CeBIT 2012: Rendezvous der CIOs
Presseberichte über die CeBIT waren in den letzten Jahren meistens durch unschöne Schlagzeilen wie »Rückgang der Besucherzahl« oder »Firma XY kehrt der CeBIT den Rücken« gekennzeichnet. Consumerorientierte Veranstaltungen wie die CES in Las Vegas oder die IFA in Berlin stahlen der einst so strahlenden Computermesse (CeBIT, Centrum für Büroautomation, Informationstechnologie und Telekommunikation) regelmäßig die Schau.
Noch im Jahr 2001 hatte die Messe mit 830 000 Besuchern und über 8100 Ausstellern einen danach nie wieder erreichten Rekord erreicht. In den Folgejahren gingen die Zahlen für Aussteller und Besucher stetig zurück. 2010 war mit 334 000 Besuchern der Tiefpunkt erreicht.
Brasilien als Partnerland
Inzwischen hat sich die Messe auf niedrigerem Niveau wieder gefangen. Schon 2011 war mit rund 339 000 Besucher und 4200 Unternehmen aus 70 Ländern ein gutes Jahr. Den Aufwärtstrend will der Veranstalter Deutsche Messe AG jetzt fortsetzen.
Auch 2012 soll die CeBIT (6. bis 10. März) ihrem Ruf als weltweit wichtigste IT-Messe wieder gerecht werden. Ein Indiz hierfür ist, dass wie auch im vergangenen Jahr Bundeskanzlerin Angela Merkel zur Eröffnung erscheinen wird. Googles Eric Schmidt, Ex-CEO und Vorsitzender des Verwaltungsrates, wird die Eröffnungsrede halten.
Daneben konnte Brasilien als Partnerland gewonnen werden. Brasiliens Staatspräsidentin Dilma Roussef wird zur Eröffnung der Messe in Hannover erwartet. Brasilianische Unternehmen der ITK-Branche exportierten allein 2009 Waren im Wert von 1,1 Milliarden US-Dollar, 2010 waren es schon 2,5 Milliarden US-Dollar. Brasilien ist der weltweit sechstgrößte Consumermarkt für IT-Produkte.
Die kreative deutsche Computerbranche
Welche Neuheiten die Veranstalter planen und welche Themen die Computermesse zu bieten hat, war auf einer zweitägigen Preview-Veranstaltung zu sehen. CeBIT-Manager Frank Pörschmann (Senior Vice President der Deutschen Messe AG) konnte sich in einem Eröffnungsvortrag einen Seitenhieb auf die CES in Las Vegas nicht verkneifen. Die Produkt-Innovationen auf der CES seien oft schon zehn Jahre vorher auf der CeBIT als Idee zu sehen. Deshalb wird auch die Messe in Hannover besonderen Wert darauf legen, die Kreativität der deutschen IT-Branche unter Beweis zu stellen.
Doch dazu später mehr.
Die Vielzahl der Themen versucht die Deutsche Messe mit deutscher Gründlichkeit und Ordnungssinn zu strukturieren. Das beginnt mit der grundlegenden Einteilung der CeBIT in die Plattformen Pro, Gov, Lab und Life mit den dazu passenden Ausstellern. Hinzu kommen Sonderschauen, Fachforen, Themenschwerpunkte und Konferenzen, die die Computermesse übersichtlich machen sollen.
Nicht zu vergessen das über allem thronende CeBIT-Motto. Es heißt »Managing Trust – Vertrauen und Sicherheit in der digitalen Welt«.
Big Data als Mega-Trend
Wie schon den vergangenen Jahren lauten die Hauptthemen auch 2012 wieder: Social Media, Mobilität, Cloud Computing und Big Data. Damit hält sich die CeBIT an die von Marktforschungsunternehmen wie Gartner, Forrester oder IDC ausgerufenen Trendthemen.
Schlagworte wie Cloud Computing oder Social Media kann so mancher Branchenexperte nicht mehr hören. Der kann sich dann immerhin mit dem Thema Big Data beschäftigen. Auch kein brandneuer Trend, doch die ungeheuer wachsende Datenflut und die Notwendigkeit, diese Daten zu organisieren und zu analysieren, geben dem Thema eine gewisse aktuelle Dringlichkeit.
Nach einer Umfrage nutzen Firmen, die eine entsprechende Datenmanagement-Strategie haben, bereits zu 64 Prozent alle der verfügbaren Daten und 53 Prozent glauben, dass sie dadurch bessere Geschäfte machen.
Insbesondere Datenbanken und Analyse-Tools aber auch Softwarekategorien wie Enterprise Content Management (ECM), Business Process Management (BPM) und aufwendige Speicherlösungen sollen helfen, die Datenflut in Griff zu kriegen.
Entsprechende Lösungen zu besichtigen sind auf der Sonderschau in Halle 6. Hier stellen Firmen wie Tibco Spitfire, SAS, Actian, Comma Soft, Cubeware, Evidanza und natürlich die Altmeister von IBM ihre Lösungen vor.
Cloud Computing und Sicherheit
Wer sich für Neuerungen beim Cloud Computing interessiert, sollte die Halle 4 aufsuchen. Die Cloud Computing-World präsentiert Unternehmen wie Accenture, Citrix, EMC, Equinix, Siemens Enterprise Communications und andere mit ihren Angeboten.
Der Schwerpunkt liegt auf dem Aspekt Sicherheit, schließlich soll sich Cloud Computing auch in das CeBIT-Motto »Managing Trust« einfügen. Für den Großteil der potenziellen Cloud-Kundschaft ist die Sorge um die Datensicherheit immer noch das Haupthindernis für den Einstieg ins Cloud Computing.
Sicherheit in Halle 12
Dazu passt auch das Schwerpunktthema in Halle 12. Hier stellen etablierte Sicherheitsanbieter wie beispielsweise Sophos, Kaspersky, Eset, Bit Defender und McAfee aus und zeigen neben altbekannten Viren- und Spam-Schützern auch Lösungen für biometrische Systeme, Kryptographie, mobile Sicherheit, Videoüberwachung oder Authentifizierung.
Auch das gute alte Rechenzentrum ist mit einer eigenen Sonderschau vertreten. Die Sonderschau »Professional Data Center« in Halle 11 rückt ebenfalls Themen wie Sicherheit und Datenverfügbarkeit in den Mittelpunkt.
Treff der CIOs
Schon seit Jahren versucht die Deutsche Messe AG, die CeBIT von einer reinen Produktschau zu einem dynamischen Treffpunkt für Branchenprofis, Experten und Geschäftsführer zu machen. So findet man beispielsweise in Halle 4 das »House of CIO« (CIO, Chief of Information ). Die Veranstalter erwarten hier mehr als 700 IT-Verantwortliche großer Konzerne aus aller Welt. Sie sollen sich hier zum Netzwerken und Diskutieren treffen.
Ebenfalls zum Kontakteknüpfen dient der Service Match & Meet. Nach einer Online-Registrierung muss der Nutzer sein persönliches Profil anlegen und hat dann nach dem Vorbild der Partnerbörsen die Chance, Kontakte zu passenden Geschäftspartnern oder Experten zu finden, mit denen er ins Geschäft kommen will. Auf dem Messegelände stellen die Veranstalter dann Besprechungsräume für die Geschäftsleute bereit.
Facebook-Direktor diskutiert mit Neelie Kroes
Die inzwischen erfolgreich etablierte Global Conference findet 2012 zum fünften Mal statt. Hier sind prominente Köpfe der IT-Branche geladen, die in Vorträgen oder Podiumsdiskussionen aktuelle Themen besprechen.
Als Referenten erwartet werden beispielsweise Amazons Chief Technology Officer Werner Vogels, Googles Engineering Director Jeremy Doig und Microsofts Chief Operating Officer Kevin Turner.
Gespannt sein darf man auch auf den Auftritt von Richard Allan, dem Director of Policy bei Facebook. Er wird sich mit EU-Kommissarin Neelie Kroes (Bild) darüber unterhalten, wie große Konzerne mit den privaten Daten ihrer Kunden umgehen können und sollen.
Innovationen und Glamour-Faktor
Doch es ist nicht das trockene Geschäft, das die Messe attraktiv macht. Das lockt vor allem keine Journalisten und Fernseh-Teams aufs Messegelände. Für den Glamourfaktor sind deshalb die bereits eingangs erwähnten Innovationen zuständig.
Hier gibt es einen von der Bitkom organisierten Wettbewerb namens Urban Solutions Pitch zu vermelden. Dabei geht es um neue Geschäftsideen »für das städtische Leben«. Zu den Gewinnern zählt beispielsweise eine Kita-Verwaltungssoftware namens Little Bird, mit der Eltern einen kompletten Überblick über die Kita-Plätze in ihrer Stadt erhalten und die Kita-Betreiber wiederum einen Überblick über alle Bewerbungen und Anmeldungen.
Little Bird und die anderen Gewinner des Bitkom-Ideenwettbewerbs werden in Halle 8 vorgestellt.
Starthilfe für Startups
Das ist aber nicht der einzige Innovationswettbewerb. Ein weiterer hört auf den futuristischen Namen »Code_n«. Hier geht es um mobile Lösungen. Die 50 besten lassen sich in Halle 16 bestaunen – in einem Areal, das eigens von Künstlern gestaltet wurde.
Initiiert wurde der Preis von Ulrich Dietz, Vorstandsvorsitzender von GFT Technologies. Dietz nennt einen interessanten Aspekt als Grund für den Innovationswettbewerb. Die deutsche IT-Branche sei zwar technologisch führend, doch fehle es »in der Breite noch an Durchschlagskraft«, um im internationalen Wettbewerb mit den Startups aus Silicon Valley mithalten zu können.
Hier soll der Code_n-Wettbewerb den deutschen Startups auch wirtschaftlich auf die Sprünge helfen.
Nach Aussage von CeBIT-Manager Frank Pörschmann haben die Veranstalter und ihre Partner insgesamt 100 000 Arbeitstage in die Vorbereitung der Messe investiert, davon allein 20 000 Arbeitstage von der Deutschen Messe selbst.
Vielleicht hilft das ja gegenüber der glamourösen CES wieder Punkte zu gewinnen. Statt nur gute Ideen zu zeigen, die dann als fertiges Produkt die CES schmückt, könnte die CeBIT in Zukunft die guten Ideen gleich als marktreife Produkte präsentieren. So würde die Computermesse in Hannover auch wieder schönere Schlagzeilen produzieren.