Firmen lassen Mitarbeiter länger mit derselben IT-Ausstattung arbeiten

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Zwei aktuelle Erhebungen kommen zu dem Schluss, dass die IT-Ausstattung in Firmen ihren Dienst immer länger versehen muss. Allerdings hat das nicht in allen Bereichen dieselben Auswirkungen. Im direkten Arbeitsumfeld, in dem es die Mitarbeiter auch am schnellsten bemerken, hält einer gemeinsam durch Analysten von PAC und Experten des IT-Dienstleisters Computacenter durchgeführten Untersuchung (PDF), die IT-Ausstattung mit dem Tempo der Veränderungen jedenfalls nicht mit. Das ist zumindest die Einschätzung der Mehrheit der 250 in mittelgroßen und großen Unternehmen befragten Mitarbeiter.

Firmen lassen Mitarbeiter immer länger mit derselben IT-Ausstattung arbeiten (Bild: Shutterstock)

Für die Befragten verliert der Büroarbeitsplatz allerdings auch immer mehr an Bedeutung – auch wenn Mitarbeiter insgesamt dort noch 70 Prozent ihrer Arbeitszeit verbringen. Drei Viertel von ihnen verbringen inzwischen zumindest einen Teil ihrer Arbeitszeit außerhalb des Büros. 46 Prozent von ihnen arbeiten regelmäßig von unterwegs, 42 Prozent (auch) im Home Office. Ein Drittel geht seiner Arbeit zumindest ab und an bei den Kunden nach und 55 Prozent aus anderen Niederlassungen ihrer eigenen Firma.

Mit der Mobilität und sicher auch in vielen Fällen höherer Eigenverantwortung hat auch der Zeitaufwand für nicht-produktive Tätigkeiten zugenommen. Im Rahmen der Untersuchung zählen dazu Recherchearbeiten, Informationsaustausch oder Selbstverwaltung. Die Zunahme ist sicherlich in vielen Fällen auch darauf zurückzuführen, dass in zahlreichen Firmen klassische, zuarbeitende Positionen wie Sekretärinnen, Büro-Assistenzen und ähnliches dem Rotstift zum Opfer gefallen sind und die durch diese Personen früher erledigten Aufgaben den einzelnen Mitarbeitern aufgeladen wurden. Nicht ermittelt hat die Studie leider, wieviel zusätzliche Arbeit durch die neuen Organisationsformen entsteht – etwa durch vermehrten Abstimmungsbedarf in verteilten Teams.

Daran stören sich aber die meisten offenbar nicht, verschafft es ihnen doch letztendlich auch etwas mehr Handlungsfreiheit. Genervt sind sie dagegen von der Bearbeitung von E-Mails: zwei Drittel berichten in diesem Punkt von einem zunehmenden Aufwand. “Unternehmen sollten diese Entwicklung sehr kritisch sehen”, so Jochen Rapp, Solution Manager bei Computacenter. “Der hohe Aufwand für nicht-produktive Tätigkeiten führt dazu, dass Mitarbeiter nicht nur unproduktiv, sondern auch unzufrieden sind.” Um die Produktivität und Innovationsfähigkeit zu steigern empfiehlt er insbesondere die Entlastung von Routinetätigkeiten.

Aus der Erhebung von PAC und Computacenter geht klar hervor, dass die Mobilität der Mitarbeiter und die Bedeutung alternativer Arbeitskonzepte zunehmen (Grafik: PAC/Computacenter).
Aus der Erhebung von PAC und Computacenter geht klar hervor, dass die Mobilität der Mitarbeiter und die Bedeutung alternativer Arbeitskonzepte zunehmen (Grafik: PAC/Computacenter).

Die gemeinsame Studie von PAC und Computacenter kommt zudem zu dem Schluss, dass sich trotz steigender Anforderungen zwei Drittel der Mitarbeiter weiter mit dem “üblichen Standard” bei der IT-Ausstattung begnügen müssen. Fast alle davon Betroffenen (nämlich rund 60 Prozent) halten die ihnen aktuelle zur Verfügung gestellte IT-Arbeitsumgebung daher für “nicht zeitgemäß”. Fast 20 Prozent gehen sogar soweit, ihre IT-Arbeitsausstattung als “frustrierend” zu bezeichnen.

Jeder sechste Teilnehmer hat sogar bereits auf eigene Kosten in die Verbesserung der IT-Ausstattung investiert. Aber auch das sieht man nicht in allen Firmen gern: “Die Nutzung privater Technik und öffentlich zugänglicher IT-Anwendungen zieht wiederum einen weiteren Wildwuchs in der IT nach sich, der zusätzlich für Unzufriedenheit und Ineffizienz sorgt. Um die damit einhergehenden Risiken zu begrenzen, müssen Alternativen geschaffen sowie die Eigeninitiativen der Mitarbeiter in entsprechenden Strategien und Richtlinien berücksichtigt werden”, teilen die Autoren der Studie mit.

Zudem besteht die Gefahr, dass sich durch die Eigeninitiative mancher die Kluft zwischen gut und schlecht ausgestatteten Mitarbeitern noch erhöht, oder sich ein Teil der Mitarbeiter mehr oder weniger vom Rest der Firma abkoppelt und in ihrem eigenen Kosmos schwebt. Denn der auch als “Bring Your Own Device” (BYOD) bezeichnete Trend zur Eigeninitiative stößt bei der Mehrzahl der Mitarbeiter nicht auf große Gegenliebe: 71 Prozent der Angestellten würden nämlich eine stärkere Trennung zwischen privat und beruflich eingesetzten Anwendungen und Mobilgeräten innerhalb ihres Unternehmens bevorzugen. Der Anteil der “Bring-Your-Own-Device”-Skeptiker ist laut Studie über alle Firmenbranchen hinweg ähnlich hoch ausgeprägt. Einzige Ausnahme sind die Mitarbeiter in den IT-Abteilungen und -Firmen. Dort sprechen sich lediglich 55 Prozent dagegen aus.

Routinetätigkeiten nehmen in Firmen immer mehr Zeit in Anspruch (Grafik: PAC/Computacenter).
Routinetätigkeiten nehmen in Firmen immer mehr Zeit in Anspruch (Grafik: PAC/Computacenter).

Aber nicht nur an der Hardware hapert es in deutschen Büros: Auch der zunehmende, geschäftliche Einsatz von Anwendungen, die im Internet oder in App Stores frei verfügbar sind, ist zu beobachten. 20 bis 26 Prozent der Befragten greifen im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit auf solche Angebote zu. Mitarbeiter wollen damit in der Regel sogar das Beste für sich und ihre Firma erreichen – nämlich besser mit Kollegen zusammenzuarbeiten, gehen dabei jedoch erhebliche Risiken ein. “Die zunehmende Nutzung öffentlich zugänglicher Anwendungen und Dienste auf mobilen Endgeräten des Unternehmens birgt aber ähnliche Sicherheitsrisiken wie die berufliche Nutzung privater Endgeräte”, erklärt Computacenter-Experte Rapp. Dies kann man wohl nur unterschreiben, denn 29 Prozent der Befragten wissen für diese Fälle von keinen Richtlinien ihrer Firma.

“Die Aussagen der Befragten liefern klare Belege für die steigende Komplexität der IT-Arbeitsumgebungen. Diese bestehen nicht mehr nur aus fest installiertem PC, Office-, E-Mail- und Fachanwendungen”, betont Andreas Stiehler. “Administratoren müssen heute mit einer Vielzahl von Gerätetypen und Anwendungen jonglieren. Um den Mitarbeitern das Leben zu erleichtern und den ‘Geräte- und Anwendungszoo’ vernünftig zu managen, sind ganzheitliche Strategien geradezu zwingend.” Diese zu entwickeln, umzusetzen und damit auch die Mitarbeiter effizienter zu machen, sieht Stiehler als Aufgabe der IT-Verantwortlichen.

Anteil alter Netzwerkgeräte in Firmennetzen auf Höchststand

Ausfallraten und Fehler sidn bei objektiv veralteter Netzwerkausrüstung nicht höher als bei neu angeschafften Produkten (Grafik: Network Barometer Report 2014 / Dimension Data)
Ausfallraten und Fehler sind bei objektiv veralteter Netzwerkausrüstung nicht höher als bei neu angeschafften Produkten (Grafik: Network Barometer Report 2014 / Dimension Data).

Dienstleister Dimension Data weist in seinem Network Barometer Report 2014 auf ähnliche Tendenzen im Netzwerkbereich hin, wie PAC und Computacenter sie im unmittelbaren Umfeld der Mitarbeiter sehen: Unternehmen investieren so spät wie möglich in die Erneuerung des Netzwerks.

“Mit 51 Prozent hat der Anteil alternder und veralteter Geräte in Unternehmensnetzwerken weltweit seinen höchsten Stand seit sechs Jahren erreicht”, so die Zusammenfassung im Network Barometer Report 2014. Als alternde Geräte werden dabei solche bezeichnet, die zwischen drei und fünf Jahre alt sind, vom jeweiligen Anbieter nicht mehr verkauft werden und so vom Auslaufen des Supports betroffen. Der Definition der Studie zufolge sind “veraltete Geräte” in der Regel älter als fünf Jahre und werden vom Hersteller nicht mehr unterstützt.

Der Network Barometer Report 2014 basiert auf 288 von Dimension Data durchgeführten „Technology Lifecycle Management Assessments“, in deren Rahmen 74.000 Geräte erfasst wurden. Diese Assessments fanden bei Organisationen unterschiedlicher Größe aus sämtlichen Branchen in 32 Ländern statt. Sie wurden durch Daten aus 91.000 Servicefällen ergänzt, die in von Dimension Data betreuten Kundennetzwerken aufgezeichnet wurden.

“Im Laufe der vergangenen Jahre haben wir eine stetige Zunahme alternder und veralteter Geräte beobachtet – die gängige Annahme war, dass ein technischer Innovationszyklus bevorstünde. Doch unsere Daten zeigen, dass Unternehmen ihre Netzwerk-Assets länger als erwartet nutzen”, erklärt Jörg Jakobi, Manager Technical Sales Dimension Data Deutschland.

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Schwierigkeiten durch alte Netzwerkinfrastrukturen stehen eher ins Haus, weil diese zum Beispiel PoE oder Gigabit-Ethernet nicht so unterstützen, wie man das für neue Konzept benötigt (Grafik: Dimension Data).

Jakobi sieht für die Entwicklung drei Gründe: Zunächst setzten im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise viele Unternehmen den Rotstift an. Außerdem trägt das breiter werdende Angebot von IT-as-a-Service-Modellen dazu bei, dass sich die Notwendigkeit von Investitionen in die unternehmenseigene Infrastruktur reduziert. Und drittens sieht Jakobi die Diskussion um programmierbare, softwaredefinierter Netzwerke als einen Punkt, der viele Unternehmen die Entwicklungen auf dem Markt abwartend beobachten lässt. Diese Haltung werde sich ihm zufolge in den nächsten 18 bis 36 Monaten noch stärker bemerkbar machen.

Gänzlich verdammen will Jakobi die Sparfüchse unter den Firmen nicht. Denn grundsätzlich sei die Entscheidung, Assets so lange wie möglich zu nutzen, nicht falsch. Seiner Ansicht nach sollten Unternehmen jedoch Investitionen in operative Supporttools und -prozesse – insbesondere für das Problem- und Change-Management – nicht vergessen, denn die seien wichtig, um sicherstellen, dass Standards, Compliance-Richtlinien und Infrastrukturpläne eingehalten und den Anforderungen des Geschäftsprozesses weiterhin Rechnung getragen werden kann.

“Die Kunden müssen einen Perspektivwechsel vornehmen, indem sie ihre Netzwerkarchitektur als Ganzes und nicht nur die individuellen Geräte betrachten”, gibt Jakobi zu bedenken. Geräte und Netzwerkarchitekturen sollten nicht nur aktualisiert werden, um einer Überalterung vorzubeugen – vielmehr sollte der Wandel von den Anforderungen des Geschäftsprozesses geleitet werden.

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