AOL ganz allein auf weiter Flur
Steve Case hatte Time Warner die Firma AOL aufgeschwatzt – offiziell hatte AOL anfangs sogar den Medienkonzern übernommen. Dann kam der Dotcom-Crash und es kam heraus, wie wenig Geld AOL wirklich machte. Doch nach langem Vorgeplänkel trennte sich Time Warner endlich von AOL, das so gar nicht in die Unternehmenskultur passte.
Das Spin-Off und sein Geschäftsführer Tim Armstrong stürzten gleich ins kalte Wasser – am Tag des Börsengangs als Alleingänger sackte der ohnehin schon gesunkene Aktienkurs wieder tief ab – und damit das zur Verfügung stehende Kapital, den neuen alten Internet-Zögling wieder auf die Beine zu bringen.
John Paczkowski, seit 1997 schon Autor der Nachrichten in »Good Morning Silicon Valley« und jetzt aktiv für das Wall Street Journal, bezeichnet den früheren Timewarner-AOL-Deal als »eines der disaströsesten Wirtschaftsereignisse der jüngsten Zeit« und lacht über den stolprigen Neustart: Der Kurs stieg zwar morgens noch, sank dann aber am selben Tag wieder rapide.
Doch AOL-Chef Tim Armstrong fand die Chuzpe, die Chancen für den Ableger zu definieren: »Als unabhängige Firma mit einem anerkannten globalen Internet-Markennamen können wir um den künfigen Markt für Content, Kommunikation und Werbung konkurrieren. Das ist aufregend und eine Riesenhance!«.
Investoren sahen dies zwar erst einmal nicht so, doch am Tag darauf stützten sie AOL wieder – vermutlich, weil sie sahen, dass dort schon Kosten-Kahlschlag betrieben wurde.
Am Freitag noch meinten die Analysten von UBS, es werde sicher noch ein ganzes Jahr dauern, bis das Unternehmen den kompletten Turnaround erreicht. Die Broker von Sanford Bernstein aber sagen heute, dass man die billigen Papiere kaufen solle: Kursziel 31 Dollar. Ganz so positiv sehen es die Analysten von Benchmark aber nicht: Aktien halten, Kursziel nur 25 Dollar. µ
L’Inqs:
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