Burning Crusade – ohne besondere Vorkommnisse

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“Echt, die Hölle ist los, 12.000 Leute!” plärrte einer in sein Handy. Keine Ahnung, mit was für Chemikalien oder Augen er die Welt besah – mehr als einige Hundert waren es um Mitternacht vom 15. auf den 16. Januar nicht, auch wenn ich nicht besonders gut darin bin, Menschenaufläufe zu schätzen.

Am meisten beeindruckte mich ein Japaner mit der massiven Körperfülle eines Sumo-Ringers. Es drängte mich, ihn zu fragen, ob er vielleicht für ein schnelles Fotos posieren mochte. Seine unglaublichen Körpermassen, die er langsam aber sicher zu bewegen vermochte, schreckten mich aber lange genug ab, um ihn in der zurückweichenden Menge untertauchen zu lassen.

Kurz nach Mitternacht ging ein kurzer Aufschrei durch die Menge. Die Eingangstüren zum unterirdischen Elektromarkt öffneten sich ein wenig. Es wurden aber immer nur wenige brennende Kreuzzügler eingelassen, so dass sich die Menge der Wartenden auch nach einer knappen Stunde noch nicht merklich verringert hatte.

Zu diesem Zeitpunkt aber war – wie sich später herausstellen sollte – die begehrte “Collector’s Edition” von World of Warcraft: The Burning Crusade bereits ausverkauft. Für die übrigen Käufer gab es nur noch die gewöhnliche Ausgabe, für die sie dann auch etwas schneller abgefertigt wurden.

Polizisten holten einen Jungen aus einem Baum, von dem aus er sich eine bessere Übersicht verschaffen wollte. Dem einzigen Team mit Fernsehkamera verwehrten sie, ihre Aufnahmen von einem Mauerpodest neben der U-Bahn-Treppe zu machen. Zuvor hatten sie leider auch schon meinen Fotografen vom Podest geholt, von wegen der Sicherheit.

Drei Mädchen stellten sich auf eine Bank und sprangen auf und ab, um die Blicke von Fotografen zu erhaschen. Nach jedem Foto wollten sie begeistert wissen, in welcher Zeitung es denn erscheinen werde.

Allmählich tauchten einzelne Menschen mit strahlenden Gesichtern, roten Elektromarkt-Tüten sowie Plakatrollen auf. Einer mit dem etwa halben Umfang eines Sumo-Ringers erzählte einer erstaunten jungen Polizistin strahlend von seinen Abenteuern in der Welt der Kriegskünste.

Wir folgten der Spur der Tüten. Sie führte durch die U-Bahn-Treppe hinab zu einem Ausgang des Elektromarktes in Höhe der U-Bahn-Unterführung. Die rund 4000 Quadratmeter des Marktes befinden sich nämlich in der Tief-Unterkellerung eines ganzen Häuserblocks, und nur der Eingang oberhalb führt hinaus ins Freie.

Die Spur war richtig, die Tütenträger wurden hier unten von Sicherheitsleuten durch einen schmalen Ausgang aus dem Markt entlassen. Im Laden selbst verliefen Absperrungen, die gar nicht blöde Kunden vom wilden, unkontrollierten, nächtlichen Einkaufsrausch abhalten sollten. Reichlich Schwarzgewandete mit scharfen Rasuren und kurzen Haarschnitten sorgten dafür, dass es unterirdisch ähnlich diszipliniert zuging wie oberhalb. In dieser prickelnden Atmosphäre durften die Käufer noch ein Autogramm von Lead-Dungeon-Designer Brian Morrisroe mitnehmen.

Als wir wieder die Treppe nach oben strebten, kam uns das Fernsehteam entgegen, das inzwischen ebenfalls die Spur der Tüten aufgenommen hatte.

Leider bekamen wir den Sumo-Ringer nicht mehr zu sehen. Ein Bild von ihm nach dem Burning-Crusade-Kauf wäre weit sensationeller gewesen als das ganze Nicht-Spektakel.

(bk)

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Im Hintergrund belagert eine disziplinierte Menge den Elektromarkt. Der Arm des Berichterstatters ragt zufällig mit einem Nokia 6630 ins Bild.

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