damit beispielsweise keine verschlüsselten Messenger-Programme wie WhatsApp, Telegram oder Threema überwachen.
Außerdem lässt sich die Spähsoftware auch auf Smartphones und Tablets nicht einsetzen. Auch für Mac OS und Linux eigne sich der Bundestrojaner ebenfalls nicht. Die Software sei eigentlich lediglich in der Lage, auf einem Windows-Rechner Internettelefonie über Skype abzuhören. “Egal ob Dschihadisten oder Rechtsextremisten. Sie alle kommunizieren über WhatsApp oder andere Instant-Messenger. Skype abzuhören, bringt bei diesen Leuten nicht viel”, sagte ein LKA-Beamter der Zeitung. Für die Ermittler sei eine Spähsoftware nur dann sinnvoll, wenn sie auch auf Smartphones funktioniere. In ihrer derzeitigen Form erscheint sie zur Gefahrenabwehr also weitgehend unbrauchbar.
André Schulz, Bundesvorsitzender des Bunds Deutscher Kriminalbeamter (BDK), beklagte im Gespräch mit der Welt zudem, die Polizei sei vor allem durch die politischen Vorgaben zu “zeit- und kostenintensiven Bastellösungen” gezwungen. Da man nicht einmal wisse, ob die vor dem Verfassungsgericht Bestand haben werden, würden so Steuergelder in Millionenhöhe verschwendet. Der BDK-Vorsitzende fordert daher: Wir brauchen beim begründeten Tatverdacht einer schweren Straftat und nach einer richterlichen Anordnung die Möglichkeit, auf sämtliche Formen der digitalen Kommunikation zugreifen zu können.”
Das Bundesinnenministerium wollte sich auf Nachfrage der Zeitung weder Angaben zu den Anschaffungskosten für den Bundestrojaner machen noch sich konkret zur Sache äußern. Eine Sprecherin bat lediglich um Verständnis dafür, dass man weder detaillierte Informationen zu technischen Fähigkeiten noch ermittlungstaktischen Verfahrensweisen der Sicherheitsbehörden geben könne. Als Alternative für die im Aufragt des Bundesinnenministeriums entwickelte Software wird derzeit ein “kommerzielles Produkt” vom FinFisher-Entwickler Gamma “an die definierten Vorgaben” angepasst. Es soll anschließend auf seien gesetzeskonforme Eisnetzbarkeit hin überprüft werden. Kritiker stören sich daran, dass Gamma mit seiner Software auch Regierungen beliefert, die im Rufe stehen, damit Regimekritiker auszuspionieren.
In Deutschland soll die staatliche Spähsoftware in der Theorie die digitale Kommunikation vor der Verschlüsselung oder nach der Entschlüsselung direkt auf dem Gerät des Verdächtigen mitschneiden. Den Rechtsrahmen für Quellen-TKÜ und heimliche Online-Durchsuchungen stecken vor allem das 2008 verabschiedeten BKA-Gesetz geregelt. Damit wird den Strafverfolgungsbehörden unter anderem das Recht eingeräumt, zur Abwehr einer “dringenden Gefahr” Computer von Verdächtigen heimlich auszuspähen. Bevor damit begonnen wird, muss allerdings ein Richter die Online-Durchsuchung per Beschluss anordnen – so wie das auch bei einer Durchsuchung in der Offline-Welt der Fall ist.
Gegen die am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Novelle des BKA-Gesetzes ist aktuell noch eine Verfassungsbeschwerde anhängig. Die Karlsruher Richter müssen klären, ob die erweiterten Befugnisse des BKA die Privatsphäre verletzen und ob die Weitergabe der durch die Überwachung erlangten Daten an ausländische Sicherheitsbehörden ohne Einschränkung rechtens ist. Die Urteilsverkündung wird für den 20. April erwartet.
[mit Material von Björn Greif, ZDNet.de]