Self-Service BI: mehr als ein Trend

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Datenflut (Bild: Shutterstock/RioPatuca)

“Ah nein, ich habe das Zugticket vergessen”, schießt es mir durch den Kopf, als ich gerade zu einer wichtigen Tagung aufbrechen will. “Was jetzt? Soll ich schnell meinen Assistenten anrufen? Aber dann muss ich ihm den gesamten Reiseweg mit allen Buchungsdetails erklären.” Das Bahnticket habe ich dann kurzerhand selbst über mein Smartphone gebucht. Das war einfacher und schneller, weil keine Zwischenschritte nötig waren. Vor allem aber konnte ich die Reise gleich an meine individuellen Anforderungen anpassen – die kenne ich schließlich selbst am besten.

Das Beispiel deutet an, warum sich Self-Service Anwendungen durchsetzen. Und diese Entwicklung erstreckt sich nicht nur auf der Individualebene, sondern auch auf der Unternehmensebene. Besonders auffällig ist das im Bereich Business Intelligence (BI).

Matthias Krämer, der Autor dieses Expertenbeitrags für ITespresso, ist Technikvorstand der Jedox AG (Bild: Jedox).
Matthias Krämer, der Autor dieses Expertenbeitrags für ITespresso, ist Technikvorstand der Jedox AG (Bild: Jedox).

Die weltweit umfassendste Anwenderbefragung zum Einsatz von Software für BI, die “BI Survey 14” des Business Application Research Center (BARC), bestätigt das: Von den weltweit über 3000 befragten BI-Experten erklärten 55 Prozent, aktuell an Self-Service-BI-Projekten zu arbeiten. Weitere 24 Prozent wollen damit in der nächsten Zeit beginnen. Eine Erklärung für die steigende Bedeutung gibt Carsten Bange, Geschäftsführer des BARC, anlässlich der Eröffnung des letzten BI-Kongresses.

Laut Bange resultiert die Wertschöpfung im Zuge der Digitalisierung aus Daten: “Die Digitalisierung von Geschäftsmodellen und Prozessen wird immer weiter um sich greifen”, so Bange. “Jede Branche ist betroffen. Am Ende steht das datengetriebene Unternehmen.” Den hohen Stellenwert von Daten bestätigt auch Matthias Hartmann, Vorstandschef von Deutschlands größtem Marktforschungsunternehmen GfK gegenüber der Tageszeitung Die Welt: “Daten sind das Gold des 21. Jahrhunderts. Wir müssen die vielen Informationen nur intelligent miteinander verknüpfen.”

Und genau hier liegen die Chancen, aber auch die Probleme. Denn wie gelingt es, Daten intelligent miteinander zu verknüpfen und damit in verwertbare Informationen zu transformieren? Wie gewinnen Unternehmen und Organisationen aus Daten Wissen, das zu besseren operativen und strategischen Entscheidungen führt? Dafür sind Anwendungen für BI und Performance Management gefragt, mit denen sich Daten zu Informationen verknüpfen lassen.

Allerdings sind diese Anwendungen in der Handhabung häufig anspruchsvoll und komplex – so komplex, dass Fachabteilungen diese manchmal nur eingeschränkt oder mit Unterstützung der IT-Abteilung nutzen können. Die Konsequenz: Daten können eben nicht intelligent verknüpft werden, das Gold des 21. Jahrhunderts bleibt ungenutzt. Genau hier setzt Self-Service BI an.

Informationen für jeden – Entlastung der IT-Experten

Self-Service BI erlaubt es Experten in den Fachabteilungen, auch ohne technischen Hintergrund und selbstständig Berichte zu generieren, eigene Abfragen durchzuführen und zu planen. Damit gewinnen Fachleute Autonomie, denn sie können ihre Fragen selbstständig beantworten. Kurz gesagt: Self-Service BI soll und will so einfach wie der Kauf von Bahntickets über das Smartphone sein. Einfach, schnell und ohne Zwischenschritte. Jeder soll BI nutzen können. Aber deshalb müssen Anwendungen für Self-Service BI und deren Einsatz auch bestimmte Voraussetzungen erfüllen.

Jedox Mobile BI auf einem Tablet (Bild: Jedox AG)
Jedox Mobile BI auf einem Tablet (Bild: Jedox AG)

Zunächst muss Self-Service BI benutzerfreundlich sein. Dafür bietet sich beispielsweise eine vertraute Umgebung wie Microsoft Excel als Arbeitsoberfläche an, da Excel in Unternehmen weit verbreitet und bei Anwendern allgemein akzeptiert ist. Die Anwender sind mit dem Werkzeug vertraut, kennen die Funktionen und gehen damit kreativ bei der Lösungsfindung um. Viele Fachverantwortliche schätzen zudem die Möglichkeit, in Excel lokale Daten in eine umfassendere Betrachtung einschließen oder Geschäftsdaten nach ihren Bedürfnissen modellieren zu können.

Warum sollte der Vertriebsleiter Süd bei einer Potenzial-Analyse nicht sein persönliches – und lokal abgelegtes – Kundenranking in die Analyse einbeziehen? Gleichzeitig muss die Konsistenz der Daten gewährleistet sein. Dazu bietet sich ein zentraler OLAP-Server mit In-Memory als Kern der Self-Service Anwendung an; er unterbindet eine “Vervielfältigung der Wahrheiten” und erlaubt Zusammenarbeit mit Workflows ohne Medienbruch.

Der zweite Aspekt ist die Informationsverteilung. Vielfach arbeiten die Experten nämlich nicht mehr nur mit dem Desktop-PC, sondern nutzen ergänzend auch mobile Endgeräte wie Smartphones oder Tablets. Der Zugang zu Geschäftsdaten soll der gewandelten Arbeitswelt entgegenkommen, so komfortabel wie möglich sein und sowohl den Zugriff über mobile Endgeräte als auch über einen einfachen Browser erlauben.

Damit deutet sich eine Kernfrage für die IT-Abteilung an: Denn bei aller Selbstständigkeit der Fachabteilungen sind es doch meist die IT-Experten, die BI-Anwendungen implementieren, administrieren und für deren Sicherheit gerade stehen. Sind Geschäftsinformationen bequem für Mitarbeiter zugänglich, könnten auch Unbefugte Zugang finden. Entscheidend ist daher BI-Governance, die von der IT-Abteilung in Übereinstimmung mit der Unternehmenskultur ausgearbeitet wird. Hier kommen Aspekte wie Rollen- und Zugriffsregeln, Standards für die Datenqualität oder die Integration von externen Daten zum Tragen.

Der direkte Zugang zu Informationen zahlt sich aus. Mussten Fachabteilungen früher für die Erstellung von Berichten oder Analysen oft auf Unterstützung aus der IT-Abteilung zurückgreifen, können sie ihre Anforderungen jetzt selbstständig umsetzen. Das entlastet die IT, die sich im Gegenzug auf Administration, Datenqualität und die strategische Weiterentwicklung der BI-Infrastruktur konzentrieren kann. So sparen Unternehmen Zeit, Kosten und erreichen eine höhere Zufriedenheit aller Abteilungen – inklusive der IT-Abteilung.

Fachabteilungen setzen ihre Anforderungen selbst um

Durch diese Änderungen ergibt sich ein neues und synergetisches Verhältnis zwischen Fach- und IT-Abteilungen. Das wird beim Blick auf Anwendungsbereiche klar. Nehmen wir etwa den Bereich Einkauf und Beschaffung, der auf volatile Beschaffungsmärkte reagieren und Versorgungssicherheit zu einem vertretbaren Preis gewährleisten muss. Gerade Rohstoffe und Komponenten sind permanenten Preisschwankungen unterworfen, auf die auch kurzfristig reagiert werden muss.

Für das Informationsmanagement ergeben sich daher häufig Änderungen in den Analyse- und Planungsparametern. Wie ändert sich unser Einkaufsrisiko durch den fallenden Ölpreis? Wie wirkt sich der schwankende Goldpreis aus? Fragen, die am besten bei den Fachverantwortlichen aufgehoben sind und von der IT gar nicht beantwortet werden können. Die IT kann hingegen BI als Instrumente zur Beantwortung bereitstellen.

Das gleiche gilt für den Vertrieb, der in besonderem Maße von mobilen Anwendungen profitiert. Denn beim Kunden hat er stets die aktuellen Preise und Planungen auf seinem Tablet. Auch können Vertriebsmitarbeiter schnell reagieren und sich auf Marktentwicklungen einstellen, um Kunden das optimale Angebot zu unterbreiten.

Ist der Auftrag geschrieben, kann der Verkäufer noch vor Ort den Auftrag erfassen. Die Zahlen erscheinen unmittelbar in der Planung, erleichtern der Finanzabteilung die Arbeit und beschleunigen in der Regel auch die Provisionsauszahlungen. Mitarbeiter im Marketing wiederum nutzen Self-Service BI, um anhand von Analysen und Prognosen ihr Budget optimal einzusetzen. Ist die Onlinekampagne oder vielleicht doch die Werbung in Printmagazinen für unser neues Produkt besser geeignet? Kurzum, mit Self-Service BI setzen Fachabteilungen große Teile ihrer Berichts- und Analyse-Anforderungen selbst um.

Praxisbeispiel: Self-Service BI bei der Sanofi-Aventis Deutschland GmbH

Die Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Tochtergesellschaft des weltweit viertgrößten Pharmakonzerns Sanofi, ist ein gutes Beispiel für Self-Service BI. Lange Zeit nutze das Controlling-Team von Sanofi-Aventis für Vertriebsplanung und -steuerung Microsoft Excel verknüpft mit der relationalen Datenbank Microsoft Access. Nach dem Zusammenschluss der drei Länderorganisationen Deutschland, Schweiz und Österreich (Sanofi GSA) stieß Excel jedoch an Grenzen.

Bemerkbar machte sich dies zunächst beim manuellen Datenabgleich. Aufgrund des stark gewachsenen Datenvolumens war die Datenbereitstellung nicht nur zeitaufwändig, sondern auch anfällig für Fehler. Darüber hinaus reifte im Controlling der Wunsch, Arbeitsabläufe im BI und Planungsumfeld mit einem neuen Planungs- und Reportingsystem effizienter zu gestalten.

Der Anforderungskatalog dafür war umfangreich: Die Personal-, Vertriebs- und Kostenstellenplanungen sollten transparenter und effizienter werden. Die einzelnen Fachbereiche sollten die Möglichkeit erhalten, selbstständig zu planen sowie Berichte und Analysen autonom zu erstellen. Da das Unternehmen auf viele Standorte verteilt ist, sollte für den Systemzugriff ein einfacher Internet-Browser genügen. So können Berichte oder Planungsdaten angesehen und eingetragen werden, auch wenn die betreffenden Mitarbeiter nicht im Office sind.

Durchblick mit Self-Service BI

Auf Basis von Jedox hat Sanofi-Aventis schließlich die Informationsinfrastruktur neu aufgestellt. Daten aus fünf unterschiedlichen Datenquellen werden jetzt automatisiert zur Informationsgewinnung bereitgestellt. Das ist nicht nur schneller, sondern erhöht auch die Datenqualität deutlich. Schließlich lassen sich auf Basis inkonsistenter oder gar falscher Daten wichtige Fragen nicht beantworten. Für die Planung schafft die Rückschreibefunktion zudem eine neue Qualität der Arbeit. Denn Fachverantwortliche können Daten jetzt selbstständig in der zentralen In-Memory OLAP-Datenbank erfassen. Das beschleunigt – selbst bei vielen Standorten – die Planung, sichert die Datenqualität und vereinfacht Änderungen.

(Bild: Shutterstock/RioPatuca)
Mit Self-Service BI verschaffen sich Verantwortliche selbst Durchblick in der Dartenflut und IT-Abteilungen bekommen Raum für strategische Aufgaben (Bild: Shutterstock/RioPatuca).

Mitarbeiter aus Marketing, Vertrieb, Personal, Controlling und Management nutzen bei Sanofi Self-Service BI. Spezielle Kenntnisse sind nicht erforderlich, dafür können die fachlich getriebenen Fragen ohne Umwege gestellt und bearbeitet werden. Entsprechend der individuell festgelegten Schreib- oder Leserechte erstellen die Fachverantwortlichen nämlich per Web-Browser Analysen und gewinnen Dateneinblicke.

Die zentralisierte Preis- und Volumen-Analyse bietet zum Beispiel eine Übersicht der gesamten Produktfamilie, die über ein “Drill-down” bis auf die Handelsformebene heruntergebrochen werden kann. Wird eine Produktinformation geändert, aktualisiert sich der entsprechende Report automatisch und in Echtzeit. So gibt der Report stets korrekte und aktuelle Daten wieder. Auch das Sanofi-Management profitiert von der Excel-ähnlichen Benutzeroberfläche und kurzen Abfragezeiten. Im Tagesgeschäft nutzt es regelmäßig Reports für eine Rundumsicht auf alle wichtigen Steuerungsinformationen.

Self-Service BI: Information statt Intuition

Sanofi-Aventis zeigt, wie sich das Verständnis von Business Intelligence hin zu Self-Service Business Intelligence erweitert hat. Self-Service BI ist kein Trend, Self-Service BI ist neues Verständnis der Informationsaufbereitung und -nutzung. Wie das Beispiel meiner Tagungsreise zeigt: Self-Service hat den Kauf eines Bahntickets einfacher, schneller und präziser gemacht. Und das gilt auch für BI, denn Self-Service ermöglicht den direkten und bequemen Zugriff auf Daten und Informationsdienste.

Denn wer kennt die fachlichen Zusammenhänge besser als die Fachabteilung? Für den Geschäftsalltag bedeutet dies einen Zuwachs an Effizienz, sinkende Kosten, freie Ressourcen und neue Freiheiten bei der Datenanalyse. Kurzum, Self-Service BI schafft die Möglichkeit, dass Fachleute Daten intelligent verknüpfen und Entscheidungen auf solider Faktenbasis treffen.

Matthias Krämer, der Autor dieses Expertenbeitrags für ITespresso, ist Technikvorstand der Jedox AG (Bild: Jedox).

Der Autor: Matthias Krämer ist Technikvorstand der Jedox AG. Sie wurde 2002 in Freiburg gegründet, Ziel ist es, aus dem in Firmen meist genutzten Planungs- & Reporting-Werkzeug – Microsoft Excel – das beste herauszuholen. Dazu will man die Vorteile von Excel erhalten, gleichzeitig aber Probleme, etwa bei große Datenmengen, Audit-Sicherheit, Workflow- und Prozessunterstützung, Arbeitsaufwand sowie Fehleranfälligkeit, beseitigen. Derzeit liegt die Jedox-Software in 25 Sprachversionen vor und wird von rund 100.000 Anwendern in 125 Ländern genutzt.

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