IBMs CEO-Report: Kreative Manager sind erfolgreicher

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Der IT-Gigant IBM betätigt sich immer wieder auch als Marktforscher. Er gibt regelmäßig Sicherheitsstudien heraus oder erforscht das Thema Großstadtverkehr. Natürlich nicht, ohne letztlich wieder den Zusammenhang zu den hauseigenen Smarter Planet-Lösungen und Produkten herstellen zu können. Lesenswert sind die Studien aber allemal. Wie zum Beispiel der gerade erschiene Report über die aktuellen Probleme von CEOs.

Komplexe Märkte – kreative Antworten
Die Hauptprobleme der Firmenchefs lassen sich in einem einzigen Wort zusammenfassen: Komplexität. Denn der Markt ändert sich gerade auf mehreren Fronten gleichzeitig. Und das sehr in rasantem Tempo. Immer mehr Gesetze und Verordnungen aus der Politik, neue Machtzentren der Weltwirtschaft, immer höhere Datenvolumen und das veränderte Verbraucherverhalten – das alles trägt dazu bei, Firmenchefs zu verunsichern.

Aber nicht nur die Probleme, sondern auch deren mögliche Lösung lassen sich auf einen Namen bringen: Kreativität. Tatsächlich glauben offensichtlich die meisten, dass neue Ideen und Kreativität in Zukunft wichtiger sein werden als klassische Qualifikationen wie Disziplin oder Durchsetzungsfähigkeit Nicht einmal die sonst so gerne beschworenen »Visionen« spielen noch eine große Rolle im Denken der CEOs.

Die Studie beginnt mit einer eher düsteren Erkenntnis. Weniger als die Hälfte der CEOs weltweit glaubt, dass ihr Unternehmen für die schnell wechselnden und komplizierten Märkte der Zukunft ausreichend gerüstet ist.
In Zahlen ausgedrückt: Acht von 10 Firmenchefs erwarten, dass ihr Marktumfeld immer komplexer wird, aber nur 49 Prozent glauben, dass sie in der Lage ist, damit erfolgreich umzugehen.

79 Prozent der Topmanager (oberer Balken) erwarten, dass das Marktumfeld in den nächsten fünf Jahren immer komplizierter wird. Aber nur 49 Prozent (unterer Balken) fühlen sich ausreichend vorbereitet. (Grafik: IBM)

Wandel in der Industrie verwirrt die Chefs
Eine Ursache für den mangelnden Glauben an die Stärke des eigenen Unternehmens ist der schnelle Wandel des Business-Umfelds. Mehr als 60 Prozent der befragten Firmenchefs glauben, dass der Wandel in der Industrie die Hauptursache der Verunsicherung ist.

Die Komplexität entsteht durch mehrere Faktoren. Zum einen sind Unternehmen und Märkte durch die Globalisierung immer stärker miteinander verbunden. Zum anderen erwarten die CEOs, dass sie in den nächsten fünf Jahren doppelt so viele Einnahmen aus neuen Quellen haben werden als bisher. 76 Prozent erwarten eine Verlagerung von wirtschaftlichen Machtzentren in neue Märkte, die gerade jetzt entstehen.

Technik verstärkt die Komplexität
Auch die Technik trägt ihren Teil bei. Deren Einfluss auf Unternehmen ist in den letzten Jahren so stark geworden, dass die CEOs sie vom sechsten auf den zweiten Platz der wichtigsten Einflüsse setzen. So trägt Technologie einerseits dazu bei, dass die Herausforderung immer komplexer werden. Sie ist andererseits auch das Mittel der Wahl, um dieser Komplexität in einer immer stärker vernetzten Welt Herr zu werden.

Die plötzliche Innovation
Als Konsequenz der Entwicklung suchen immer mehr Topmanager nach neuen Wegen, die Struktur, Finanzen Mitarbeiter und Strategie ihrer Unternehmen zu managen.

Dabei spielt offenbar das Thema Kreativität eine Schlüsselrolle im Denken der CEOs. Doch was genau verstehen sie unter »Kreativität«? Diese wird definiert als Fähigkeit zur ständigen Neuerfindung und plötzlichen Innovation (»disruptive Innovation«), die auch auf einen erfolgreichen Status Quo keine Rücksicht nimmt.

Zudem muss ein erfolgreiches Management auch mit ständigem Experimentieren klar kommen. CEOs müssen bereit sein, ihre Strategien und Entscheidungen ständig zu hinterfragen und anzupassen.
Kreativität ist also definitiv keine Qualifikation, die sich nahtlos in bestehende Arbeitsabläufe und Geschäftsprozesse integrieren lässt.

Für 60 Prozent aller CEOs ist Kreativität die wichtigste Qualifikation in den kommenden fünf Jahren, noch wichtiger als Integrität (52 Prozent) und Globales Denken (35 Prozent). (Grafik: IBM)

Frank Kern, Senior Vice President bei IBM Global Business Services kommentiert die Studie mit den Worten: »Wir kommen gerade aus der schlimmsten Wirtschaftskrise unseres Berufslebens heraus und sind mit einer neuen Situation konfrontiert, die sich komplett von der alten unterscheidet. Da ist es schon bemerkenswert, dass die CEOs Kreativität als die Kernkompetenz für die Unternehmensführung der Zukunft ansehen.«

Besser schnell als gründlich
Doch gute Ideen alleine reichen nicht. Der IBM-Report zeigt, dass auch die Fähigkeit, schnelle Entscheidungen zu treffen, die Top-Unternehmen auszeichnet. Dies gilt ganz besonders in komplizierten oder unübersichtlichen Marktlagen.

Lieber schnell entscheiden als gründlich – das ist die überraschende Erkenntnis aus den Befragungen der CEOs.

Auch andere Themen haben die Firmenchefs für die Zukunft im Visier. Von überragender Bedeutung ist beispielsweise die Nähe zum Kunden. 95 Prozent aller Top-Unternehmen aus der Studie bezeichneten die Annäherung an die Kunden als die wichtigste strategische Initiative der nächsten fünf Jahre. Internet und Social Media gelten als die wichtigsten Kanäle, um mit Kunden und Bürger zu kommunizieren.

Chinesen setzen andere Prioritäten
Allerdings tauchen in der Studie zum ersten Mal auch große Unterschiede zwischen den Regionen auf. Demnach haben CEOs in Asien, Japan, Europa oder Nordamerika jeweils ganz unterschiedliche Sorgen und setzen daher auch ihre Prioritäten anders. Da der chinesische Markt in der zurückliegenden Wirtschaftskrise relativ stabil war, machen sich chinesische Firmenchefs auch weniger Sorgen. Im Gegenteil, sie werden auf der internationalen Bühne immer selbstbewusster. Dementsprechend schätzen 61 Prozent der CEOs in China, das globales Denken eine Kernkompetenz der Unternehmensführung ist.

In Phasen der Unsicherheit sind schnelle Entscheidungen wichtiger als gut durchdachte Entscheidungen. Nach dieser Devise handeln 43 Prozent der besonders erfolgreichen Unternehmen (oberer Balken). (Grafik: IBM)

Sie verlassen sich dabei keineswegs darauf, vorhandene Erfolgsmuster aus dem chinesischen Markt zu kopieren. Vielmehr versuchen sie viel stärker als ihre westlichen Kollegen neue Kompetenzen zu entwickeln, um auf dem Weltmarkt bestehen zu können.

US-Regierung mischt mit
Die CEOs aus den vereinigten Staaten machen sich vor allem Sorgen um das, was sie Big Government nennen, also die verstärkte Einflussnahme der Washingtoner Regierung auf die Wirtschaft. 87 Prozent der US-amerikanischen Firmenchefs erwarten, dass die Regierung sich durch Gesetzgebung und Regulierungen stärker als bisher einmischen wird.

Kreatives Management, schnelles Handeln und neue Beziehungen zum Kunden – damit sollen Unternehmen laut IBM in Zukunft erfolgreich sein. (Grafik: IBM)

In Japan glauben 74 Prozent der Firmenchefs, dass der Machtwechsel von ausgereiften Märkten zu neuen Märkten einen Einfluss auf ihre Organisation haben wird. In Europa dagegen werden nur 43 Prozen
t der Chefs von dieser Sorge umgetrieben.

1541 Firmenschefs wurden befragt
Die Studie ist bereits die vierte Version von IBMs Reihe »Global CEO Study« Um aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten, wurden 1541 Firmenchefs und Topmanager aus 60 Ländern und 33 Branchen interviewt. Die Interviews fanden zwischen September 2009 und Januar 2010 statt.

Ob der IT-Gigant IBM selbst zu jedem Unternehmen gehört, die den Herausforderungen der Zukunft gewachsen sind? Daran weckt zumindest eine Studie des Instituts »Great Place to Work« leise Zweifel. Das Institut gibt jedes Jahr eine Liste der Unternehmen heraus, die bei ihren Arbeitnehmern besonders beliebt sind.

Auf der gerade erschienenen Liste für 2010 steht Microsoft auf Platz eins der beliebtesten Arbeitgeber, Google liegt auf Rang drei und Cisco auf Rang vier. IBM dagegen taucht nicht einmal unter den ersten 50 auf.

Hoffentlich haben die Topmanager bei IBM bald ein paar kreative Ideen, die das Unternehmen auch bei den Mitarbeitern wieder in die Spitzengruppe katapultieren. Die Gebrauchsanweisung hierfür haben sie selbst geschrieben.
(mt)

Weblinks
IBM CEO-Studie
Institut Great Place to Work

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