Manager muss Meldung über Stasi-Vergangenheit und Lüge im Archiv einer Website hinnehmen

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Ein ehemaliger Stasi-Mitarbeiter und hochrangiger Manager des Gazprom-Konzerns hat sich letzten Endes vor Gericht nicht gegen “Die Welt” durchsetzen können: Er muss einen Bericht im Online-Archiv des Blattes über seine Stasi-Vergangenheit hinnehmen. Auch die Anmerkung der Redaktion, dass er diese mit einer eidesstattlichen Versicherung wahrheitswidrig geleugnet hatte, ist rechtmäßig, so die Entscheidung des Bundesgerichtshofes (Aktenzeichen VI ZR 4/12).

Laut Gericht ist die Veröffentlichung der Meldung mit dem vollständigen Namen des Klägers im Web zwar ein Eingriff in dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht – aber dieser Eingriff ist nicht rechtswidrig. Das Schutzinteresse des Klägers habe in diesem Fall hinter dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem Recht der Zeitung auf freie Meinungsäußerung zurückzutreten.

Das Gericht stellte fest, dass der volle Name des Managers in dem Beitrag zum Zeitpunkt der erstmaligen Veröffentlichung im Mai 2008 rechtmäßig genannt wurde. In dem Beitrag werde wahrheitsgemäß und sachlich ausgewogen über die Einleitung und die Hintergründe des Ermittlungsverfahrens gegen den Kläger berichtet. Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit sei durch die besonderen Umstände der dem Kläger vorgeworfenen Straftat begründet.

Diese besonderen Umstände sah das Gericht in der aktuellen Funktion des Klägers und dem Anlass und Zweck der von ihm abgegebenen eidesstattlichen Versicherung. Außerdem sei der Umstand zu berücksichtigen, dass sich die Meldung kritisch mit der Frage auseinandersetzt, wie der Kläger mit seiner Stasi-Vergangenheit umgeht. Damit leiste sie einen Beitrag zur Meinungsbildung in einer demokratischen Gesellschaft. Auch nachdem das Strafverfahren eingestellt wurde, habe die Meldung ihre Aktualität nicht verloren.

Der abgeblitze Kläger ist “Direktor Finanzen und Controlling” der Gazprom Germania GmbH. Er war von Ende 1985 bis Ende 1989 als “Offizier im besonderen Einsatz” für das Ministerium für Staatssicherheit der DDR tätig. Dafür erhielt er monatliche Geldzahlungen erhielt. Im September 2007 gab er jedoch eine eidesstattliche Versicherung ab, in der er erklärte, “niemals Angestellter oder sonst wie hauptamtlicher Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit” gewesen zu sein. Nach Mitteilung des Sachverhalts durch das Landgericht leitete die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen des Verdachts der falschen eidesstattlichen Versicherung ein. Am 2. Oktober 2008 wurde das Verfahren nach Zahlung eines Geldbetrags eingestellt.

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