Handy-Riese auf Talfahrt
Führungskrise bei Nokia

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Abgehängt von Apple, Android & Co.

Noch vor zweieinhalb Jahren wurde der Smartphone-Markt von Nokia dominiert. Der finnische Hersteller brachte es auf einen Marktanteil von über 50 Prozent, der ärgste Konkurrent Research in Motion lag mit 11 Prozent weit zurück. Seitdem ist viel passiert: das mobile Internet nahm Fahrt auf, der Smartphone-Absatz explodierte und iPhone und Android brachten frischen Wind. Nokia ist zwar weiterhin der größte Smartphone-Hersteller der Welt, doch der Marktanteil erodiert kontinuierlich. Derzeit liegt er unter 40 Prozent.

Den Ideen der Konkurrenz vermag Nokia kaum etwas entgegenzusetzen. Apple revolutionierte mit dem iPhone die Smartphone-Bedienung und zeigte, wie man mit neuen Diensten kräftig Kasse machen kann. Mittlerweile sind Touchscreens Standard und kaum ein Anbieter kommt noch ohne Online-Shop für Apps, Musik und anderes aus. Quasi als Gegenpol zu Apple startete Android durch, das nicht auf die Abschottung von Systemen und Diensten setzt, sondern auf Offenheit. HTC, Hersteller der ersten Android-Geräte, ist mittlerweile Vorreiter auf dem Smartphone-Markt. Research in Motion, Hersteller der Blackberrys, hat dank seiner Mail-Dienste das Business-Umfeld erobert. Gefahr droht allenfalls von stylischen iPhones und Android-Geräten, jedoch nicht von Nokia.

Die Finnen haben zwar mittlerweile mit Ovi eine eigene Plattform für Musik, Maps und andere Dienste am Start, doch die tut sich unheimlich schwer. Und während es Android-Smartphones mittlerweile nicht mehr nur von HTC, sondern auch von Sony Ericsson, Samsung, Motorola, LG und sogar von Dell und Acer gibt, sucht man ein Android-Gerät bei Nokia-Portfolio vergeblich. Dort setzt man weiter auf Symbian oder versucht, mit Meego eine komplett neue Plattform einzuführen.

Mittlerweile schlägt Nokias Schwäche im Smartphone-Bereich voll auf das Unternehmensergebnis durch. Im zweiten Quartal 2010 legte man beim Umsatz im Jahresvergleich nur um ein mageres Prozent zu, der operative Gewinn schrumpfte um 31 Prozent. Die Ursache ist offensichtlich: die Marge im Handy-Geschäft schrumpfte auf 9,5 Prozent, weil man zwar viele Handys verkauft – jedoch vor allem billige Geräte in Entwicklungsländer. Bei Smartphones ist die Marge ungleich größer, doch ausgerechnet hier ist Nokia schwach.

Als Verantwortlicher für die Fehlentwicklung steht schon lange Nokia-Chef Olli-Pekka Kallasvuo in der Kritik, der seit 2006 im Amt ist. Ein Nachfolger wird händeringend gesucht, ist aber nicht so leicht zu finden. Dem Wall Street Journal zufolge handelte man sich bereits diverse Absagen von Chefs amerikanischer Konzerne ein. Doch selbst wenn man zeitnah fündig wird, wird der neue Chef wohl einige Zeit brauchen, das Ruder herumzureißen. Einstweilen ruhen Nokias Hoffnungen auf dem neuen Smartphone N8, dem ersten Gerät mit Symbian^3. Die technischen Daten lesen sich zumindest gut, auch wenn sich ein Prototyp des Gerätes bereits einen Verriss der russischen Website Mobile Review einfing.

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