WhatsApp: Kritik an AGB wegen weitreichendem Zugriff auf Bildrechte [Update]
“Wer WhatsApp nutzt, überträgt alle Rechte seiner Kommunikation an das Unternehmen aus dem Silicon Valley”, erklärt das Handelsblatt in einem aktuellen Bericht. Es beruft sich dabei auf eine in seinem Auftrag durch den Anwalt Rolf Becker von der Kanzlei Wienke & Becker vorgenommenen Analyse. “Die Kunden stimmen jedenfalls in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu, dass WhatsApp alle Inhalte, Bilder und ähnliches ohne Einschränkung und in allen Medienformaten und über alle Kanäle weiterverbreiten kann”, zitiert das Wirtschaftsblatt den Kölner Anwalt.
“WhatsApp lässt sich ein gebührenfreies Recht einräumen, fast alles mit den Inhalten der Nutzer anzustellen“, so Becker weiter. Dieses Recht könne das Unternehmen auch weiterverkaufen. Allerdings stellt er auch gleich in Frage, ob derartige AGB in Deutschland überhaupt zulässig sind: “Ob sie [die AGB] das wirksam tun, ist allerdings noch eine andere Frage.”
Andere Juristen zeichnen nach der Lektüre ein weniger düsteres Bild. Christian Solmecke von der Kanzlei Wilde Beuger Solmecke teilt etwa mit: “Heute haben wir die englischen AGB nun genauer unter die Lupe genommen und es ist etwas Erstaunliches dabei herausgekommen: Ganz so schlimm steht es um WhatsApp nicht.” Seine Ansicht begründet er unter anderem damit, dass sich die Übertragung der weltweiten, nicht exklusiven Lizenzen wohl nur auf die Inhalte bezieht, die im Rahmen der eigenen Statusmeldung veröffentlicht werden. Das gehe aus Punkt 5 B der AGB hervor.
Mit den dort erwähnten “Status Submissions” seien nicht alle versendeten Inhalte gemeint, sondern ausschließlich das Profilbild, die eigene Statusmeldung, den “zuletzt online” Status und “andere Mitteilungen”. Worum es sich bei diesen anderen Mitteilungen handelt, ist laut Solmecke nicht ganz klar, allerdings wohl nicht um die zwischen den Nutzern geteilte Inhalte, “denn der Messenger Dienst stellt weiter unten in den Nutzungsbedingungen klar, dass er versendete Inhalte weder kopiert, noch speichert.”
Laut Solmcke mache die aktuelle Diskussion aber so oder so noch einmal deutlich, “wie unabdingbar es ist, dass die Nutzungsbedingungen solcher Plattformen verständlich und in deutscher Sprache verfasst werden. Alles andere führt zu einer Unsicherheit, die weder dem Dienst, noch den Verbrauchern zugute kommt.” Wie Becker auch weist Solmecke darauf hin, dass “die kompletten WhatsApp Nutzungsbedingungen unwirksam sind, da sie komplett auf Englisch formuliert sind.”
Facebook hat schon Erfahrung mit Kritik an AGB
Diese Frage wurde vor einigen Jahren auch schon im Zusammenhang mit dem kommenden WhatsApp-Besitzer Facebook gestellt. Damals hatten – in der zweiten Runde auch mit großem Getöse aus der Politik – Verbraucherschützer anlässlich der Einführung neuer Regelungen zum Datenschutz vor Facebook gewarnt und sich vor allem die damalige Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) als Vorkämpferin gegen weitreichende Rechte an den Nutzerdaten in den Vordergrund gespielt. Die Ministerin riet Nutzern – offensichtlich überwiegend erfolglos – zum Umstieg auf ein anderes Social Network.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) warf dem Online-Netzwerk damals vor, wiederholt und wissentlich datenschutzrechtliche Bestimmungen missachtet zu haben. Nach einer Abmahnung durch die Dachorganisation der Verbraucherzentralen hatten im Sommer 2010 alle Anbieter zugesagt, die beanstandeten Klauseln nicht mehr zu verwenden.
Eine Überprüfung des VZBV ergab jedoch, dass sich Facebook einfach nicht an diese Erklärung hielt. Stattdessen kündigt es neue Datenschutzbestimmungen an, die Experten wie Falk Lüke, Referent im Projekt “Verbraucherrechte in der digitalen Welt” als Verschlimmerung empfanden. Mit der damals von Facebook erbetenen Zustimmung würden “Nutzer dem Unternehmen einen Freibrief für eine weitgehende Verwendung und Weitergabe von Daten ausstellen” – also genau dem, was nun auch bei den WhatsApp-AGB kritisiert wird.
Damals forderte der VZBV, dass Nutzer bei jeder Weitergabe und Nutzung persönlicher Daten aktiv einwilligen müssen (Opt-in) – im Gegensatz zu der von Betreibern in den Geschäftsbedingungen vorgesehenen pauschalen Zustimmung zur Nutzung und Weitergabe persönlicher Daten. Wer damit nicht einverstanden ist, muss für ein Opt-out durch Widerspruch im Einzelfall viel Zeit und Mühe aufwenden.
“Die Verantwortung für die Einhaltung des Datenschutzes liegt beim Betreiber, nicht beim Nutzer”, machte VZBV-Vorstand Gerd Billen damals den Standpunkt seiner Organisation klar. Das von den Verbraucherschützern gegen Facebook angestrengte und zunächst auch gewonnene Verfahren ist noch nicht rechtskräftig da wie das Handelsblatt meldet, der Konzern eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof eingereicht hat und die Entscheidung des obersten Gericht noch aussteht.
WhatsApp-AGB in Deutschland ohnehin unwirksam
Aktuell stört sich der VZBV auch daran, dass bei WhatsApp die AGB nicht in Deutsch abgefasst sind: Das Handelsblatt zitiert Carola Elbrecht, Koordinatorin des Projekts “Verbraucherrechte in der digitalen Welt” bei dem Verband mit den Worten: “Unserer Auffassung nach werden englischsprachige AGBs von Diensten, die sich augenscheinlich an deutsche Verbraucher richten, nicht Vertragsbestandteil.“ Aus diesem Grund habe man bereits mit der Begründung gegen WhatsApp geklagt, dass das Unternehmen die Rechtslage missachte und auf Grundlage unzulässiger AGBs handle.
Laut der AGB-Betrachtung von Anwalt Becker im Handelsblatt baut WhatsApp zudem allen möglichen Ansprüchen gegen sich selbst dadurch vor, dass es die Nutzer dafür verantwortlich macht, wenn sei urheberrechtlich geschütztes Material oder Geschäftsgeheimnisse veröffentlichen Persönlichkeitsrechte oder Datenschutzvorgaben verletzen. Das Handelsblatt weist darauf hin, dass „Unwahrheiten oder Falschdarstellungen“ ebenso verboten seien wie “beleidigendes” und “obszönes” Material, “Werbung” und “Computerviren”.
Außerdem zitiert die Zeitung einen Absatz, in dem es heißt es: “Wenn Sie unter 16 Jahre alt sind, dann benutzen Sie bitte nicht den WhatsApp-Service oder greifen auf die WhatsApp-Website zu, nicht zu irgendeiner Zeit oder in irgendeiner Art und Weise”. Den dürfte ein großer Teil der Nutzer entweder nicht gelesen oder einfach ignoriert haben.