Durch iTunes entlarvter Plagiator gesteht

Allgemein

In diesem besonderen Fall von Piraterie verdiente auch die Musikbranche gut mit, wie wir bereits berichteten. Als eigentlichen Skandal könnte man sehen, dass die CD-Aufnahmen der Pianistin Joyce Hatto in der Welt der klassischen Musik für Furore und gute Umsätze sorgten, obwohl es sich größtenteils um digitale Kopien anderer Künstler handelte. So war eine Klassik-CD ohne jede Veränderung gerippt worden, während andere Aufnahmen etwas verlangsamt worden waren. Wieso kam die musikverständige Welt der Kritiker und CD-Käufer eigentlich nicht früher darauf?

Erst iTunes hatte einen Hinweis gegeben, da die nach Tracklänge berechnete Disc-ID nach der Online-Abfrage auf die CD eines anderen Pianisten verwies. Der Ehemann hat inzwischen gestanden, die digital geklaute Musik seiner verstorbenen Frau untergejubelt zu haben. Bis vor wenigen Tagen hatte er alles geleugnet.

Die Krebserkrankung seiner Frau – die die Medien nach ihrem Tod als eine der größten britischen Musikerinnen würdigte – habe ihr das Klavierspielen erschwert. Das habe ihn auf die Idee gebracht, rechtfertigte er sich, die Aufnahmen anderer Künstler in den Passagen einzusetzen, die sie nicht mehr zu spielen vermochte. Mit der Zeit habe er dann immer mehr Aufnahmen gefälscht. Die im Sommer 2006 verstorbene Joyce Hatto habe von den Fälschungen gar nichts mitbekommen, entlastet er sie nun.

Ehemann und Musikproduzent William Barrington-Coupe beteuerte, er habe es aus Liebe getan, um seiner Frau ein “glückliches Ende” zu bereiten. In einem Brief an den Musikverleger Robert von Bahr, der die Plagiate unter seinem Label BIS veröffentlichte, versicherte er: “Ich bin verzweifelt über meine törichten Entscheidungen.”

Die Zeitschrift Grammophone, die den digitalen Schwindel aufdeckte, wagt die romantische Geschichte allerdings aufgrund von Barrington-Coupes Vergangenheit zu bezweifeln. Denn der saß unter anderem bereits 1966 wegen Steuerhinterziehung im Gefängnis.

BIS-Verleger von Bahr wiederum will gar keinen Schadenersatz verlangen. Er wisse nicht, ob der betrügerische Produzent überhaupt Geld habe. Zudem es sei zu schwierig, den für sein Musiklabel entstandenen Schaden zu beweisen.

Kein Wunder – an dieser Piraterie haben alle gut verdient, und keiner hatte vor der iTunes-Berechnung etwas bemerkt oder bemerken wollen. Und auch die Zeitschrift Grammophone, die jetzt die große Enthüllungsgeschichte brachte, bejubelte zuvor die großartige Musik, die gar nicht von der Künstlerin selbst stammte.

(bk)

Linq

Grammophone

Alles nur geklaut: iTunes entlarvt Musik-Plagiate

Lesen Sie auch :