2006: PC-Branche auf den Kopf gestellt (Bilder)
Am meisten werden vermutlich die Bilder brennender Notebooks in Erinnerung bleiben – der INQ hatte sie zuerst, ebenso wie die Geschichte von Dells millionenfachem Rückruf der explosiven Sony-Akkus.
Das Jahr 2006 begann mit dem falschen Treueschwur Michael Dells zu Intel, den er auf der Bühne der CES in Las Vegas zu leisten hatte. Dabei hatte Intel längst seinen Deal mit Apple eingefädelt, und Chipzilla kam damit der lang erwarteten Adoption von AMD-Prozessoren durch Dell zuvor.
Auf Intels Developer Forum in San Francisco einen Monat später kamen beständige Gerüchte auf, dass Paul Otellinis Tage als Intel-Chef gezählt wären, wenn er es nicht umgehend schaffte, den schwerfällig vor sich hin stapfenden Chipzilla wieder in schnellere Bewegung zu bringen.
Noch einen Monat später, bei der CeBIT, kamen die ersten Gerüchte über wechselnde Allianzen innerhalb der Branche auf. Über die künftige Rolle von Nvidia, ATI, Intel und AMD wurde in alle Richtungen spekuliert. Intel wollte sich offenbar nicht von den Grafikfirmen die eigene Zukunft diktieren lassen und startete ein Projekt, das zu einem eigenständigen Grafikprozessor mit dem Intel-Logo führen könnte.
Das führte bei den Leuten von ATI, AMD und Nvidia zu höchster Aufmerksamkeit und Anspannung. Im Mai dementierte ATIs Dave Orton Gerüchte, dass Intel seine Firma übernehmen könnte – gab aber gleichzeitig zu verstehen, dass das Chipset-Geschäft dabei war, in eine Konsolidierungsphase zu kommen. AMD und ATI begannen sich daraufhin ernsthaft zu unterhalten. Und Dell gab im Mai schließlich zu, dass er AMD-Chips verwenden würde – nur den Opteron für High-End-Server, wie Kevin Rollins abwiegelte, aber der INQ wusste es längst besser. Es gab Risse in der glorreichen Allianz zwischen Dell und Intel.
Zur Computex-Zeit hatte sich die Zielrichtung der Gerüchte völlig verändert – jetzt war AMD der Verehrer und ATI die gar nicht so unwillige Braut. Diese Gerüchte wollten einfach nicht mehr verstummen.
Die Notebook-Branche und der Rest der Welt erwachten später im Juni mit viel Getöse, als der INQ die beiden Bilder eines Dell-Notebooks veröffentlichte, die auf einer Konferenz in Japan im Flammen ausgebrochen waren. Die Bilder gingen um die Welt, während die Mitarbeiter des INQ immer noch mehr Anfragen von Nachrichtenorganisationen zu bearbeiten hatten, die um die Genehmigung zur Veröffentlichung der Bilder nachfragten.
Er sickerte durch, dass Dell Millionen der von Sony produzierten Akkus zurückrufen würde – noch eine Geschichte, die zuerst im INQ zu lesen war. Offensichtlich war auch, dass nicht nur Dell zum Rückruf genötigt sein würde – am Ende musste eine ganze Reihe von Notebook-Herstellern die eigenen Erklärungen wieder herunterwürgen und doch zurückrufen.
Im späten Juli gestanden AMD und ATI ihre Liebe – nur drei Tage, nachdem der INQ sie verkündet hatte.
Es war klar, dass das die Landschaft der PC-Branche dauerhaft verändern würde. Nvidia geriet in die Defensive. Alle bestehenden Allianzen in Herstellung und Vertrieb kamen auf den Prüfstand.
Die Firma, die sich selbst für ihr ethisches Verhalten zu loben pflegte, musste sich schamvoll abwenden, als Vorwürfe gegen HP und hochrangige Mitarbeiter aufkamen, die mit übelsten Schnüffelmethoden sowohl Journalisten als auch eigene Manager verfolgt hatten. Der neue HP-Boss Mark “Teflon” Hurd baute weiter in hohem Tempo Arbeitsplätze ab, während er sich in Gedächtnisverlust übte und eine Kongress-Anhörung zu der Affäre aussaß.
AMDs Kartellverfahren gegen Intel schleppte sich das ganze Jahr 2006 hindurch so hin wie eine langsam brennende Zündschnur. AMD bekam selbst mit kartellrechtlichen Problemen zu tun, als das Justizministerium Nvidia, ATI und AMD im späten November Vorladungen zukommen ließen.
Es passierten auch noch andere Dinge. HP kaufte Voodoo PC. Microsoft lieferte eine Version von Vista und versprach, uns damit im neuen Jahr zu überschütten. Der frühere CA-Chef Sanjay Kumar fiel der Schande anheim und sieht seither durch Gitterstäbe in die Welt.
Sowohl Dell als auch Apple beendeten das Jahr nicht mit einem fröhlichen Feuerwerk, sondern begleitet von fortlaufenden Untersuchungen in eine offenbar firmenweite Malaise – die Rückdatierung von Aktien-Optionen. (Redaktion Inquirer/bk)
Hinweis: Den deutschen INQUIRER gibt es seit Mitte 2006. Neben dem englischsprachigen Original gibt es inzwischen außerdem eine französische, italienische und spanische Version.