Neues Urteil verkompliziert Rechtslage bei Filesharing-Abmahnungen wieder

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Gerichtsurteil (Bild: Shutterstock)

Dem Oberlandesgericht München zufolge haften Eltern haften für ihre Kinder doch, falls sie wissen, welches der Kinder für die Urheberrechtsverletzung verantwortlich ist. Sie können dann der Strafzahlung – im verhandelten Fall 3544,40 Euro plus Zinsen, nur entgehen, wenn sie den Täter benennen.

Unter bestimmten Voraussetzungen haften Eltern als Anschlussinhaber doch für illegale Filesharing-Aktivitäten ihrer Kinder. Das hat das Oberlandesgericht München entschieden (Aktenzeichen 29 U 2593/15). Eltern, die den wahren Täter kennen, können die Zahlung der Strafe demnach nur abwenden, wenn sie den Verantwortlichen denunzieren. Seit einem Urteil des Bundesgerichtshofes vor rund zwei Jahren sahen Juristen die Rechtslage bei Filesharing-Abmahnungen so, dass zumindest für volljährige Kinder Eltern nicht in Anspruch genommen werden können.

Neues Urteil verkompliziert Rechtslage bei Filesharing-Abmahnungen (Bild: Shutterstock / Christos Georghiou)

In dem nun in München verhandelten Fall hatte ein Elternpaar eine Abmahnung wegen Filesharing erhalten. Ihnen wurde vorgeworfen, dass über ihren Internetanschluss Musik illegal über eine Tauschbörse illegal verbreitet wurde. Die Eltern weigerten sich jedoch, Abmahnkosten und den geforderten Schadensersatz zu bezahlen, da sie die vorgeworfene Tat nicht begangen haben. Die Eltern verwiesen darauf, dass ihre drei volljährigen Kinder ebenfalls Zugang zu dem Internetanschluss hatten. Sie wüssten zwar, welches ihrer Kinder es gewesen sei, seien aber nicht bereit, dessen Namen zu nennen.

Vor Gericht machten die Kinder von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch. Daraufhin verurteilte das Landgericht München I die Eltern zur Zahlung von insgesamt 3544,40 Euro plus Zinsen, wogegen sie Berufung einlegten. Allerdings schloss sich nun das Oberlandesgericht München der Auffassung des Landgerichts an. Die Richter begründen dies damit, dass die Eltern die gegen sie bestehende Vermutung der Täterschaft nicht erschüttert und ihrer sogenannten “sekundären Darlegungslast” nicht genügt hätten.

Alleine auf die theoretisch bestehende Zugriffsmöglichkeit ihrer Kinder zu verweisen reiche nicht aus. Sie hätten vielmehr konkrete Angaben zu der Urheberrechtsverletzung machen müssen. Hierzu hätten sie auch angeben müssen, welches Kind die Urheberrechtsverletzung begangen hat. Rechteinhaber könnten ihre Ansprüche ansonsten bei einer Familie mit gemeinsamen Internetanschluss kaum noch durchsetzen. In seiner Entscheidung hat das Gericht allerdings die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen, weil der Streitfall für eine Vielzahl von Filesharing-Verfahren von Bedeutung sei.

Solmecke Christian (Bild: WBS Law)
Anwalt Christian Solmecke (Bild: Solmecke / WBS Law).

Christian Solmecke von der Kanzlei Wilde Beuger Solmecke bezeichnet das Urteil des OLG München als “zweifelhafte Entscheidung zugunsten der Abmahnindustrie”. Laut Solmecke widerspricht die vom OLG München ausgesprochene Verpflichtung des Anschlussinhabers, den tatsächlichen Täter zu benennen, der Auffassung des Bundesgerichtshofs. Der zufolge reicht es aus, einen alternativen Sachvortrag vorzutragen, ohne einen konkreten Täter benennen zu müssen. In den vor dem Bundesgerichtshof verhandelten Fällen (I ZR 169/12 und I ZR 75/14) sei es allerdings auch jeweils so gewesen, dass die Betroffenen nicht wussten, wer die Tat begangen hat.

“Insofern stellen sich Abgemahnte derzeit besser, wenn sie vortragen, die Tat nicht selbst begangen zu haben. Darüber hinaus müssen dann noch andere Familienmitglieder genannt werden, die zur Tatzeit anwesend waren und als mögliche Täter in Betracht kommen”, so Solmecke. “Kommen allerdings minderjährige Täter in Betracht, muss noch vorgetragen werden, dass diese auch tatsächlich vorher belehrt worden sind. Volljährige Kinder und Ehegatten müssen vor der Internetnutzung nicht belehrt werden.”

[mit Material von Björn Greif, ZDNet.de]

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