Apple – einfach mal mutig sein!

Allgemein

Die Einführung von Microsoft Windows Vista mitsamt seinen verwirrenden und zunehmend teuren Geschmacksrichtungen hat ein Zeitfenster der einmaligen Gelegenheit für Apple (zuvor Apple Computer) eröffnet. Wird Steve Jobs richtig mutig ins Risiko gehen, um seinen Marktanteil zu vergrößern, oder wird er auf Nummer sicher gehen mit seinem kleinen Fürstentum, das aus iPods, iTunes und dem kommenden Apple TV besteht?

Vielleicht sind Betriebssysteme für Steve nicht schick und sexy genug. Er versteht ja auch, dass man mehr laufende Einnahmen mit Musik für einen Dollar je Song machen kann als damit, ordentliche Hardware unter die Leute zu bringen.

Andererseits reiten die Massenmedien auf Vista herum, als hätten sie es mit einem toten Pferd zu tun. Die meisten sind so vom Gott Jobs angetan, wie man zwischen den Zeilen lesen kann, dass Microsoft morgen die Kernfusion vermarkten könnte, und es brächte ihnen doch nur lauwarme Besprechungen ein. Die übereinstimmende Sicht der brabbelnden Experten lautet: “Kauft euch Vista bloß nicht schon heute, es sei denn, ihr müsst euch morgen einen neuen Computer kaufen.”

Bei den Unternehmenseinkäufern wird es nicht viel helfen, dass Microsoft bereits davon redet, ein Service-Pack für Vista in der zweiten Jahreshälfte bringen zu wollen. Ein Schreiber hat die Veröffentlichung von Vista sogar als “Hackers Weihnachten” begrüßt. Es wird viel darüber geplaudert, dass ein SP auch nicht mehr bedeutet, was es einmal war, weil das Internet bereits jeden Monat durch den regulären Microsoft Patch Day, wie sie diesen Update-Reigen nennen, strapaziert wird. Selbst die Vermutung war bereits zu hören, dass die Ankündigung eines SP nur ein cleverer Marketing-Schachzug der Borg ist, um die Unternehmenseinkäufer zu täuschen, vielmehr von der Theorie zu überzeugen, dass ein kommendes SP für die reife und stabile Version eines Betriebssystems steht. (Wer jetzt “Hä?” gesagt hat, dem geht es ähnlich wie mir.)

Wenn es Apple ernst meinte, und ich meine wirklich ernst, was den Gewinn eines größeren Anteils am PC-Markt angeht, dann müssten sie darauf kommen, dass sie ihr Betriebssystem an ein oder zwei weitere Hardware-Hersteller lizenzieren / verkaufen müssen. Sicher, Apple hat den Weg der Lizenzierung schon zuvor mit gemischten Resultaten versucht. Aber es ist an der Zeit, über den eigenen Schatten zu springen, in den Spiegel zu sehen und zu verstehen, dass ein ganz mutiger Versuch angesagt ist.

Apple sollte sein Betriebssystem an Dell lizenzieren.

Warum Dell? Dell ist eine der wenigen Firmen, die eine solche Verbindung tatsächlich bewerkstelligen könnte. Sie machen Hardware von guter Qualität und wissen, wie man den letzten Penny aus der Herstellung quetschen kann. Es sollte ihnen keine besonderen Probleme machen, Mac OS X zu unterstützen. Tatsächlich sollte OS X ihre Supportkosten senken, da sie nicht mehr so viele dusslige Anrufe wegen den Problemen mit Windows XP / Vista bekämen.

HP könnte es ebenfalls bringen. Aber die sind wahrscheinlich noch zu sehr damit beschäftigt, wie viel sie zusätzlich aus dem eingekauften Voodoo herausholen können, bevor sie sich auf neues Gelände wagen. HP tendiert außerdem zu eher aufwendiger Hardware und Konzepten. Daher traue ich ihnen keinen Mac-Clone zu, der nicht mindestens 25 bis 35 Prozent mehr als Apples Boxen kostet. Das würde Apple zwar gar nicht stören, abgesehen von der Tatsache, dass das eine einmalige Lizenzvereinbarung bliebe, da HP keine Boxen zu einem Premium-Preis verschieben könnte.

Sony? Jetzt mal halb lang. Sony hat genug Probleme, sich bei der Hardware von proprietären Problemfällen aus dem eigenen Haus wie dem MemoryStick zu verabschieden. Außerdem könnten sie vielleicht mit einem Gehäuse aufwarten, das am Ende fast so cool wie die verschiedenen Inkarnationen von Apple wirkte.

Auf der anderen Seite könnte man eMachines zutrauen, einen sehr billigen Mac-Clone zu bauen. Der wäre dann aber zu billig, und das könnten Sir Steve und seine Mannen niemals ertragen. Ein gewisses Niveau muss doch gehalten werden.

Apple könnte den Schachzug verkaufen als “Dell ist so cool, deshalb mussten wir es einfach mit ihnen machen”. Darunter verborgen bliebe dann: “Sehen wir den Tatsachen doch ins Auge, abgesehen von einem hübschen Gehäuse und ein paar Hardware-Features haben wir doch die gleichen Intel-Boxen.” (Ich weiß, ich werde jetzt von einigen wütend schäumenden Mac-Besitzern hören, die darauf bestehen werden, dass die Teile unter der Haube von handwerklich geschulten Zen-Meistern ausgewählt und in einem fernen Land von Jungfrauen zusammengefügt werden, deren gesegnete Hingebung 24 Stunden an allen 7 Tagen nicht nachlässt – aber das ist einfach nicht so.)

Was hat Apple zu verlieren? Nichts.

Was hat Apple zu gewinnen? Einen größeren Marktanteil, Erschütterung / Zusammenbruch des Microsoft-Monopols auf dem Desktop für “den Rest von uns” (es reicht mit Linux, zu viele umständliche Schritte, um es für den Rest von uns brauchbar zu machen) – und außerdem eine gute Ablenkung von Steves Problemen mit der Börsenaufsicht.

(Von Doug Mohney / ins Deutsche übertragen von Bernd Kling)

Linq

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