Gründe spielen beim Widerruf von Online-Käufen keine Rolle
Das hat der Bundesgerichtshof jetzt entschieden. Ein Matratzenverkäufer wollte verkaufte Ware nicht zurücknehmen. Er argumentierte vergeblich, dass der Kunde sich bei fristgerechter Ausübung des Widerrufrechts auf ungültige Beweggründe berufen habe.
Der Bundesgerichtshof hat heute ein für Online-Käufer und –Händler gleichermaßen wichtiges Urteil zu Rücktrittsmöglichkeiten bei Fernabsatzverträgen gefällt. Es ging in dem Verfahren darum, unter welchen Voraussetzungen Verbrauchern beim Widerruf von Fernabsatzverträgen rechtsmissbräuchliches Verhalten vorgeworfen und ihnen daher die Ausübung ihres Widerrufsrechts verwehrt werden kann.
In seinem Urteil (Aktenzeichen VIII ZR 146/15) hat der Bundesgerichtshof die Rechte der Verbraucher gestärkt. Nach Ansicht der Richter muss das Recht ohne Rücksicht auf die Beweggründe des Verbrauchers ausgeübt werden können.
Was das genau bedeutet, wird am konkret verhandelten Fall schnell deutlich. Ein Verbraucher hatte über das Internet zwei Matratzen bestellt, die ihm im Januar 2014 geliefert wurden. Nachdem er sie bezahlt hatte, forderte er jedoch unter Hinweis auf ein günstigeres Angebot eines anderen Anbieters und die “Tiefpreisgarantie” des Verkäufers die Erstattung des Differenzbetrags von 32,98 Euro. Dann werde er von dem ihm als Verbraucher zustehenden Widerrufsrecht keinen Gebrauch machen. Allerdings ging der Verkäufer darauf nicht ein.
Daraufhin widerrief der Kunde den Kaufvertrag fristgerecht und schickte die Matratzen zurück. Der Händler wollte das nicht akzeptiere. Seiner Ansicht nach habe sich der Kunde rechtsmissbräuchlich verhalten, weshalb der Widerruf unwirksam sei. Das Widerrufsrecht beim Fernabsatzgeschäft solle Verbrauchern die Prüfung der Ware ermöglichen. In dem Fall sei der Kaufvertrag aber nicht wegen Mängeln an der Ware widerrufen worden, sondern um – nach Ansicht des Händlers – unberechtigt Forderungen aus der “Tiefpreisgarantie” durchzusetzen.
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat jedoch ebenso wie die Vorinstanzen entschieden, dass der Kläger Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises hat. Der Kaufvertrag sei schließlich wirksam widerrufen worden. Dass es dem Käufer dabei darum ging, einen günstigeren Preis zu erzielen spiele in dem Fall keine Rolle.
„Für die Wirksamkeit des Widerrufs eines im Internet geschlossenen Kaufvertrags genügt allein, dass der Widerruf fristgerecht erklärt wird. Die Vorschriften über den Widerruf sollen dem Verbraucher ein effektives und einfach zu handhabendes Recht zur Lösung vom Vertrag geben. Einer Begründung des Widerrufs bedarf es nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung nicht. Deshalb ist es grundsätzlich ohne Belang, aus welchen Gründen der Verbraucher von seinem Widerrufsrecht Gebrauch macht“, so der BGH in einer Pressemitteilung.
Lediglich in Ausnahmefällen, wenn der Unternehmer “besonders schutzbedürftig” ist, könne von diesem Grundsatz eine Ausnahme gemacht werden. So eine Ausnahme könnte beispielsweise sein, wenn ein Verbraucher arglistig handelt und dem Verkäufer vorsätzlich Schaden zufügen will oder „schikanös handelt“. Im vorliegenden Fall sei davon jedoch nicht auszugehen. Schließlich habe der Verbraucher angeboten, den Vertrag bei Zahlung der Preisdifferenz nicht zu widerrufen, wenn ihm wie von der “Tiefpreisgarantie” des Händlers versprochen, die Differenz erstattet wird.