Russland will Infineon

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»Die Russen buhlen bei Merkel erneut um Infineon«, meldet die Financial Times. Nach mehreren gescheiterten Versuchen an den Kapitalmärkten würde Russland nun über das Bundeskanzleramt gerne Zugriff auf Infineon bekommen. Der Münchner Chiphersteller weigert sich aber noch, der russischen Firma Sistema Anteile zu gewähren. Präsident Medwedew und Premier Putin drängen trotzdem mit aller Macht darauf, »dass der russische Mischkonzern bei Infineon mit 29 Prozent einsteigen darf«, schreiben die FTD-Autoren.

Das Kanzleramt habe sich zwar bereit erklärt, als Vermittler aufzutreten und wolle Gespräche mit dem Konzern erleichtern, doch Russlands Versuch, die eigene Wirtschaft durch engere Verzahnung mit der deutschen zu stärken,  stößt auf Widerstände. Ein Infineon-Manager habe den Journalisten der FTD außerdem gesagt, dass die Russen vor allem Interesse  am Infineon-Knowhow rund um Navigation vorheuchelten. Sie würden das eigene Navigations-Satellitennetz »Glonass« aufbauen wollen, das man wie Amerikas GPS öffnen wolle, um Konkurrenz zum US-System GPS aufzubauen.  Das aber sei nur vorgeschoben, denn eigentlich sei Infineons Pass- und Verschlüsselungstechnik für die Russen interessanter – das schließlich ließe sich auch militärisch nutzen, und deswegen sei ein Sistema-Einstieg ein Sicherheitsrisiko.

Immerhin scheuen die Russen eine feindliche Übernahme und versuchen ganz offiziell, die Kontrolle bei Infineon zu übernehmen. Weil Sistema 29 Prozent will, also mehr als die 25 Prozent, die einer politischen Genehmigung bedürfen, fragt man schon einmal im Vorfeld. Die FTD hörte sich in Berlin um, doch das Naserümpfen über die russischen Begehrlichkeiten sei groß: Die offiziell geäußerten Ziele seien auch mit einer Kooperation erreichbar, etwa über ein Joint Venture.

Ein Infineon-Aufsichtsrat  sehe einen Einstieg von Sistema zudem auch als wirtschaftlichen Fehltritt, denn das schränke jede Expansionsmöglichkeiten im Westen ein – der Konzern wäre derzeit wegen des ersten Branchenbooms erstmals seit Jahren zu größeren Zukäufen in der Lage. (Manfred Kohlen)

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