Kein Stress für CIOs: Private Mobilgeräte im Unternehmen
Der Einzug von privat angeschafften Mobilgeräten wie Tablet-PCs, Notebooks oder Smartphones in Unternehmen stellt auch den Chief Information Officer (CIO) vor neue Herausforderungen. Wie die Situation in deutschen Unternehmen aussieht, hat das Münchner Marktforschungsinstitut TNS Infratest im Auftrag von Dell untersucht.
Die Marktforscher haben die IT-Verantwortlichen von 328 deutschen Unternehmen befragt, wie sich der Einzug der privaten Hardware in die Unternehmens-IT darstellt und welche Probleme das möglicherweise mit sich bringt.
Erste Erkenntnis: Die viel zitierte Consumerisierung der Unternehmens-Hardware ist mehr als ein von Marktforschungsunternehmen hochgejubelter Trend. Sie ist längst Realität in deutschen Unternehmen. Laut TNS Infratest erlauben bereits 53 Prozent der Unternehmen, dass ihre Mitarbeiter privat angeschaffte Mobilgeräte im Job benutzen. 27 Prozent dulden die Privatgeräte zumindest.
Regelrecht verboten ist die Nutzung privater Smartphones oder Netbooks nur in 20 Prozent der befragten Firmen.
Bemerkenswert ist dabei, dass in dieser Frage zwischen kleineren und ganz großen Unternehmen offensichtlich kaum Unterschiede bestehen.
Mobilgeräte nutzen auch Unternehmens-Software
Wofür werden die Mobilgeräte genutzt? Natürlich zu 89 Prozent fürs Telefonieren. 88 Prozent nutzen die Geräte aber auch für den Internetzugriff, beispielsweise, um Mails abzurufen. 48 Prozent greifen auf Unternehmensdokumente zu.
Bei 53 Prozent der Unternehmen, in denen private Smartphones oder Tablet-Rechner im Einsatz sind, greifen die Mitarbeiter auf Unternehmensanwendungen wie SAP, Microsoft Dynamics oder Oracle-Software zu.
Keine Richtlinien für die Nutzung
So sehr sich die privaten Geräte im Job etabliert haben, so sehr fällt andererseits auf, dass viele Betriebe keinerlei Richtlinien für die Nutzung der Geräte festgelegt haben. Die Mehrheit wurstelt sich anscheinend einfach so durch – und hofft, dass nichts passiert. Experten sehen dies als Sicherheitsrisiko.
So hat nur ein Drittel (34 Prozent) der Unternehmen verbindliche Richtlinien aufgestellt. Weitere 34 Prozent planen solche. Doch 29 Prozent haben dies laut TNS Infratest in absehbarer Zukunft nicht vor. Und von denjenigen Unternehmen, die sich die Mühe gemacht haben, Spielregeln für die Nutzung der privaten Geräte aufzustellen, verfügen 63 Prozent über eine Liste der erlaubten Geräte.
Die CIOs im Gespräch
Was die Statistik in Zahlen andeutet, bestätigen auch die CIOs (Chief Information Officers) im Gespräch. Nämlich, dass sie schon seit Jahren mit den privaten Mobilgeräten konfrontiert sind. Das zeigt eine kürzlich von Dell veranstaltete Podiumsdiskussion mit dem Titel »Meet the Experts«.
Dabei diskutierten die IT-Verantwortlichen Stefanie Kemp von Vorwerk und Erich Ehbauer von Apollo Optik über aktuelle und kommende Herausforderungen für die CIOs. Mit dabei waren Professor Helmut Krcmar (Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik, Technische Universität München) sowie der Unternehmensberater Frank Niemann (Principal Consultant Software Markets, PAC Deutschland).
Mitarbeiter als treibender Faktor
Stefanie Kemp und Erich Ehbauer berichteten, dass der Einzug der privaten Mobilgeräte in Firmen keineswegs die Folge einer Managemententscheidung sei, die beispielsweise auf höhere Produktivität oder schnelleres Return of Investment (ROI) abzielt. Vielmehr seien es die Mitarbeiter selbst, die auch im Job nicht auf ihre privaten Smartphones, Tablets oder Notebooks verzichten möchten.
Hier kommen die so genannten »weichen Faktoren« wie Mitarbeiterzufriedenheit oder Image ins Spiel. Wobei beim Image-Aspekt auch das Unternehmen profitieren dürfte, beispielsweise, wenn seine Außendienstler beim Kundengespräch ihr Apple iPad oder Samsung Galaxy auspacken.
Den von der Infratest-Studie festgestellten Mangel an Spielregeln für die Mobilgeräte musste auch die Expertenrunde einräumen. Allerdings sehen die CIOs Kemp und Ehbauer das Thema eher locker und sind der Meinung, man müsse nicht jede technische Kleinigkeit festlegen.
Dienstliche Mails am Wochenende
Wenn Mitarbeiter, auf deren Smartphone ständig dienstliche E-Mails einlaufen, auch in der Freizeit nicht mehr abschalten können, geraten sie zunehmend unter Druck. Auch hier sehen die CIOs keine Notwendigkeit, detaillierte Regeln zu entwerfen, die beispielsweise feste Zeiten für die E-Mail-Kommunikation festlegen würden. Laut Apollo-CIO Ehbauer müssten die Mitarbeiter vielmehr »ihren eigenen Rhythmus finden«. Vorwerk-CIO Kemp ergänzt, dies sei »auch eine Frage der Unternehmenskultur«. Sie hält unternehmensinterne Richtlinien allerdings durchaus für sinnvoll.
Bring your own App
Die Expertenrunde beschäftigte sich schließlich auch mit der Frage, was in Zukunft noch auf Unternehmen und CIOs zukommt. Laut Professor Krcmar von der TU München steht die Entwicklung mit dem BYOD-Trend (»Bring your own device«) erst am Anfang. Krcmar vermutet, dass die Mitarbeiter demnächst auch über die Anwendungen entscheiden werden, mit denen sie arbeiten, ein Trend, der seit einiger Zeit unter dem Slogan »Bring your own app« durch die öffentliche Diskussion geistert.
Das ist durchaus plausibel, denn schließlich kommt es für das Unternehmen in erster Linie darauf an, welche Daten und Dokumente ein Mitarbeiter generiert und nicht, mit welcher Software er dies tut.
IT-Manager als Service-Broker
In der Diskussion wurde schnell klar, dass die Flut an privaten Geräten neben dem Trend zum Cloud Computing die traditionelle Rolle des CIOs verändert. Nach Meinung des Unternehmensberaters Frank Niemann geht es für den IT-Verantwortlichen der Zukunft verstärkt darum, die verschiedenen Abteilungen und Fachbereiche seines Unternehmens in technische Entscheidungen einzubinden und Geschäftsprozesse zu verstehen.
Das technische Know-how wird also in Zukunft nur die selbstverständliche Grundlage bilden. Darüber hinaus wird es für den CIO immer wichtiger, die verschiedenen Fachbereiche eines Unternehmens und die IT miteinander zu integrieren und quasi als Vermittler zwischen den einzelnen Abteilungen agieren.
Der IT-Manager der Zukunft wird nach Meinung der Expertenrunde immer mehr zu einer Art Service-Broker, der die IT-Anforderungen der Mitarbeiter bedienen und gleichzeitig die Geschäftsprozesse und den Markt im Blick behält.