Gericht: Avira darf weiterhin vor Freemium.com-Angeboten warnen
Freemium wollte dies mit einer Unterlassungsaufforderung wegen vermeintlichem Wettbewerbsverstoß untersagen lassen. Anbieter von Security-Software bekommen damit gegenüber Anbietern von Adware, Toolbars und unbeabsichtigten Downloads ein wichtiges Argument an die Hand.
Freemium.com ist mit einem Versuch abgeblitzt, Warnhinweise und Blockaden seiner Angebote durch die Sicherheitssoftware von Avira verbieten zu lassen. Das Angebot, hinter dem die ProSiebenSat.1 Media AG steht, und über das eine Vielzahl an Spiele- und Downloadseiten sowie ein Downloadportal des Axel Springer Verlages gehostet werden, wollte mit einer Unterlassungsaufforderung erreichen, dass Aviras Antivirensoftware nicht mehr mit einer Sicherheitswarnung auf unbeabsichtigte Downloads bei Freemium hinweist. Der Anbieter bezeichnete das Vorgehen der Security-Spezialisten als Wettbewerbsverstoß. Der Schuss ging nun jedoch nach hinten los.
Wie Avira jetzt mitgeteilt hat, erlaubt das Gericht Avira mit seinem Antivirenprogramm auch weiterhin, Kunden vor Toolbars und potenziell unerwünschten Downloads zu warnen, die von Freemium.com und anderen Downloadseiten im Paket mit verbreiteten Spielen ausgeliefert werden. Dem Security-Anbieter zufolge ist das ein „Präzedenzfall bezüglich der Möglichkeiten von Internetsicherheitsfirmen wie Avira, wenn es darum geht, ihre Anwender vor potenzieller Adware, Malware und unbeabsichtigten Downloads zu schützen, die von Installationsfirmen wie Freemium eingesetzt werden.“ Die Freemium-Downloads werden also auch künftig als “Potenziell unerwünschte Anwendungen” (PUA) ausgewiesen.
“Dieses Urteil stellt einen wesentlichen rechtlichen Meilenstein im Kampf gegen die Irreführung der Kunden zum unbeabsichtigten Installieren ungewollter Software auf ihren Computern dar”, sagt Travis Witteveen, CEO bei Avira. “Anfang dieses Jahres haben wir klare Richtlinien festgelegt, die das unethische Verhalten von Software definieren und aufzeigen, was unsere Sicherheitssoftware blockieren wird. Wir glauben fest an Freemium und werbebasierte Geschäftsmodelle, allerdings müssen sie in ihrer Anwendung transparent und moralisch vertretbar sein.”
Erst vor kurzem hatte Microsoft, aus ähnlichen Gründen, aus denen Avira Nutzer vor den Freemium-Angeboten warnt, sich entschieden, ältere Versionen der Ask-Toolbar als Malware einzustufen. Sie wird von Windows Defender und Microsoft Security Essentials seitdem als solche erkannt und entfernt. Wie der Konzern erklärt, handle es sich um unerwünschte Software, da sie die Wahl des Suchanbieters ohne aktives Zutun des Nutzers ändern oder einschränken kann.
Das verstößt gegen die von Microsoft im Dezember 2014 beschlossen Richtlinien für Browsererweiterungen. Demnach werden keine Systemänderungen durch Browsererweiterungen mehr toleriert. Das gilt für alle Browser. Insbesondere nennt Microsoft zwei Verhaltensweisen, die nicht akzeptiert werden könnten: Wenn die Nachfrage beim Anwender, ob eine Installation einer Toolbar oder Erweiterung wirklich gewünscht ist, umgangen wird, zweitens, wenn Anwender durch das Programm davon abgehalten werden, Browserfunktionen oder Einstellungen zu ändern. Bei anderen Antivirusprogrammen, zum Beispiel dem von Eset, kann übrigens auch eingestellt werden, ob PUA akzeptiert oder geblockt werden sollen.
Bogdan Botezatu, Senior E-Threat Analyst bei Bitdefender, ist mit den Kollegen von Avira und Microsoft vollkommen einverstanden. “Bei seiner Arbeit als erste Verteidigungslinie sollte eine Antimalware-Lösung dem Nutzer die Informationen liefern die ihm dabei helfen, die Entscheidung zu treffen, ob er mehrere im Bundle kommende Produkte installieren will oder nicht. Die meisten Adware-unterstützten Anwendungen erleichtern die Installation von Programmen von Drittanbietern die die normale Nutzung des Computers durch den Besitzer negativ beeinflussen, etwa durch die Umkonfiguration von Startseite oder Suchanbieter oder das Einspielen verwirrender Anzeigen und ähnlichem”, erklärt Botezatu gegenüber ITespresso.
Diese “Angebote” verwendeten ausgeklügelte Nutzungsbedingungen und ausgefeilte Formulierungen um sich als hilfreiche Applikationen zu präsentieren, obwohl es ihr wahrer Zweck sei, mit dem Nutzer Geld zu machen. Teilweise verwendeten Anzeigenunterstützte Anwendungen auch eine breite Palette von Taktiken, die ganz nah an der Grenze zu einem gefährlichen Verhalten für den Nutzer seien.
Ein aktuelles Beispiel dafür sei das Tool Superfish, das vorinstalliert auf Computer-Hardware ausgeliefert wurde. “Da diese Praktiken in der Software-Branche immer öfter angewandt werden, sind wir der festen Überzeugung, dass die EU Antimalware-Anbietern erlauben sollte, Anwender bei ihrer Entscheidung zu unterstützen, bevor sie Anwendungen installieren, die als potenziell unerwünscht oder gar gefährlich angesehen werden.”