3D-Drucken leitet neue Do-it-Yourself-Bewegung ein

DruckerWorkspace

Gleich mehrere Messen zum Thema 3D-Drucken finden in Deutschland statt, und wieder einmal geht die IT-Szene einer neuen Bewegung voraus: Der Trend zum Selbermachen kommt wieder. Statt professionelle Architektur- oder Automodelle herzustellen, bauen die “Maker” etwa Spielfiguren für Brettspiele, Passstücke für kaputte Möbel und dergleichen.

Auch der Erfolg des britischen Mini- und Billigcomputers Raspberry Pi passt ins Bild: Von ihm wurden in zehn Monaten bereits fast eine Million Stück verkauft. Daraus entstanden inzwischen nicht nur preiswerte Supercomputer, sondern auch ERP-Appliances und sogar Unterwasser-Roboter. Und rund um den gehäuselosen Rechner gibt es bereits nicht nur eine Community, die Apps programmiert, sondern auch Enthusiasten, die eine Vielzahl von Gehäusen anbieten – teils kommerziell, teils aus reiner Liebhaberei.

“Wir haben da schon mal was vorbereitet”

Während es in den Siebzigern zur ersten Do-it-Yourself-Welle bei Jean Pütz im Westdeutschen Rundfunk oft hieß “wir haben da schon mal was vorbereitet” muss es nun eher heißen “wir haben schon mal das 3D-Modell zusammengesetzt”.

Inzwischen baut man auch eher schon mal den 3D-Drucker selbst zusammen (wie es geht zeigt ein Workshop auf der Make Munich), erzeugt seine 3D-Modelle mit freier Software oder holt sie aus Internet Communities wie Thingiverse.

Konsumenten drucken Kleider, Blumenvasen und dergleichen mehr. Dass der Kreativität keine Grenzen gesetzt sind, soll die Messe Make Munich zeigen. Und dass die neue Bewegung nicht nur auf 3D-Drucke, Computerdesign, interaktive Kunst und Hacking  beschränkt ist, zeigt das Messeprogramm der neuen, themenübergreifenden “Maker-Bewegung”, wo es auch um Musik, Basteln, Robotersteuerung und Handarbeit geht.


In der Zusammenstellung einer Veranstaltung im Vorfeld der Make Munich zeigt Kirsten Langsdorf von Huij.org, wie sie Seife selbst produziert – die Form dafür kommt aus dem 3D-Printer.

Die Aufbruchstimmung der IT-Freaks strahlt aber nicht nur ins Bastel-Milieu aus – auch in Politik und Gesellschaft schlägt sich der kreative Überschwang nieder.

Kreativ und chaotisch in Politik und Gesellschaft

Piratenpartei
Auch irgendwie aus der IT heraus groß geworden: Die Piratenpartei.

Auch die deutsche Piratenpartei hat ihre ursprünglichen Wurzeln im eher kreativen Chaos der Hackerszene und IT-Administratoren. Doch bis die Partei sich professioneller organisiert, werden wohl noch ein paar Jahre vergehen – wie seinerzeit bei den Grünen, die Zeit brauchten, um aus der reinen Umwelt-Aktivisten-Szene herauszukommen.

Dass sich auch die 3D-Druckerszene zunächst unkonventionell gibt, zeigt das Beispiel von Dieter Hund. Er hängte die Arbeit in der Harley-Davidson-Motorradwerkstatt an den Nagel, um professionelle 3D-Drucker bei GermanRepRap zu bauen oder Hobbyisten wie professionelle Anwender bei Schulungen zu unterstützen, eigene 3D-Drucker zusammenzubauen oder 3D-Designs selbst zu erstellen.

Karim Hamdi vom 3D-Druck-Vermittlungsdienst Fabbeo sieht häufige Anwendungsgebiete der 3D-Drucker im Hobbybereich: Mal eben ein paar Lego-Bausteine basteln, Modeschmuck herstellen und so weiter. Auch im Haushalt findet sich seiner Meinung nach ein Einsatzgebiet, etwa beim Auswechseln eines kaputten Duschvorhang-Verbindungsstücks – oder etwas professioneller beim Einsetzen von Windrädern für die eigene Stromerzeugung.

3D-Drucker für jeden Einsatzzweck

Ventilatoren aus dem 3D-Drucker
Auch Ventilatoren für heiße Tage können aus dem 3D-Drucker kommen (Bild: Thingiverse)

Der erste bezahlbare und am weitesten verbreitete 3D-Printer ist das Selbstbaukit Ultimaker aus den Niederlanden. Doch immer mehr Hersteller tummeln sich auf  Markt, die Preise werden günstiger. So wird mit Crowdfunding über Kickstarter der Deltamaker finanziert – seinen Ursprung findet er in bereits verbreiteten Roboterbausätzen.

Auch die Stepppermotoren für die Druckdüsenbewegung der 3D-Printer werden immer billiger, weiß Nils Hitze, Geschäftsführer von 3DDinge.de. Er verhandelt momentan mit Herstellern aus Honkong, um damit noch billigere und noch kleinere 3D-Druckermodelle anbieten zu können.

Die Münchner Veranstaltung Ende April in der Tonhalle ist erst der Anfang, sind sich alle Insider sicher. Viele neue Geräte und Druckmaterialien werden noch kommen.

Tonhalle München
Die hier noch leere Tonhalle München wird sich Ende April mit einer neuen Generation von Do-it-Yourself-Enthusiasten füllen. 3D-Druck ist nur der Auslöser vieler weitreichender kreativer Ideen.

GermanReprap-Geschäftsführer Florian Bautz druckt bald auch mit völlig neuen Materialien, die keiner für möglich gehalten hätte – “aber das ist noch nicht spruchreif und noch in der Experimentierphase”, sagt er. Und mit einem weiteren Material erleichtert das Unternehmen den Bau von Formen für den Spritzguss: “Objekte aus Nylon drucken, dann in Sand abdrücken und das Nylon ausbrennen. Nylon hat den Vorteil, dass es rückstandslos ausbrennt”. Bisher mussten Spritzgussformen aufwendig gefräst werden.

Und so beginnt mit den neuen Drucktechniken eine neue Ära des Billigerproduzierens oder Selbermachens – mit weitaus mehr Möglichkeiten als die eher technisch fixierte IT-Industrie sich das derzeit noch vorstellen kann.

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