Neue Chips versprechen EnergiespartechnikKann recycelte Wärme die Stromrechnung verringern?
Energie-Recycling-Chips – aus physikalischen Gründen zwecklos?
Neue Chips versprechen Energiespartechnik
Neue Chips, die Abwärme in Elektrizität umwandeln, bringen vielleicht nicht so viel, wie uns die Entwickler glauben machen wollen.
Vielleicht haben Sie im Internet Blogbeiträge (auch von uns) zur “Grünen IT” gelesen. Darin waren einige interessante Entwicklungen aus der Welt des Recyclings zu verfolgen. Dabei ging es nicht um das stinknormale Geschäft mit dem Altglas oder einfache Energiesparmaßnahmen der neuen Prozessoren, sondern um neue Halbleiter, die Abwärme direkt in Elektrizität umwandeln sollen. Die zwei Start-up Unternehmen Eneco und Power Chips haben Produkte entwickelt, die sie möglichst im nächsten Jahr auf den Markt bringen wollen.
Im IT-Bereich hat Abwärme eine große Bedeutung. Sei es nun der Laptop, der auch als Kniewärmer dienen kann oder ein Blade-Rack, der einem ein echtes Saunagefühl vermittelt. Einige neue Chips versprechen, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: die Prozessoren kühl zu halten und gleichzeitig die Stromrechnungen zu senken.
Ein verwendbares Produkt ist zwar noch nicht in Sicht, aber es lohnt sich schon, der Frage nachzugehen, wie viel Wärme sinnvollerweise zurück gewonnen werden könnte und welche Auswirkungen dies wirklich auf die Stromrechnungen haben könnte.
Mathematische Beweise: Energie-Recycling funktioniert kaum
Neue Chips versprechen Energiespartechnik
Vor zwei Jahrhunderten stellte man fest, dass die Gewinnung von verwertbarer Energie aus einer Wärmequelle (wie ein Kohlefeuer unter einem Kessel) kein sehr effizientes Verfahren war. Um 1820 hat Nicolas Carnot mathematisch bewiesen, dass bessere Effizienz nicht immer erreicht wird, indem man bessere Isolation oder straffere Schrauben einsetzt. Seine Theorie setzte dem Maximum an Energie, die aus einer Wärmequelle gewonnen werden kann, eine Obergrenze. Diese Grenze hängt von zwei Dingen ab: Wie heiß die Wärmequelle ist und wie kalt der Kühlkörper ist. Um einen Wirkungsgrad von 100 Prozent zu erreichen, braucht es ein unendlich heißes Feuer oder einen Kühlkörper bei absolut Null Grad (wobei es schwierig wird, den Apparat als Kühlkörper zu verwenden, wenn dessen Temperatur nicht erhöht werden soll).
Heutzutage werden Prozesoren heiß – aber nicht wirklich bedeutend heiß. Der maximale Wirkungsgrad, den man erwarten kann, wenn man Energie aus dieser Temperaturerhöhung herausholen will und von einer Umgebungstemperatur von 20 Grad Celsius und einem netten heißen Pentium 4 bei 100 Grad ausgeht, sind etwa 21 Prozent. Das höchste, was von diesen neuen Chips zu erwarten ist, sind 80 Prozent der Carnot-Grenze. Wenn es also gut läuft, können wir 17 Prozent der 300 Watt verschwendeter Energie eines auf Hochtouren laufenden Pentiums wiedergewinnen. Dabei muss allerdings davon ausgegangen werden, dass dieser Pentium vollständig in Energie-wiedergewinnende Ummantelung eingehüllt ist.
Neue Prozessortechnik ist besser als Energie-Wiedervewertung
Neue Chips versprechen Energiespartechnik
Über den Daumen gepeilt halte ich die Wiedergewinnung von 10 Prozent der Energie für machbar. Hoffentlich ist Ihnen dies den ganzen Aufwand wert: Eine 10prozentige Senkung der Energierechnung ist sicher besser als Nichts. Und tatsächlich werden die Einsparungen geringfügig höher ausfallen, als wenn man wie üblich Energie in eine Klimaanlage steckt oder ein paar Watt für einen Prozessor-Lüfter verschwendet. Oder wenn Sie den heißen Rechner einfach ins Freie stellen, wenn es dort kühler ist als in Ihrem klimatisierten Raum.
Allerdings hat diese ganze Sache einen bösen Haken: Die neuesten Prozessoren laufen nicht so heiß wie ein Pentium. Ein Athlon 64 oder Core 2 Duo kommen höchstens auf 60 Grad, wobei die Carnot-Grenze im geschlossen Raum auf 12 Prozent fällt. Das führt zu einem Endergebnis, das mit fünf oder sechs Prozent noch sehr hoch angesetzt ist.
Außerdem werden die Betriebstemperaturen der Prozessoren wahrscheinlich weiter sinken. Die Türen für den Erfolg dieser Technologie könnten sich – zumindest was die IT anbelangt – schon wieder schließen, bevor sie sich richtig geöffnet haben.
Lem Bingley, Ingenieur und Produkttester bei IT Week