Adobe Photoshop CS5 (Beta) im Test
Mehr Gestaltungsspielräume
Malen nach Fotos
Als Referenztool für professionelle Bildbearbeitung befindet sich Photoshop bei Fotografen, Illustratoren, Designern und Mediengestaltern im Einsatz. Im Laufe der letzten Jahre hat Adobe viele Werkzeuge hinzugefügt, die dem stressigen Arbeitsalltag insofern gerecht werden, als sie dem Anwender zahlreiche zeitraubende Arbeitsschritte abnehmen. Wer mit wenigen Klicks schnell zu überzeugenden Pre-Visuals kommt, um einen Kunden von einer Idee zu überzeugen, hat schließlich mehr Zeit, sich auf die wirklich kreativen Dinge und professionellen Details zu konzentrieren. Photoshop CS5 setzt diesen Trend weiter fort und integriert zudem Funktionen, die zu künstlerischen Spielereien und kreativen Bildmanipulationen einladen.
So lassen sich mit dem neuen Mixerpinsel aus Fotos Gemälde machen. Der Anwender malt mit dem Mixer Brush einfach auf eine neue leere Ebene, die ihre Farbe vom darunter liegenden Foto aufnimmt. Vielfältige Optionen von der Pinselspitze (Form, Länge, Härte, Dichte, Winkel, …) bis zum Interaktionsgrad der Farbe mit der Leinwand (Feuchtigkeit, Farbaufnahme, Farbfluss, …) lassen einiges an Spielraum. Mit einem Spezialtool für digitales Malen wie Corel Painter kann es Photoshop CS5 zwar nicht aufnehmen, aber dank der manuellen Malmöglichkeiten entstehen weit überzeugendere Pseudo-Gemälde als mit den bekannten Mal-Filtern.
Ebenso kreativ können die Ergebnisse von HDR Pro (High Dynamic Range) ausfallen. Das Feature hilft dabei, aus mehreren unterschiedlich belichteten Fotoaufnahmen ein Bild mit deutlich größerer Licht- und Farbdynamik zu errechnen. Die neue Version gibt dem Benutzer mehr Kontrollmöglichkeiten, die dank ergänztem Dialogfenster mit Schiebereglern leichter bedienbar sind. Die Ergebnisse können von vorsichtig belichtungsoptimierend über ultraphotorealistisch bis künstlerisch-surreal reichen. Besonders hilfreich ist die neue automatische De-Ghosting-Option: Wenn mehrere Einzelfotos zu einem Bild kombiniert werden, sind diese nicht immer 100prozentig kongruent, so dass durch Versatz geisterhafte Bildstörungen auftreten. Der Anwender kann jetzt ein Foto als Quelldatei festlegen, auf deren Basis mögliche Ghosts aus dem HDR-Bild herausgerechnet werden. Das spart den einen oder anderen manuellen Nachbesserungsaufwand.
Automatisch optimierte Auswahlen
Das präzise Auswählen von Bildelementen sowie die Trennung von Vorder- und Hintergrund gehören zu den zeitaufwändigsten und kniffligsten Herausforderungen für Grafiker – beispielsweise bei feinen Haaren in kontrastarmen und farbähnlichen Bildumgebungen. Damit Anwender ohne langes Markieren zügig zur eigentlichen Aufgabe des neuen Composings gelangen, soll Photoshop CS5 mit verbesserten Auswahlwerkzeugen vieles vereinfachen. Wer mit dem Quick-Selection Tool ein Objekt markiert hat, findet über die Palette Kantenverfeinerung (Refine Edges) zunächst unterschiedliche Ansichtsoptionen, die bei der Bewertung der Auswahl helfen. Die automatische Kantenerkennung (Edge Detection) bietet einen adaptiven Bearbeitungsradius (Smart Radius) an, der sich auf Grundlage der Analyse der vorhandenen Auswahl und der Bildumgebung (Haare, Haut, Stein usw.) anpasst und zu genaueren Ergebnissen führen soll. Anwender können weitere Einstellungen vornehmen wie zum Beispiel Glätte (Smoothness), Ausfransung (Feather), Kontrast und Versatz (Shift Edge). Die Vorschau zeigt das Ergebnis der aktuellen Einstellungen sofort an (Show Radius), was in Kombination mit den unterschiedlichen Ansichtsoptionen ausgesprochen hilfreich ist.
Ein weiteres Highlight ist die Option der Farbdekontamination (Decontaminate Colors): Bei weichen Auswahlen färbt der umgebende Hintergrund oft auf die ausgewählten Pixelbereiche ab, sodass etwa farbige Schatten entstehen, die im neuen Bildkontext unnatürlich wirken. Die Dekontaminierung rechnet diese Farbinformationen heraus und ersetzt sie durch aus dem Auswahlobjekt ermittelte Durchschnittswerte. Vor einem neuen Bildhintergrund wirkt das herausgelöste Element somit natürlicher.
Auch wenn die neuen Funktionen hilfreich sind, so darf sich der Anwender keinen Illusionen hingeben. Die optimale Bildauswahl ist gerade in schwierigen Bildverhältnissen eine Interpretationsleistung, bei der kein Algorithmus das menschliche Gehirn ersetzen kann. So sind auch weiterhin präzise Handgriffe im Detail nötig, um zu wirklich professionellen Ergebnissen zu gelangen. Mit Photoshop CS5 gelangt der Benutzer allerdings deutlich schneller zu sehr ordentlichen Ergebnissen etwa für erste konzeptuelle Abstimmungen mit dem Kunden.
Intelligente Füllungen
Ein Traum vieler Bildbearbeiter: Einfach ein Bildelement anklicken und aus dem Kontext entfernen, ohne dass ein Betrachter vermuten würde, es wäre jemals zuvor etwas an der Stelle gewesen. Das wird zwar weiterhin utopisch bleiben, aber mit der inhaltsbewussten Auffüllungsoption (Content Aware Fill) von Photoshop CS5 sollen sich Lücken, die sich aufgrund entfernter Bildinhalte ergeben, in natürlicher Weise mit durchgezeichneten Hintergründen füllen lassen – nicht mit künstlichen Mustern, sondern mit organischen Optiken, die von Photoshop zusätzlich auf Basis des Bildinhalts errechnet werden. Das käme der eingangs genannten Utopie schon recht nahe – funktioniert in der getesteten Betaversion aber nur gut, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind, etwa ein einzelnes Element aus einem möglichst freien Hintergrund herausgelöst und ersetzt wird. Sobald sich andere Elemente in der direkten Nähe befinden, können Teile davon in die neu generierte Füllung einfließen und es entstehen Bruchstücke von Bildgeistern.
Je nach Art und Beschaffenheit des Hintergrunds können auch unnatürlich wirkende Füllungen entstehen, die Flecken aufweisen. Durch wiederholtes Anwenden der neuen Füllfunktion lassen sich diese jedoch reduzieren. Das Feature ist zudem auch in Kombination mit dem Reparaturpinsel verfügbar, wobei es im Test – zumindest beim Entfernen kleinerer Stellen – bessere Ergebnisse liefert. Auch wenn das Tool noch nicht perfekt ist: Die technische Herausforderung ist hoch, die dahinter steckende Mathematik diffizil, aber die Bedienung fällt angenehm leicht und ist lediglich eine Sache weniger Sekunden.
Puppet Warp, Objektivkorrektur, RAW-Plugin
In Photoshop CS5 müssen Anwender sich nicht mehr umständlich verbiegen, wenn sie Bildelemente unter Beibehaltung ihrer natürlichen Form umpositionieren wollen. Soll etwa ein trübe gen Boden blickender Pinguin erregt in den Himmel starren, um einem Bild mehr Dynamik zu verleihen, dann hilft das neue Tool Puppet Warp: Nachdem das zu verbiegende Bildelement ausgewählt und in eine neue Ebene eingefügt wurde, kann der Benutzer mit Puppet Warp Gelenkpunkte in ein Raster setzen. Diese Gelenkpunkte sind dann zu verschieben und zu drehen und nehmen dabei die Bildumgebung mit. Farbe, Textur, Schärfe bleiben erhalten, so dass das Element nic
ht verzerrt oder verschmiert wird. Voraussetzung dafür ist allerdings ein wenig Übung darin, wie man Gelenkpunkte setzt und verschiebt. Denn natürlich können Verzerrungen auftreten, wenn die Punkte an ungünstige Positionen verschoben werden. Mit etwas Übung lassen sich dann aber tolle Ergebnisse in Windeseile erzielen. Nicht nur für Cartoonisten ein spannendes Feature.
Etwas weniger verspielt ist die neue Objektivkorrektur in Photoshop CS5. Wenn in extremen Aufnahmesituationen und bei extremen Blendeneinstellungen zum Beispiel Gebäude geometrisch verzerrt fotografiert werden, hilft die Automated Lense Correction, dies im Nachgang zu korrigieren. Bevor Photoshop die Einstellungen übernimmt, zeigt das Programm das Ergebnis an, so dass Anwender einfach unterschiedliche Varianten ausprobieren können, bis sie mit dem Resultat zufrieden sind. Unter labs.adobe.com gibt es zudem ein kostenloses Add-on, den Adobe Lense Profile Creator. Dieser unterstützt Digitalfotografen dabei, Profile für ihre eigenen Objektive anzulegen und per Knopfdruck immer wieder zu verwenden.
Das Camera RAW Plug-in in Version 6 unterstützt derzeit über 275 Kameramodelle beziehungsweise deren RAW-Formate. Während des Fotoimports lassen sich die Bilder gleich verlustfrei bearbeiten, etwa in Sachen Noise Reduction für bessere Qualität bei hohen ISO-Werten, Schärfe, Vignettierung und Körnung.
In der Extended-Version von Photoshop CS5 erwarten den Anwender Neuerungen für Spezialisten. Mit Repoussé etwa lassen sich 2D-Objekte mit 3D-Effekten versehen. So kann ein Text schnell extrudiert werden. Eine Bibliothek liefert zahlreiche Oberflächen für das Texturieren von 3D-Objekten. Mit dem Shadow Catcher sind auf die Schnelle Wurfschatten zu erstellen und festzulegen, wie der Schatten mit dem Bildumfeld interagieren soll. Darüber hinaus hilft das Setzen unterschiedlicher Lichtquellen dabei, die Szene perfekt auszuleuchten. Die Adobe ray-Tracer-Engine verspricht in Version 2.0 mehr Performance und wird dabei auch durch den nativen 64-Bit-Support von Photoshop CS5 unterstützt.
Fazit
Adobe Photoshop CS5 bietet hunderte von Ergänzungen und Änderungen. Diese alle darzustellen, würde den Umfang eines Betatests sprengen. Fakt ist, dass sie ein Upgrade von CS4 auf CS5 zwar nicht unbedingt erforderlich machen, jedoch das Arbeitsleben von Fotografen, Grafikern und Designern immens erleichtern und ihnen viel Zeit sparen.
Photoshop CS5 Extended
Hersteller: Adobe
Internet: www.adobe.de
Preis: 1426,81 Euro
Erster Eindruck der Beta: sehr gut
Leistung (50 %): sehr gut
Ausstattung (30 %): sehr gut
Bedienung (20 %): sehr gut
Das ist neu
– verbesserte Auswahlwerkzeuge
– Mixerpinsel für Malsimulationen
– umgebungsabhängige Fülloptionen
– mehr Kontrolle über HDR-Prozesse
– neue RAW-Bearbeitungsoptionen
– Objektmanipulation auf Basis frei definierbarer Gelenkpunkte
– automatische Linsenkorrektur bei verzerrten Fotoaufnahmen
Bildergalerie
Systemvoraussetzungen
Betriebssystem: Windows 7, Vista SP2, XP SP3, MacOS X 10.5.7
Prozessor: Intel Pentium 4 oder Athlon 64 bzw. Multicore Intel-CPU
Arbeitsspeicher: ab 1 GByte (2 GByte empfohlen)
Festplatte: 2 GByte freier Speicherplatz zzgl. Speicher für Projektdaten