Fujitsu Forum: Superstar Cloud Computing

Anastacia war da, Garry Kasparov war da – und eine echte Baroness. Doch bevor sich die Besucher des Fujitsu Forums 2011 – einer Mischung aus Hausmesse, Kongress und IT-Event für Kunden und Geschäftspartner – diese Highlights genießen durften, mussten sie sich erst noch ein wenig mit IT beschäftigen.
Ist IT langweilig? Diese Frage stellte Joseph Reger CTO, (Chief Technology Officer) bei Fujitsu Technology Solutions in seinem Auftritt. Er hielt das wohl für eine unglaublich provokante Frage. Als Begründung erinnerte Reger daran, dass die Elektrizität ein halbes Jahrhundert nach ihrer Einführung so ausgereift war, dass keiner mehr besonders über sie nachdenken musste und sie deshalb »langweilig« wurde. Droht der IT dasselbe Schicksal?

Talkshow über langweilige IT
In einer Art Talkshow auf der Bühne eines Münchner Kongresszentrums versuchte er mit Intel-Manager Stephen Pawlowski (Senior Fellow und CTO, Rechenzentren und Connected Systems Group) und anschließend mit Chiseki Sagawa (President Platform Strategic Planning Unit) die Frage nach der Langeweile zu ergründen.
Dass diese Gespräche nicht wirklich spannend waren, lag wohl an der sehr vorhersehbaren Antworten der Fujitsu-Talker. IT ist und bleibt spannend, und das spannendste Thema der nächsten Jahre ist Cloud Computing. Das Publikum dankte mit höflichem Applaus für diese Einsichten.
Gerade beim Cloud Computing hat Fujitsu in den nächsten Jahren eine Menge vor. Im Jahr 2015 will Fujitsu 30 Prozent seines Geschäfts im Bereich Cloud Computing positionieren, wie der CEO Rolf Schwirz in seinem Eröffnungsvortrag verkündete.

Fujitsu wird zum Applikations-Anbieter
Ein Schritt dorthin soll der Business Solutions Store sein. Dieser, den erfolgreichen App-Stores von Apple und Co. nachempfundene Online-Marktplatz soll in Zukunft Cloud-basierte Lösungen und Geschäftsprozesse zur Verfügung stellen. Die Lösungen kommen von Fujitsu-Partnern – oder von Fujitsu selbst.
Dies war dann auch eine der Überraschungen des IT-Events. Bisher war Fujitsu ein Anbieter von Hardware-Infrastruktur. Nun will Fujitsu auch konkrete Software-Lösungen entwickeln und anbieten. Erstes Produkt sollen ein cloudbasierte CRM-Lösung sein.
Damit erweitert das Unternehmen sein ohnehin schon breites Portfolio: Notebooks, Netbooks, Tablets, PCs, Displays, Server, Supercomputer, Speicher – und bald auch Software.
Wann der Business Solutions Store endgültig online geht, ist im Moment noch nicht klar. Immerhin konnte man sich im Demo-Center einen ersten Eindruck verschaffen, wie dieser Marktplatz für Software as a Service (SaaS) aussehen soll.
Supercomputer hinter Glas
Daneben gab es aber auch noch andere interessante Ausstellungsstücke im Demo-Center. Zum Beispiel ein Modul von Fujitsu neuen Supercomputer, dem Primehpc FX 10. Beim Supercomputer-Know-how spielt Fujitsu ganz vorne mit. Während man in der Regel einen IBM-Computer auf Platz eins der Supercomputerliste »Top 500« vermutet, landete beispielsweise ein »K Computer« von Fujitsu im Juni 2011 auf dem ersten Platz.
Der FX 10 ist eine Weiterentwicklung des »K« und erreicht laut Fujitsu in der höchsten Ausbaustufe mit 1024 Racks eine Rechenleistung von 23,2 Petaflops. Die Maschine wird mit Wasser gekühlt. Ein Modul des mit dem 16 Kern-Prozessor Sparc-64 IXfx bestückten Rechners war in einem Glaskasten ausgestellt.

Fujitsu will in den nächsten drei Jahren 50 dieser High Performance-Maschinen (HPC, High Performance Computing) verkaufen.
Cleveres Kühlkonzept
Nicht mit Wasser, aber sehr geschickt mit Luft wird offenbar der Primergy-Server CX 1000 gekühlt. Die einzelnen Platinen haben keinen aktiven Lüfter. Die Abwärme wird durch eine schmalen Schacht von zwei auf dem Serverschrank sitzenden großen Lüftern nach oben gezogen.
Damit können die Racks Rücken an Rücken stehen und benötigen angeblich um bis zu 40 Prozent weniger Platz im Rechenzentrum. Außerdem sinkt der Energiebedarf um 27 Prozent, wie der Fujitsu-Experte im Demo-Center stolz erklärte.

Aber nicht nur Fujitsu, sondern auch Fujitsu-Partner wie Microsoft, Netapp, Intel oder Brocade waren jeweils mit einem eigenen Stand im Demo-Center präsent.
44 Breakout-Sessions
Wer mehr Informationen wollte, konnte aus insgesamt 44 Breakout-Sessions auswählen, in denen Experten von Fujitsu oder Partnerfirmen Vorträge hielten. Der rote Faden auch hier: Cloud Computing. Allein zehn dieser Sessions hatten den Begriff Cloud im Titel.

So auch der Vortrag von Fujitsu-Manager André Kiehne (Vice President, Cloud Business). Er zitierte eine Untersuchung des Marktforschungsunternehmens Gartner, wonach 83 Prozent der Unternehmen bereits Cloud Computing nutzen. Teilweise, ohne dass der Administrator das erfährt.
Allerdings zählen Smartphone-Apps hier auch schon zum Cloud Computing, nur so erklärt sich die große Zahl. Für Kiehne sind die viel zitierten Sicherheits- und Datenschutzbedenken, nur eine Ausrede um sich nicht mehr mit Cloud Computing beschäftigen zu müssen.
Angesichts all der Cloud Computing-Predigten waren die Besucher des Fujitsu-Forums sicherlich froh, dass am ersten Abend die Popsängerin Anastacia für etwas Abwechslung sorgte. Auch Anke Engelke stand auf der Bühne, wohl als Moderatorin. Der ITespresso-Reporter hat den Abend geschwänzt und kann deshalb nicht darüber berichten.
Office 365
Dafür war der ITespresso-Reporter am nächsten Tag wieder frisch zur Stelle, um mögliche weitere Highlights des IT-Events nicht zu verpassen. Die kamen diesmal nicht oder nicht nur aus der Cloud. So zeigte die überfüllte Sessions zum Thema »Die Zukunft von Produktivität und Social Media – Office 2010 und mehr«, dass Office immer noch ein Klassiker der IT-Branche ist.
Gerhard Otterbach, Global Client Director bei Microsoft Deutschland, kündigte an, dass auch auf den neuen Microsoft-Handys mit Windows von 7.5 eine mobile Variante von Office 2010 erhältlich sein wird. Microsofts Antwort auf Cloud Computing heißt Office 365, auch dieses Angebot will Microsoft in Zukunft verstärkt ausbauen.

Business mit Tablet-PCs
Auch Tablet-PCs halten immer mehr Einzug in Unternehmen. Ihnen war eine der 44 Sessions gewidmet. Erst im August hatte Fujitsu mit dem Stylistic Q550 einen Flachcomputer für Geschäftsleute vorgestellt.
Rüdiger Landto (Director Product Management Mobile Systems) räumte allerdings ein, dass viele Anwender in Unternehmen noch unsicher sind, wie sie die Geräte einsetzen sollen und welches Betriebssystem für Business-Anwendungen das richtige ist. Viele wüssten auch noch nicht, wie man Tablets mit dem Betriebssystem Android ans Unternehmensnetzwerk anbindet.
Neurobiologin und Schachweltmeister
Das bei Computermessen oder Konferenzen übliche unterhaltende Beiprogramm ist in der Regel nicht mehr als eben ein unterhaltendes Beiprogramm. Mit den Vorträgen der bekannten britischen Neurobiologin Baroness Susan Greenfield und des ehemaligen Schachweltmeisters Garry Kasparov haben Fujitsus Event-Organisatoren aber zwei schöne Highlights geboten.
Susan Greenfield, eine der bekanntesten und einflussreichsten Wissenschafterinnen Großbritanniens und seit 2001 auch als Baroness in den Adelsstand erhoben, sprach in ihrer Keynote über den Einfluss der Computernutzung auf das menschliche Denken und mögliche Gefahren.

Ihre These: Da das menschliche Gehirn sich laufend an die Aufgaben des Menschen und seine Umwelt anpasst, wird auch die intensive Nutzung von Computerspielen oder sozialen Netzwerken wie Facebook ihren Einfluss auf das Denken nicht verfehlen.
Sie fürchtet, dass Phänomene wie mangelnde Konzentrationsfähigkeit, kürzere Aufmerksamkeitsspanne und auch die von einigen Studie beobachtete abnehmende Fähigkeit zur Empathie, ein ernstes Problem darstellen könnten.
Mondmission und iPad
Auch der ehemalige Schachweltmeister Garry Kasparov fand kritische Töne über die zunehmende Datenflut, der sie ausgesetzt sind. Man darf hoffen, dass er sich nicht nur deshalb so kritisch über die Digitalisierung ausgesprochen hat, weil er 1997 gegen IBMs Schachcomputer Deep Blue eine Niederlage einstecken hatte müssen.
Kasparov sprach darüber, dass die exponentiell anwachsende Flut an Daten auch immer mehr Entscheidungen benötigt. Die nötige Gesamtübersicht (»Big Picture«) könne sich erst einstellen, wenn durch mehr Rechenpower auch mehr Daten verarbeitet und deshalb die Komplexität von Entscheidungen zunimmt.

Lag es an dem etwas undeutlichen Englisch von Kasparov oder an der Genialität des Vortrags, der ITespresso-Reporter konnte jedenfalls nicht mehr ganz folgen. Möglicherweise war sein Auffassungsvermögen bereits durch zu viele IT-Sessions geschwächt.
Aber leicht zu verstehen war, dass sich Kasparov einen Seitenhieb gegen Apple nicht verkneifen konnte. Das iPad sei keine so große Erfindung, vielmehr seien alle Erfindungen, die den iPad zugrunde liegen, schon Jahrzehnte zuvor gemacht worden. Auf der ersten Mondmission der NASA sei dieselbe Rechenpower eingesetzt worden, wie in einem iPod stecke.
Mit diesem für die IT-Branche nicht wirklich schmeichelhaften Äußerungen der britischen Wissenschaftlerin und des russischen Schach-Genies endete die Veranstaltung.
Fujitsu-Chef Rolf Schwirz bedankte sich bei den 10 000 Menschen, die als Geschäftspartner, Kunden oder Analysten gekommen waren.
Eines zeigte die Veranstaltung mit ihren Demos, Workshops und Sessions sehr deutlich: In der IT-Branche kommt so schnell keine Langeweile auf.
