Microsofts langer Atem mit Windows Phone 7

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Windows Phone 7 ist Microsofts nächster, optimistischer Versuch, den Mitbewerbern im Smartphone-Markt ein paar Marktanteile abzujagen und nimmt dabei nicht nur Google Android und Apple iPhone aufs Korn, sondern auch BlackBerry von Research In Motion und die Palm-Geräte, die nach der Übernahme durch Hewlett-Packard wie Phönix aus der Asche gestiegen sind.

Einige Analysten schätzen, dass Microsoft bereits Hunderte Millionen Dollar in die Entwicklung und das Marketing von Windows Phone 7 gesteckt hat. Vor kurzem hat das Unternehmen einen Vertrag mit Nokia abgeschlossen, der unter anderem die Portierung des Betriebssystems auf die Smartphones der Finnen zum Ziel hat – ein Abkommen, von dem sich beide Firmen im Kampf gegen ihre gemeinsamen Konkurrenten eine Erhöhung ihrer jeweiligen Marktanteile erhoffen. Microsoft hatte sich bei der Markteinführung von Windows Phone 7 auch einige Mobilfunkanbieter und Hersteller mit ins Boot geholt sowie strenge Hardware-Auflagen bezüglich der Geräte gemacht, um auf diese Weise ein einheitliches Benutzererlebnis zu garantieren.

Trotz all dieser Maßnahmen blieb Windows Phone 7 von Kinderkrankheiten nicht verschont.

Anlaufschwierigkeiten

Es fing damit an, dass im Februar ein Software-Update eingespielt wurde, das zukünftige Update-Vorgänge vereinfachen sollte. Dieses Update legte eine kleine Anzahl von Smartphones lahm, was zwei Tage lang hohe Wellen schlug auf Microsofts Community-Foren. Nach diesem Sturm im Wasserglas schien Microsoft jedoch bei seinem März-Update namens »NoDo« vorsichtigere Töne anzuschlagen.

»Nach langen Beratungen mit dem Team und unseren vielen Partnern haben wir uns dazu entschlossen, das für März geplante Update etwas zu verschieben, um so sicherzustellen, dass der Update-Prozess unseren Qualitätsstandards und denen unserer Kunden entspricht«, teilte ein Microsoft-Sprecher am 10. März der Redaktion per E-Mail mit. Weiter hieß es: »Das bedeutet, dass das Update voraussichtlich erst in der zweiten Märzhälfte erscheinen wird.«

Das »NoDo«-Update enthält eine ganze Reihe von Verbesserungen, darunter eine schnellere Laderoutine für Apps sowie eine Cut-und-Paste-Funktion. Als die letzte Märzwoche vergangen war und die Mehrzahl der WP-7-Nutzer immer noch kein Update erhalten hatte, rollte eine erneute Internet-Protestwelle auf das Unternehmen zu. Microsofts antwortete mit zwei Diagrammen, die zeigten, wie es um den Update-Status sowohl von Geräten innerhalb der USA als auch in der restlichen Welt bestellt war. Diese Diagramme unterteilen den Update-Prozess in drei verschiedene Phasen:

Testphase: das Update wird gerade Netzwerk- und Qualitätstests unterzogen.
Terminierungsphase: Microsoft legt den Zeitrahmen für die Auslieferung fest — ein Vorgang, der laut Diagramm »10 Tage oder weniger« in Anspruch nehmen soll.
Auslieferungsphase: das Update soll innerhalb der »nächsten Wochen« für das Smartphone erhältlich sein.

Obwohl sich die überwiegende Mehrheit der Windows-Phone-7-Geräte laut den Diagrammen Anfang April schon in der Auslieferungsphase befand, gab es in den USA Anlaufschwierigkeiten — noch am 27. März hatte kein einziges Gerät die Auslieferungsphase für die für März beziehungsweise Februar geplanten Updates erreicht. Dies löste eine weitere Mini-Welle öffentlicher Empörung aus, die sich dieses Mal in den Kommentaren auf der zu Microsoft gehörenden Webseite Channel 9 niederschlug.

Kontrollverlust

»Wir sind uns im Klaren darüber, dass das Diagramm nicht genug Informationen enthält und wir hoffen, bald weitere Details bekanntgeben zu können, indem wir eng mit den Betreibern zusammenarbeiten, die für die ‘Testphase’ verantwortlich sind, damit Unklarheiten beseitigt werden«, schrieb Joe Belfiore, Corporate VP bei Microsoft und Leiter der Windows-Phone-Abteilung, am 26. März als Reaktion auf jene Kommentare. »Wenn Ihr Handymodell sich laut Diagramm in der ‘Terminierungsphase’ befindet, sollten Sie das Diagramm nächste Woche noch einmal ansehen.«

Und darin liegt die potenzielle Crux der Sache: Indem die »Testphase« des Update-Vorgangs den »Betreibern« überlassen wird, das heißt Microsofts Mobilfunk-Partnern, gibt das Unternehmen die Kontrolle über den Upgrade-Fahrplan an Dritte ab, deren strategische Allianzen und Interessen nicht unbedingt zu hundert Prozent auf einer Linie mit der Firma aus Redmond liegen. Abgesehen von diesen Fallstricken fühlt Microsoft sich wohl nach den kleineren Pannen bei den ersten beiden Software-Aktualisierungen in der Pflicht, die für die nächsten paar Monate geplanten Updates, die unter anderem Multitasking-Fähigkeiten sowie eine Twitter-Funktion beinhalten, termingerecht auszuliefern.

In der Zwischenzeit scheint Microsoft erpicht darauf zu sein, die peinliche Kinderschuh-Phase im Produktlebenszyklus von Windows Phone 7 so bald wie möglich hinter sich zu lassen. Am 12. April startete in Las Vegas die Microsoft-Konferenz MIX11. Dort wird eine bunte Mischung von Entwicklern und Designern unter anderem über die Zukunft von Windows Phone als konkurrenzfähige Plattform für Applikationen und Dienste diskutieren.

Ist Windows Phone konkurrenzfähig?

Am 30. März wurde auf dem Windows-Phone-Entwicklerblog ein Eintrag veröffentlicht mit Zahlenmaterial, auf das sich die Führungsriege von Microsoft wahrscheinlich bei offiziellen Anlässen berufen wird, um eben diese Konkurrenzfähigkeit zu belegen: die Windows-Phone-Entwicklertools wurden zirka 1,5 Millionen Mal heruntergeladen, die Windows-Phone-Entwicklergemeinde umfasst stolze 36.000 Mitglieder und für die Windows-Phone-7-Plattform stehen ungefähr 11.500 Apps zur Verfügung.

»Wir sind uns bewusst, wie wichtig es ist, dass auf unserer Plattform attraktive Apps angeboten werden, und dass die Zahl der Apps, die [Kunden] zu Verfügung steht, nicht künstlich in die Höhe getrieben wird, indem wir eine Kategorie ‘Bildschirmhintergrund’ einführen oder vielleicht indem wir unseren Wettbewerbern erlauben, ihre Apps auf unsere Plattform zu portieren, um so besser dazustehen«, schrieb Brandon Watson, der sich bei Microsoft um die Zusammenarbeit mit den Windows-Phone-7-Entwicklern kümmert. Er fuhr fort: »Entgegen der gängigen Praxis in der Branche gelten abgespeckte ‘Lite’-Versionen von Apps bei uns nicht als einzigartiger und qualitativ hochwertiger Content. Tatsächlich gibt es solche Versionen ja nur, weil es für Entwickler keine APIs zum Testen gibt und sie deshalb Mehrarbeit leisten müssen.«

Nichtsdestoweniger ist momentan noch nicht klar, ob Endverbraucher wirklich mit der Windows-Phone-7-Plattform liebäugeln. Neue Zahlen der Marktforschungsfirma comScore deuten an, dass Microsofts Anteil am Smartphone-Markt von Dezember bis Februar auf 7,7 Prozent gesunken ist; als die ersten Smartphones mit Windows Phone 7 im November im Fachhandel erschienen, hatte der Marktanteil noch 9 Prozent betragen. Fairerweise muss angemerkt werden, dass bei den comScore-Zahlen auch Geräte mit Microsofts schon etwas antiquiert anmutendem Betriebssystem Windows Mobile berücksichtigt werden, bei denen man davon ausgehen kann, dass mittlerweile eine natürlich auftretende Abwanderungsbewegung zugunsten von Windows Phone 7 und anderen mobilen Plattformen eingesetzt hat. Trotz aller Bemühungen seitens Microsoft, im Smartphone-Markt Fuß zu fassen, bleibt die Firma aus Redmond weiterhin hinter Google Android, Apples iOS und RIMs BlackBerry zurück.

Um dies zu ändern, setzt Microsoft auf Partnerschaften mit Unternehmen wie Nokia, ein breit aufgestelltes Endgeräte-Angebot, die Kooperation mit mehreren Mobilfunkbetreibern sowie qualitativ hochwertige Apps von unabhängigen Entwicklern. Sowohl Microsofts Führungsriege als auch externe Analysten haben vielfach betont, dass man für diesen Markt einen langen Atem benötige.

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