Geht Afrikas Smartphone-Boom an den einheimischen Entwicklern vorbei?

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Bild: (Shutterstock/Daniel M Ernst)

Der Technologiesektor in Afrika boomt. Grund dafür ist hauptsächlich der starke Anstieg der Mobiltelefonie und Smartphone-Nutzung. In den vergangenen Jahren haben sich im ganzen Kontinent Technologiezentren gebildet. Sie alle sind voller Entwicklern, die mit ihren Arbeiten die Probleme des Kontinents Stück für Stück lösen wollen. Eines dieser zentrene ist das m:lab in Nairobi. Es ist der Geburtsort hunderter von Apps, die sich um alles Mögliche – von Landwirtschaft bis Gesundheit und persönlicher Finanzplanung – drehen. James Nakola, der dort arbeitet, hat über die letzten zwei Jahre Dutzende solcher Apps geschrieben.

Toto Health (Bild: m::lab)
Die SMS-App Toto Health soll helfen, die Gesundheitsfürsorge afrikanischer Kinder zu verbesseren (Bild: m:lab)

Sein jüngstes Projekt heißt Toto Health. Es hilft Müttern, die Entwicklung ihres Kindes zu überwachen. Wie fast alle erfolgreichen Apps in Kenia benötigt sie keine Internet-Verbindung. Sie beruht auf SMS und läuft auch auf billigen Featurephones. Das, so Nakola, sei zur Zeit der einzige Weg, die Massen zu erreichen. “Nicht viele Leute in Kenia haben echte Smartphones”, fügt er an.

Die meisten Beobachter aber meinen, dass sich das ändern wird. Im Januar startete der Anbieter MTN in Südafrika mit dem Verkauf eines Smartphones für unter 50 Dollar, und im frühen November kündigte Mozilla an, die ersten Firefox-OS-Smartphones für vermutlich rund 25 Dollar zuerst in Afrika auf den Markt zu bringen. Schon vergangenes Jahr zeigte die Organisation einen Prototypen, der Websites in Apps für das eigene Smartphone-OS umwandelt und damit von Anfang an eine Vielzahl von Anwendungen ermöglicht.

Das sind nur die Vorboten einer ganzen Flut von billigen Smartphones, erklären Analysten. Insbesondere in Afrika werde das für tiefgreifenden Wandel sorgen und Millionen Menschen erstmals einen Internetzugang verschaffen. In seinem Bericht “Africa Telecoms Outlook 2014” prognostiziert Informa Telecoms and Media, dass sich die Umsätze mit mobilem Datentransfer auf dem Kontinente bis 2018 verdreifachen werden und sich die Anzahl an Abos mobiler Breitbandverbindungen vervierfachen werde.

Ändern billige Smartphones tatsächlich das Leben?

Zweifellos ändern Billig-Smartphones das Leben der Konsumenten, und laut Sheilah Birgen von m:labs könnten sie auch die heimische Technikbranche umkrempeln. Denn statt nur westliche Dinge zu lokalisieren könnten lokale Entwickler Probleme vor Ort anpacken. Programmierer Nakola sieht bereits erste Zeichen des Wandels: “Entwickler wechseln von SMS zu Smartphones, weil man den Marktumschwung schon sieht”.

Vielleicht aber sind die lokalen Developer zu langsam. Auf einer Konferenz in Lagos im Juli warnte Gareth Knight, Gründer von Tech4Africa: “Obwohl der Kontinent voll von App-Entwicklern ist, sind die meisten Anwendungen nicht skalierbar und die wenigsten sind profitabel. Das 50-Dollar-Smartphone ist zwar da, aber bis sich etwas ändert, verdienen afrikanische Entwickler nicht viel daran”.

Auch Programmierer Nakola räumt ein, dass die Smartphone-Nutzer derzeit nur wenige lokale Apps verwenden. Die bekannten und trendigen Apps kämen alle aus dem Westen.

Mangel an Vermarktungs-Know-how

Nakola zufolge ist der afrikanische Technologiesektor noch so jung, dass nur wenige Entwickler verstehen, wie wichtig die Vermarktung ist. Etwas selbst gut zu machen, reicht nicht – die meisten Programmierer wüssten nicht, wie sie ihre Arbeit in Geld ummünzen. Diese Binsenweisheit trifft zwar auch viele westliche Entwickler, doch Afrika sei heute da, wo Europas Programmierer vor 40 Jahren standen.

Ma3racer (Bild: Google Play)
Eine der wenigen afrikanischen Smartphone-Apps, die international erfolgreich ist: In Ma3racer mus ein “Matatu” um Hürden gelenkt werden (Bild: Google Play).

“Sie haben keine Marktforschung betrieben und dachten, das Einkommen käme dann automatisch”, fügt Birgen an. 15 Apps in Google Play anzubieten bringe nichts, wenn es keiner weiß. Zwar versucht eine Reihe von Organisationen den afrikanischen Entwicklern zu erklären, wie sie ihre Apps konkurrenzfähig und profitabel machen können. Sie veranstalten dafür Business-Trainings und Vernetzung-Events und bieten sogar Testräume, um Entwicklern zu zeigen, wie Produkte bei den Anwendern ankommen.

Doch nach mehreren Jahren rasanten Wachstums würden Programmierer wie James Nakola noch immer die erste Generation von App-Entwicklern Afrikas repräsentieren – und die Idee, mit einem Produkt an die Börse zu gehen oder es an eine größere Firma zu verkaufen, hätten noch nicht viele. Doch das werde sich ändern und neuen Aufschwung geben. Und was dann von diesem Markt komme, werde global erfolgreich sein, weil es mobil ist.

Positive Beispiele afrikanischer Apps

Eine Handvoll lokal entwickelter Apps hat es aber schon geschafft, sich “hochzuskalieren” und sogar überregional weiterzuverbreiten, zum Beispiel das mobile Zahlungssystem für Händler “Kopo Kopo”. In einer Partneschaft mit Safaricom aus Kenia breitet es sich schon auf andere Länder in Ostafrika aus.

Es gibt natürlich auch erfolgreiche Apps, die nicht wirklich Probleme lösen. Ma3Racer etwa ist ein Rennspiel, bei dem die notorisch überfüllten Minibusse (Matatus oder Ma3’s), wie sie durch Kenia fahren, um Hindernisse auf der Straße gesteuert werden müssen. Es wurde schon über eine Million Mal heruntergeladen.

Die meisten Downloads kamen von außerhalb, wo die Leute niemals ein reales Matatu erblickt haben. Das überzeugt Nakola, dass afrikanische Ideen gut genug für weltweiten Erfolg sind: “Wir sind einzigartig. Wir haben unsere eigenen Geschichten zu erzählen und unsere eigene Art zu leben. Ich glaube, wir können auch Lösungen für den globalen Markt schaffen.”

Ob das rechtzeitig passiert, um schon vom 50-Dollar-Smartphone zu profitieren, ist eine andere Frage. Vielleicht haben bis dahin die Anbeiter aus den Industrieländern den Markt schon erobert.

[Mit Material von Hilary Heuler, ZDNet.com].

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