Gute Pfadfinder gegen böse Raubkopierer
Auch so ein Abzeichen haben wollen? Es ist bunt, zeigt eine Musik-CD, eine Filmspule, ein Copyright-Symbol und die klare Aufforderung: Respektiere die Urheberrechte!
52.000 Pfadfinder zwischen 6 und 21 Jahren in Südkalifornien haben diese Chance, wenn sie an einem (Um-)Erziehungsprogramm teilnehmen, das von der “Motion Picture Association of America” (MPAA) veranstaltet wird. Im LobbySprech von MPAA-Boss Dan Glickman hört sich das so an:
“Eines unserer wichtigsten Mittel zur Bekämpfung der Piraterie ist die Erziehung, und ich kann die Pfadfinder von Los Angeles nur dafür loben, dass sie mit uns arbeiten, um das Bewusstsein über Piraterie unter ihren Gruppen in Los Angeles zu fördern.”
Und so stellt die MPAA das angeblich mit den Pfadfinderführern zusammen erarbeitete Erziehungsprogramm vor: “Der Lehrplan soll die Teilnehmer über Copyright-Diebstahl sowie die verschiedenen Formen von Piratentum informieren, und warum es so wichtig für sie und die lokale Wirtschaft ist, die Urheberrechte zu schützen. Die Scouts können zwischen verschiedenen Aktivitäten wählen, die sie für ein “Respect Copyrights”-Abzeichen qualifizieren. Zu den Aktivitäten gehören öffentliche Erklärungen zur Bedeutung des Urheberrechtsschutzes oder der Besuch eines Filmstudios, um mehr über die Menschen, die Zeit und die Kosten zu erfahren, die zur Herstellung eines Filmes erforderlich sind.”
Cory Doctorov von BoingBoing hält das für mehr als scheinheilig und sieht darin eher ein Gehirnwäsche-Programm:
“Das Verdienstabzeichen für zu repektierende Urheberrechte wird sicher kein Training über den fairen Gebrauch von Medien beinhalten oder darüber, dass die Filmindustrie in Hollywood sitzt, weil ihre Gründer sich hier in sicherer Entfernung zu Tom Edison sahen, um ungestraft gegen dessen Patente verstoßen zu können; dass Plattenspieler, Radios und Videorekorder als Piratentechnologie gesehen wurden, bevor das Gesetz angepasst wurde; oder dass die Unterhaltungsindustrie sich ohne Rücksicht auf die tatsächlichen Schöpfer bereichert, die durch nicht verhandelbare Verträge hereingelegt und durch mißbräuchliche Honorarpraktiken übervorteilt werden.”
Das werden ganz sicher auch die Pfadfinder und Pfadfinderinnen in Hongkong nicht zu hören bekommen. Und zum Nachdenken kämen sie ohnehin nicht mehr, sind sie doch längst zusammen mit den Behörden auf der Hexenjagd nach den “Copyright-Piraten”, die auf der Schulbank neben ihnen sitzen. (bk)