Avira verklagt Freemium.com wegen Adware-Verbreitung
Der Streit zwischen Sicherheitsanbieter und Portal geht damit in die nächste Runde. Auslöser war Aviras Schritt, verstärkt gegen “potenziell unerwünschte Anwendungen” (PUA) vorzugehen. Mit einer Unterlassungsklage wegen Wettbewerbsverstoß war Freemium im Juni abgeblitzt.
Avira hat vor dem Landgericht Hamburg eine Klage gegen das Download-Portal Freemium.com angestrengt. Die Sicherheitsfirma wirft dem Berliner Unternehmen vor, Nutzer mit Tricks und Täuschungen zur Installation von Programmen zu bewegen. Diese könnten zumindest zum Teil deren Privatsphäre gefährden und die Sicherheit der von ihnen verwendeten Computer beeinträchtigen.
Aus genau diesen Gründen hat Avira bereits im Frühjahr seine Software dahingehend erweitert, dass diese verstärkt “potenziell unerwünschte Anwendungen” (PUA) erkennt und blockiert. Der Versuch von Freemium.com, Warnhinweise und Blockaden seiner Angebote durch die Sicherheitssoftware von Avira mittels einer Unterlassungsklage verbieten zu lassen, scheiterte im Juni.
Nun hat umgekehrt der Sicherheitsanbieter gegen den Softwareherausgeber geklagt. Er wirft ihm unlautere Geschäftspraktiken vor. “Es ist an der Zeit, den Kampf gegen diese Adware der nächsten Generation direkt an der Wurzel anzugehen”, sagt Avira-Geschäftsführer Travis Witteveen in einer Pressemitteilung. Seiner Ansicht nach betreibt Freemium.com unlauteren Wettbewerb, bei dem es rechtlich ungültige Verträge verwendet, und zudem das Recht der Verbraucher auf Privatsphäre verletzt.
Klagen kann Avira, weil es mit safeapps.avira.com selbst ein Portal betreibt, in dem Nutzer kostenlose Apps herunterladen können. Es ist somit also auch Wettbewerber von Freemium.com. Daher konnte dieses im Frühsommer auch die – allerdings gescheiterte – Unterlassungsklage einreichen. Denn wenn ein Anbieter eine Software verbreitet, mit der er konkurrierende Angebot blockiert, ist das grundsätzlich natürlich diskussionswürdig.
Freemium.com ist eine Tochter von Covus Ventures, das wiederum ein Joint Venture von ProSiebenSat1 und der Covus Group ist. Auf Anfrage von ITespresso teilte ProSiebenSat1 allerding mit dass man lediglich eine Minderheitsbetiligung halte, und Auskünfte zum Sachverhalt nur Freemium.com selber geben kann. Das Unternehmern hat bislang auf eien Anfrage nicht reagiert.
Im Mittelpunkt des Streits steht das Freemium.com-Softwareinstallationstool, ein sogenannter “Wrapper”, der nach Ansicht von Avira bereits selbst eine “unerwünschte Software” ist. Er greife auf Social-Engineering-Tricks zurück, die – ohne dass die Nutzer das zunächst bemerken -, sie dazu verleiten, zur eigentlich gewünschten Software zusätzlich weitere, potenziell unerwünschte, zu installieren. “Es gab den Fall, dass ein Nutzer eine einzige App herunterladen wollte und letztlich vier zusätzliche Programme, zwei Browser-Erweiterungen und eine Desktop-Verknüpfung zu einer Gaming-Seite hatte”, nennt Witteveen ein Beispiel.
In den vergangenen sieben Monaten hat Avira eigenen Angaben zufolge mit seiner Software Kunden über 225 Millionen Mal vor PUA gewarnt. “Mehr als 63 Millionen dieser Warnungen galten einem Installationstool, das dem von Freemium.com eingesetzten Tool gleicht. Dieses kann eine Anzahl von unerwünschte Anwendungen enthalten”, so Alexander Vukcevic, Leiter des Avira Virus Lab, in einer Stellungnahme
Als wesentliches Problem bei Freemium.com hat Avira ausgemacht, dass die Endbenutzer-Lizenzvereinbarungen (EULAs), die normalerweise das Verhältnis zwischen Kunde und App-Hersteller regeln, ungültig bis unsinnig sind. “In einem Extremfall nutzte ein deutsches Unternehmen englischsprachige Verträge, die dem ägyptischen Recht unterlagen, für deutsche Kunden”, so Claus Kaufmann von Avira. Durch die – möglicherweise rechtswidrigen Regelungen zur Datennutzung, können über die Apps in erheblichem Umfang Kundeninformationen verkauft und weitergegeben, die Datennutzung aufgezeichnet und Standorte bestimmt werden.