Tischcomputer mit Multitouch und Windows im Überblick

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Mit der Touchscreen-Technik hat Microsoft bisher wenig Glück. Sowohl bei Smartphones mit Windows Phone als auch bei den Surface-Tablets können die Verkaufszahlen mit denen der erfolgreichen Konkurrenz von Apple oder Samsung nicht mithalten. Doch vielleicht ist Microsoft ja erfolgreich, wenn die Geräte ein paar Nummern größer werden.

So wie der Tischcomputer “Surface”, den Microsoft-Chef Steve Ballmer erstmals Ende Mai 2007 auf der Konferenz D: All things digital und danach auf der Cebit 2008 vorgestellt hatte.

Dank der ausgefeilten Multitouch-Technik konnten daran schon in der ersten Version mehrere Anwender gleichzeitig arbeiten. Staunend konnte man zusehen, wie die Microsoft-Vertreter Anwendungen auf der Multitouch-Platte Bilder größer und kleiner machte, drehte, hin- und herschob oder umsortierte. Im Inneren des Hightech-Tisches waren Infrarot-LEDs und insgesamt vier Kameras dafür zuständig, Bewegungen von Händen oder Fingern zu erkennen.

Nachteil des Geräts: Es war noch sehr unförmig und schwer. Und sehr teuer. Dann hörte man erst mal sehr wenig von Microsofts famoser Erfindung.

Bei Samsungs SUR40 ist jeder Bildpunkt mit einem lichtempfindlichen Sensor verbunden, so kann der Computertisch Gegenstände erkennen, die darauf abgelegt werden. (Foto: Samsung)
Bei Samsungs SUR40 ist jeder Bildpunkt mit einem lichtempfindlichen Sensor verbunden, so kann der Computertisch Gegenstände erkennen, die darauf abgelegt werden (Foto: Samsung)

Samsung präsentiert marktreifes Modell

Ende 2011 stellte Samsung dann den 101,6 Zentimeter (40 Zoll) großen Multitouch-Tisch “SUR40” mit einer weiterentwickelten Version der Microsoft-Technik vor. War die erste Version noch mit Infrarot-Sensoren im Panel ausgestattet, nutzt Microsofts Pixelsense in “SUR40” mehr als zwei Millionen lichtempfindliche Sensoren. Jeder Bildpunkt ist dabei mit einem solchen Infrarotsensor verknüpft.

So kann das Gerät auch Gegenstände erkennen, die auf der Platte abgelegt werden. Der Nutzer könnte so beispielsweise seine Visitenkarte auf die Tischplatte legen und sein Gegenüber könnte diese – entsprechende Software vorausgesetzt – erkennen und auf sein Smartphone übertragen lassen.

Bis zu 50 Berührungen erkennt das Gerät. Der integrierte Rechner wird von AMDs Athlon II X2 Dual Core-Prozessor angetrieben, das Betriebssystem ist Windows 7. Der Tischcomputer von Samsung kostet laut Listenpreis 8999 Euro. Microsoft bietet für “SUR40” ein Software Developer Kit, so dass Unternehmen maßgeschneiderte Anwendungen dafür entwickeln können.

Nun wird aus den Riesendisplays mit Multi-Touch-Technik langsam aber sicher ein Trend. Vor allem in Unternehmen werden sie beispielsweise für Präsentationen genutzt, als Whiteboards oder auch für Videokonferenzen, bei denen die Teilnehmer gleichzeitig an einem Dokument arbeiten. Die meisten verwenden aber nicht Microsofts aufwendige Pixelsense-Technik, sondern kapazitive Touchscreens.

Der Mondopad von Infocus ist ein Multitouch-Display für Präsentationen und Videokonferenzen. (Foto: Infocus)
Der Mondopad von Infocus ist ein Multitouch-Display für Präsentationen und Videokonferenzen (Foto: Infocus).

Mondopad: Display für Präsentationen und Videokonferenzen

Ein Beispiel ist der Mondopad von Infocus. Das 55-Zoll-Display mit integriertem Core-i5-Rechner und Full-HD-Auflösung (1920 mal 1080 Pixel) kann zwei Berührungen gleichzeitig verarbeiten. Laut Hersteller soll das Multitouch-Display für Präsentationen und Videokonferenzen genutzt werden.

Während einer Präsentation kann der Anwender etwa bestimmte Elemente hervorheben oder markieren. Bei Videokonferenzen kann jeder Beteiligte Änderungen an einem gemeinsamen Dokument machen.

Windows 7 Professional und Office 2010 sind im Mondopad schon vorinstalliert. Für Videokonferenzen sind eine Webcam und gleich vier Mikrofone eingebaut. Seit Oktober 2012 ist auch eine Mondopad-Version mit Windows 8 erhältlich. Das Gerät kostet knapp 6000 Euro.

Multitouch-System von Pyramid

Auch das Freiburger Unternehmen Pyramid Computer bietet Multitouch-Systeme mit extra großem Display. Der Polytouch 32 Classic beispielsweise arbeitet mit einem kapazitativen Touchscreen und erkennt bis zu 20 Berührungen gleichzeitig. Das Gerät mit einer Bildschirmdiagonale von 32 Zoll (80 Zentimeter) und Full-HD-Auflösung ist mit einem schnellen Intel-Core i7-Prozessor ausgestattet.

Als Betriebssystem nutzt Pyramid entweder Windows 7 oder Windows 8. Auch Ubuntu ist auf Wunsch installierbar. Als Einsatzbereiche werden beispielsweise Infoterminals genannt oder auch Produkt-Promotionen.

Inzwischen mischt auch der chinesische IT-Riese Lenovo mit. Schon 2012 kam der All-in-One-PC Ideacentre A720 in den Handel, der auf seinem 27-Zoll-Display bis zu zehn Berührungen gleichzeitig erspürt. Der Rechner ist in erster Linie fürs Home Entertainment gedacht und in der aktuellen Version auch mit Windows 8 lieferbar.

Für Consumer ist das Ideacentre A720 von Lenovo gedacht (Foto: Lenovo).
Für Consumer ist das Ideacentre A720 von Lenovo gedacht (Foto: Lenovo)

Auf der CES 2013 in Las Vegas hat Lenovo ein weiteres 27-Zoll-Modell präsentiert, das ebenfalls bis zu zehn Eingaben gleichzeitig erkennen soll. Daneben soll demnächst das Modell Gamma mit 39 Zoll Diagonale erscheinen. Das Gerät soll etwa 1700 Dollar kosten, Euro-Preise stehen noch nicht fest.

Dateien gemeinsam bearbeiten, das ermöglicht das interaktive Multitouch-Display von Evoluce (Foto: Evoluce).
Dateien gemeinsam zu bearbeiten ermöglicht das interaktive Multitouch-Display von Evoluce (Foto: Evoluce).

70-Zoll-Displays und Gestensteuerung

Eindeutig und ausschließlich für professionelle Anwendungen in Unternehmen gedacht sind die Produkte von Evoluce. Dessen Touchdisplays reichen von 40 bis 70 Zoll und können je nach Ausführung sechs oder 32 Eingaben gleichzeitig registrieren. Die Modelle werden dabei jeweils mit Software ausgeliefert, die für die Bedürfnisse des jeweiligen Kunden maßgeschneidert ist.

Neben der Aufstellung in Bereichen wie Point of Sale, Digital Signage oder Museen könnten Unternehmen das Riesen-Tablet von Evoluce auch im Büro aufstellen. So könnten sie damit im Konferenzraum ihren Kunden und Besuchern Produktdemos zeigen oder auch Mitarbeiter gleichzeitig an einer Präsentation arbeiten lassen.

Doch Forscher und Entwickler arbeiten schon längst an der nächsten Technologie nach den Touchscreens. Einen solchen schon recht konkreten Blick in die Zukunft werfen kann man mit dem Evoluce SDK (Software Development Kit) für Microsofts Kinect-Plattform. Eigentlich ist Kinect zur Steuerung von Xbox-Spielen gedacht. Durch integrierte Kameras und Mikrofone steuert der Nutzer damit Spiele via Gesten und Zuruf. Das funktioniert bis zu einem Abstand von maximal 4,5 Metern. Denkbar wären aber auch professionelle Anwendungen, wie Evoluce sie plant.

Microsofts Kinect erlaubt die Steuerung des PCs über Gesten. Die Technik könnte eines Tages auch in Unternehmen zum Einsatz kommen. (Foto: Evoluce)
Microsofts Kinect erlaubt die Steuerung des PCs über Gesten. Die Technik könnte eines Tages auch in Unternehmen zum Einsatz kommen (Foto: Evoluce)

Auch wenn man noch nicht von einem großen Trend sprechen kann: Sinkende Preise für Displays und schnelle Prozessoren werden in Zukunft dafür sorgen, dass interaktive Displays und Tischcomputer sich immer mehr auf dem Markt durchsetzen. Hierfür hat Microsoft mit Techniken wie Surface, Pixelsense oder Kinect gleich mehrere Trümpfe in der Hand. Die Chancen, dass der Software-Gigant beim nächsten Technologiesprung nach den Tablet-PCs wieder vorne mit dabei ist, sind also gar nicht so schlecht.

Interview: Wie Infocus den Markt für Touch-Displays sieht

Das Unternehmen Infocus stellt neben Business-Projektoren auch das Touch-Display Mondopad her. Inzwischen gibt es das Display auch mit Windows 8. Michael Kühn, General Manager, beantwortet die Fragen von ITespresso.

"Tablets und Windows 8 haben die Touch-Technik in alle Applikationen und Anwenderkreise gebracht. Der Markt für Large Format Touch-Displays wird sich in den nächsten Jahren sprunghaft vergrößern." Michael Kühn, General Manager, Infocus EMEA
“Tablets und Windows 8 haben die Touch-Technik in alle Applikationen und Anwenderkreise gebracht. Der Markt für Large Format Touch-Displays wird sich in den nächsten Jahren sprunghaft vergrößern”, so Michael Kühn, General Manager, Infocus EMEA.

ITespresso: Wie gut verkauft sich diese doch noch sehr exotische Technik?
Kühn: Mondopad ist viel mehr als Ein Touch-Display. Mondopad ist eine vertikale Komplettlösung für Kollaboration, Präsentieren, Video Telefonie. Zusätzlich zu den Mondopad spezifischen Funktionen können sämtliche anderen Applikationen – auch spezielle des Unternehmens – installiert werden, da es sich ja um einen ganz normalen Windows-PC handelt. Wir haben Kunden mit ganz unterschiedlichen Anwendungsbereichen.

In den USA verkaufen sich Mondopad Lösungen sehr gut mit 4-stelligen Stückzahlen pro Quartal. In Deutschland liegen wir noch etwas zurück. Für noch breitere Anwendungsbereiche haben wir jetzt zur CeBIT BigTouch vorgestellt, ein universelles Touch-Display mit Windows 8-PC.

Welche Art von Unternehmen sind Ihre Kunden, bzw. für welche Anwendungen nutzen diese das Mondopad?
Universitäten, Hotels, Werbeagenturen, Beratungsgesellschaften, Verwaltung, aber auch der Mittelstand. Die hauptsächlichen Anwendungen sind Präsentationen aller Art mit der Möglichkeit, live externe Teilnehmer aktiv mit einzubeziehen. Aber auch Redaktionsbesprechungen, medizinische Beurteilungen – die Anwendungsbereiche sind vielfältig

Wie entwickelt sich der Markt aus Ihrer Sicht?
Ohne Frage haben die Tablets und jetzt Windows 8 die Touch-Technik in alle Applikationen und Anwenderkreise gebracht. Touch-Displays für Kioske oder Kassenterminals gibt es schon seit 20 Jahren, jedoch mit schlechter Auflösung und unscharf.

Die Technik ist erst jetzt so weit. Daher wird sich der Markt für Large Format Touch-Displays in den nächsten Jahren sprunghaft vergrößern.

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