Amtsgericht setzt 1000 Euro Schmerzensgeld für Weitergabe von Sexting-Fotos fest
Ein Jugendlicher hatte noch während der Beziehung freizügige Fotos seiner 13-Jährigen Freundin weitergeleitet, die sie ihm auf seine Aufforderung hin geschickt hatte. Den zum Tatzeitpunkt ebenfalls 13-Jährigen hielt das Amtsgericht Charlottenburg aufgrund der allgemeinen Erfahrungen von Jugendlichen im Umgang mit Sozialen Netzwerken für “deliktsrechtlich voll einsichtsfähig”.
Das Amtsgericht Charlottenburg hat einer 13-jährigen Berliner Gymnasiastin ein Schmerzensgeld in Höhe von 1000 Euro zugesprochen (Aktenzeichen 239 C 225/14). Sie soll damit dafür entschädigt werden, dass ihr damals ebenfalls 13-jähriger Freund im vergangenen Jahr sogenannte Sexting-Fotos, die sie ihm auf seine Aufforderung hin schickte, weitergeleitet hatte. Die Fotos zeigten die junge Frau in zum Teil aufreizenden Posen in Unterwäsche. Diese Bilder hatte der Freund dann mittels WhatsApp an seinen Freundeskreis weitergegeben.
Wie die Anwaltskanzlei Werdermann | von Rüden, die das Opfer in dem Verfahren vertreten hat, jetzt mitteilte, wurde dem Jungen zugutegehalten, dass offensichtlich lediglich ein geringer Kreis von Personen die Bilder zu Gesicht bekommen hatte. Zudem habe er mit der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung das Unrecht seiner Tat eingesehen, was bei der Bemessung des Schadenersatzanspruchs ebenfalls berücksichtigt wurde. Dasselbe gilt für Maßnahmen wie die Versetzung in eine Parallelklasse, die die Schule bereits ergriffen hatte. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung einigten sich die Parteien auf die Zahlung von insgesamt 500 Euro. Allerdings muss dazu bis Ende des Jahres nachgewiesen werden, dass dieser Betrag durch eigene Arbeit verdient wurde, was der Beklagte durch einen Ferienjob tun will.
“Die Weiterverbreitung der Bilder durch den Beklagten macht aufgrund der einschneidenden Wirkung auf die Lebensführung und die Entwicklung der jugendlichen Klägerin eine Entschädigung in Geld zur Genugtuung unabweisbar”, führt das Gericht in seiner Urteilsbegründung aus. Für die Berechnung der Höhe des Schadenersatzes seien alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen.
Den im Tatzeitraum 13-jährigen Beklagten hält das Gericht aufgrund der allgemeinen Erfahrungen von Jugendlichen im Umgang mit Sozialen Netzwerken, Medien und deren Gefahren für “deliktsrechtlich voll einsichtsfähig”. Die Weiterverbreitung der Bilder, “die er aus einem emotional intimen Verhältnis heraus” erhalten habe, stelle eine erhebliche Beeinträchtigung der Klägerin dar, die sich dadurch “an den Pranger gestellt fühlen und die Situation insgesamt als ausgesprochen peinlich empfunden haben dürfte.” Darüber hinaus sei die Situation dazu geeignet, “die ungestörte sexuelle und persönliche Entwicklung der Klägerin zu beeinträchtigen.”
Rechtsanwalt Johannes von Rüden, der die junge Berlinerin vertrat, warnt anlässlich des Urteils generell vor den Gefahren solcher Bilder. “Wer solche Fotos versendet oder postet, kann nicht nur Opfer von Cyber-Mobbing werden, sondern kann schnell auch auf dem realen Schulhof gemobbt werden.” Empfänger solcher Bilder, die diese weiterverbreiten, müssen je nach deren konkretem Inhalt zudem deutlich drastischere Strafen befürchten, als sie jetzt gegen den 13-jährigen Berliner verhängt wurden.
Je nach Alter der abgebildten Person greift Paragraf 184b oder Paragraf 184c des Strafgesetzbuches. Sind auf den Bildern Kinder (also Personen untzer vierzehn Jahren) ganz oder teilweise unbekleidet “in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung”, bei sexuelle Handlungen oder die ” die sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes” zu sehen, kann das unter Kinderpornographie fallen. Dann drohen Freiheitsstrafen von drei Monaten bis zu fünf Jahren. Sind die abgebildeten Personen zwar schon vierzehn, aber noch nicht achtzehn Jahre alt, fällt die Weitergabe möglicherweise unter Jugendpornographie (Paragraf 184c) und kann mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden.
Doch auch mit der Verbreitung entsprechender Bilder volljähriger Personen sollte man sich zurückhalten. Wie die Kanzlei Wilde Beuger Solmecke im Frühjahr gewarnt hat begründen Nacktbilder des oder der Ex, die aus Rache ins Netz gestellt werden ebenfalls einen Anspruch auf Unterlassung und eine Geldentschädigung. Wie hoch der ausfällt, ist je nach Grad der Schwere der Persönlichkeitsrechtsverletzung unterschiedlich.
Außerdem greift unter Umständen Paragraf 33 des Kunsturhebergesetzes. Demnach droht eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe, wenn, Bilder einer Person verbreitet werden, die dieser Verbreitung ihres Bildnisses nicht zugestimmt hat. Erschwerend wirkt sich aus, falls die Bilder oder Videoaufnahmen heimlich gemacht wurden. Dann kommt noch eine Strafbarkeit nach Paragraf 201 des Strafgesetzbuchs in Betracht. Das gilt auch dann, wenn bei den Aufnahmen, anders als der Gesetzestext es vermuten lässt, wenig gesprochen werden sollte. Als intim werden Aufnahmen übrigens immer dann gewertet, falls sich die Person dabei in einer Wohnung oder einem “gegen Einblicke besonders geschützten Raum” befindet.