Patriot Act: Microsoft wehrt sich gegen Herausgabe von Nutzerdaten

Microsoft wehrt sich weiterhin gegen die Herausgabe von Daten eines E-Mail-Nutzers an US-Behörden. Jetzt erklärt ein Sprecher des Konzerns aus Redmond, man wolle keine E-Mails an die Behörden weitergeben. Laut der Nachrichtenagentur apa erklärte er am Montag im Wortlaut: “Dieser Fall wird vor ein Berufungsgericht gehen.” Microsoft strebe auf diesem Weg auch ein geeignetes Verfahren an, um in solchen Fällen den Ablauf zu klären.

Bei den fraglichen Daten handelt es sich um Informationen eines E-Mail-Nutzers von Microsoft. Seine Daten liegen in einem Rechenzentrum im irischen Dublin. Der US-District Court in Manhattan fordert von Microsoft nun direkt die Herausgabe der Daten.
Nach geltendem EU-Recht müsste das US-Gericht jedoch über ein Rechtsbeihilfeverfahren der EU die Weitergabe der Daten beantragen. Auch Viviane Reding, Vizepräsidentin der EU-Kommission, hat in diesem Fall schon Kritik an der Vorgehensweise der USA geäußert.
“Die Kommission fürchtet, dass die extraterritoriale Anwendung ausländischer Gesetze sowie darauf basierende gerichtliche Anweisungen gegen Unternehmen gegen internationales Recht verstoßen und den Schutz des Einzelnen verhindern, der in der Union garantiert ist”, kommentierte Reding im Juli. Für betroffene Unternehmen mit einer Niederlassung in der EU ergebe sich zudem ein rechtlicher Konflikt, da sie nicht nur an US-Recht, sondern auch an europäisches Recht gebunden seien.
Am vergangenen Freitag hatte das US-Gericht dessen ungeachtet erneut die Weitergabe von gespeicherten Nachrichten des betroffenen Nutzers gefordert. Das Gericht beruft sich dabei auf US-Gesetze und betrachtet Microsoft als grenzüberschreitenden Anbieter.
Der Chief Privacy Officer Brendon Lynch sagte dazu in einem Blogbeitrag: “Wir glauben, dass die Mails den Nutzern gehören und nicht uns. Daher sollten sie den gleichen Datenschutz bekommen, wie ein geschriebener Brief, ungeachtet vom Speicherort.”
Schon im April hatte der Microsoft-Anwalt David Howard in einem Blog erklärt: “Die US-Regierung hat nicht das Recht, eine Wohnung in einem anderen Land zu durchsuchen, und sie sollte auch nicht die Macht haben, den Inhalt einer Mail zu durchsuchen, die in Übersee gespeichert ist.” Bereits damals hatte Microsoft Rechtsmittel gegen den Beschluss eingelegt. Howard erklärte bereits damals, dass es Microsofts Intention sei, diesen Fall vor “Gerichte zu bringen, die die Autorität besitzen, die von der Regierung seit langem gehegte Ansicht über Durchsuchungsbeschlüsse über digitale Inhalte außerhalb der USA zu korrigieren.”
Die USA hätten viele bilaterale Verträge, anhand derer Verfahren festgelegt werden, wie man in einem fremden Land Beweise sichern kann. Howard: “Wir glauben, dass diese Gesetze auch in der Online-Welt gelten sollten, aber die Regierung ist hier anderer Ansicht.”
Mit dem 2001 verabschiedeten Patriot Act können US-Gerichte die Durchsuchung von Servern von Tochterunternehmen von US-Firmen anweisen, selbst wenn lokale Gesetze das untersagen. Im Zuge der Geheimdienstenthüllungen durch Edward Snowden ist daher das Vertrauen europäischer Konsumenten in die Dienste von US-Unternehmen erschüttert worden.
Die gegenwärtige Weigerung Microsofts, die in Irland gespeicherten Daten herauszugeben, ist auch der Versuch, dieses Vertrauen ein Stück weit wieder herzustellen, das erklärt zumindest Microsofts Chefjustiziar und Executive Vice President Legal and Corporate Affairs, Brad Smith, in einem Blogeintrag. Für Unternehmen wie Microsoft, die auf die Bereitstellung von Cloud-Services als künftiges Geschäftsmodell setzen, sind solche Vertrauensverluste mit erheblichen finanziellen Einbußen verbunden.
[mit Material von Martin Schindler, silicon.de]
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