Test: Google Nexus 5 und Android 4.4

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Bei Googles neuestem Smartphone, dem Nexus 5, kommt die Hardware wie schon beim Vorgänger Nexus 4 aus dem Hause LG. Die Südkoreaner haben sich diesmal für sehr schlichtes, recht kantiges Äußeres entschieden. Das knapp 138 mal 70 mal 9 Millimeter große und 130 Gramm schwere Smartphone besteht komplett aus Kunststoff, ist aber sehr stabil und sauber verarbeitet.

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Das Gehäuse knarzt nicht, die Spaltmaße sind zu vernachlässigen. Die Rückseite ist matt, leider nicht besonders rutschfest und zudem empfindlich, was Fingerabdrücke angeht. Benutzer müssen aber keine Sorge haben, dass ihnen das Gerät aus den Händen gleitet. Dafür bieten die Ecken und Kanten genügen Halt.

Was auf der Rückseite neben dem großen “Nexus”-Schriftzug sofort ins Auge fällt, ist die Kameralinse, die etwa einen halben Millimeter hervorsteht und nicht mittig, sondern in der linken oberen Ecke eingebaut ist. Das kriegen andere Handy-Hersteller etwas besser hin.

Die beiden einzigen Knöpfe am Gehäuse, die Lautstärkewippe und der Ein/Aus-Schalter, sind aus Keramik gefertigt und daher etwas scharfkantig – vor allem bei der Lautstärkewippe fällt das auf. Der Druckpunkt beider Buttons ist gut, auch wenn sie etwas Spiel haben. Angeblich soll das dem schnellen Verschleiß entgegensteuern.

Der Einschub für die Micro-SIM-Karte lässt sich leider nur mit einem sehr dünnen Gegenstand öffnen. Wie Apple das schon seit jeher macht, legt auch Google ein spezielles Werkzeug bei. Sicher wechselt man nicht täglich die SIM-Karte aus. Doch im Fall der Fälle steht man meist ohne da und kommt nicht an die SIM-Karte heran. Das ist ärgerlich, zumal andere Hersteller für dieses Problem schon praktischere Lösungen gefunden haben.

Display mit Full HD und tiefem Schwarz

Das 4,95 Zoll große IPS-Display gehört zu den Prunkstücken des Nexus 5. Es ist sicher nicht das hellste, farbintensivste und blickwinkelstabilste auf dem Markt. Doch bei allen drei Kriterien erreicht es gute Werte. In der Summe handelt es sich daher um eine sehr gute Anzeige, die zudem mit 1080 mal 1920 Pixeln (Full HD) auflöst – mehr kann man derzeit nicht erwarten.

Das ergibt eine Pixeldichte von 445 Pixeln pro Zoll (ppi). Konsequenz: Das Bild ist knackig scharf, Texte werden hervorragend dargestellt, harte Kanten gibt es praktisch nicht.

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Nicht immer wird man besser, wenn man sich an Apple orientiert: Dass sich die SIM-Karte nur mit dem beiliegenden Werkzeug oder einem ähnlichen Gegenstand austauschen lässt, ist unschön (Bild: Christian Lanzerath).

Eine Schicht Gorilla Glass 3 soll vor Kratzern schützen, sorgt aber auch für starke Spiegelungen unter freiem Himmel. Glücklicherweise hat der Bildschirm genügend Leuchtkraft, um dagegenzuhalten. Bei direkter Sonneneinstrahlung ist aber auch damit Schluss. Mit diesen Schwierigkeiten haben jedoch so gut wie alle Smartphone- und Tablet-Displays zu kämpfen.

Punkten kann die Anzeige des Nexus 5 wiederum mit einem wirklich tiefen Schwarz, das schon an die Qualitäten eines AMOLED-Bildschirms (wie sie etwa bei Samsung zum Einsatz kommen) heranreicht. Von einem “sehr dunklen Grau” wie bei anderen Smartphones kann hier nicht die Rede sein. Im Test ist aufgefallen, dass die automatische Helligkeitsregelung etwas zu hoch ansetzt, was zu Lasten des Akkus geht. Da dieser sowieso etwas klein geraten ist (siehe unten), sollten Nutzer die Helligkeit bei Bedarf manuell regeln.

Mittelmäßige Kamera

Dem ausgezeichneten Display steht eine eher durchschnittliche Digitalkamera gegenüber. Sie löst mit acht Megapixeln auf und kommt mit einem optischen Bildstabilisator. Das ist für ein Smartphone eher ungewöhnlich, aber in diesem Fall wirklich von Vorteil. Denn selbst bei schlechter Ausleuchtung – etwa im Dämmerlicht – produziert die Kamera gute Aufnahmen.

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Nicht optimal gelöst: Die Kamera im Nexus 5 (Bild: Christian Lanzerath)

Zwar ist hier wie bei fast allen Smartphone-Kameras ein Rauschen zu erkennen, doch trotz längerer Belichtungszeit im Dunkeln sind die Aufnahmen kaum verwackelt. Hier spielt der Bildstabilisator seine Stärken aus. Gleiches gilt übrigens auch für Videos, die mit Full-HD-Auflösung bei maximal 30 Bildern pro Sekunde gut gelingen. Leider zeichnet die Camcorder-Funktion nur Mono-Sound auf.

Zurück zur Fotokamera: Abseits des Bildstabilisators hat sie bloß Standardkost zu bieten. Die Bilder sind etwas farblos und trist, zudem ist die Auslöseverzögerung mit teilweise einer Sekunde doch recht lang. Dafür ist auch der etwas lahme Autofokus verantwortlich.

Zumindest die Bildqualität lässt sich mit dem neuen HDR+-Modus deutlich verbessern – vor allem den Farben tut das gut. Zwar löst die Kamera in diesem Modus naturgemäß noch etwas langsamer aus – er ist also nichts für Schnappschüsse und sich bewegende Motive –, doch die Bilder wirken wärmer, intensiver und insgesamt ansehnlicher.

Die Kamera-App ist eher minimalistisch bestückt, dennoch sind die wichtigsten Features an Bord. Allerdings fehlt ein Makromodus. Nahaufnahmen gelingen daher eher schlecht als recht. Laut Google arbeitet man aber schon einem Software-Update. Die Frontkamera löst im Übrigen mit 1,3 Megapixeln auf. Für anspruchslose Videochats reicht das völlig aus – mehr darf man nicht erwarten.

Leistung satt trotz schlechter Werte

Im Nexus 5 arbeitet ein Snapdragon 800 von Qualcomm. Die Quadcore-CPU rechnet mit 2,26 GHz und ist derzeit das leistungsfähigste, was Hersteller in ein Mobiltelefon einbauen können. Ihm zur Seite stehen zwei GByte Arbeitsspeicher und ein Adreno 300 als Grafikprozessor. Insgesamt gibt es hier also Spitzen-Hardware zu niedrigen Preisen.

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Das beweist auch unser Test: Apps starten ohne Verzögerung, und beim Wischen durch übervolle Homescreens ruckelt es kein bisschen. Selbiges gilt für Full-HD-Videos und jedes noch so anspruchsvolle 3D-Spiel aus dem Play Store. Trotzdem attestieren aktuelle Benchmarks dem Nexus 5 eine eindeutig schlechtere Performance als Konkurrenzmodellen, die mit dem gleichen Prozessor ausgestattet sind.

Das zeigt eindrucksvoll, wie wenig Aussagekraft die künstlichen Leistungstests im Alltag haben. Eine mögliche Erklärung für die Diskrepanz: Die Benchmark-Apps sind noch nicht auf Android 4.4 abgestimmt und zeigen daher schlechtere Ergebnisse an als unter Android 4.2 und 4.3.

Auch sonst hat unser Testkandidat fast alles zu bieten, was ein Smartphone Ende 2013 bieten muss: LTE (maximal 150 MBit/s), HSPA+ (maximal 42 MBit/s), Bluetooth 4.0, NFC, GPS und WLAN 802.11 a/b/g/n/ac. Der neue WLAN-Standard unterstützt auf dem 5-GHz-Band Datenraten im Gigabit-Bereich. Zudem funkt er auch auf den “älteren” 2,4-GHz-Frequenzen. Was die drahtlose Kommunikation angeht, ist das Nexus 5 selbst für die nächsten Jahre gut gerüstet.

Großes Manko bei der Ausstattung: Einen Micro-SD-Kartenleser gibt es wie bei so vielen aktuellen Smartphones der Oberklasse nicht. Den Speicherplatz zu erweitern, ist also nicht drin. Käufer müssen mit den angebotenen 16 oder 32 GByte zurechtkommen, von denen nach Abzug des Betriebssystems sowie der vorinstallierten Apps noch 12,5 beziehungsweise 26,5 GByte übrig bleiben.

Bei einem Preisunterschied von lediglich 50 Euro raten wir ganz klar zum Kauf der großen Version. Denn schon mit einigen Videos, einer kleinen Musiksammlung und dem einen oder anderen Spiel sind die 12,5 GByte schnell belegt. Der Ärger, den man dann hat, steht in keinem Verhältnis zum geringen Aufpreis.

Android 4.4 alias “KitKat”

Ab Werk wird das Nexus 5 mit Android 4.4 ausgeliefert. Es ist damit das erste Smartphone, auf dem das neue Betriebssystem mit dem Codenamen “KitKat” vorinstalliert ist. Allzu viel geändert haben die Entwickler bei diesem kleinen Versionssprung von 4.3 auf 4.4 nicht.

Der Homescreen von Android 4.4 (Bild: Christian Lanzerath)
Der Homescreen von Android 4.4 (Bild: Christian Lanzerath)

Insgesamt wirkt das Interface etwas schlichter, flacher und entschlackter. So ist zum Beispiel die Auswahl der Widgets aus dem App Drawer geflogen. Wer nun ein Widget auf einem Homescreen platzieren möchte, hält den Finger einige Sekunden auf den Touchscreen.

Diese Aktion zeigt jedoch nicht nur einen Link zur Widget-Übersicht, sondern auch zur Auswahl der Hintergründe und zu den Einstellungen sowie alle Homescreens an. Davon lassen sich unter Android 4.4 beliebig viele anlegen, indem der Nutzer ganz einfach ein Widget oder ein App-Icon an den Rand eines bestehenden Homescreens zieht.

Der überarbeitete App Drawer in Android 4.4 (Bild: Christian Lanzerath)
Der überarbeitete App Drawer in Android 4.4 (Bild: Christian Lanzerath)

Apropos Icons. Diese sind nun größer geworden, so dass im Drawer nun 4 mal 5 Icons auf einen Bildschirm passen. Der Haupt-Homescreen – zu erreichen über die Home-Taste – befindet sich nun immer ganz links. Wer noch weiter nach links wischt, gelangt zu Google Now, dem “intelligenten” Assistenten. Dieser reagiert nun auch aufs Wort.

Das Kommando “OK Google” funktioniert aber nur, wenn die Sprache von Google Now auf “English (US)” umgeschaltet wird. Dann versteht allerdings die Sprachsuche kein Deutsch mehr. Daher sollten deutschsprachige User diese Funktion ganz abschalten, denn wenn die App im Hintergrund ständig auf das Kommando wartet, verbraucht das unnötig Energie.

Android Widgets und Homescreens in Android 4.4 (Bild: Christian Lanzerath)
Android Widgets und Homescreens in Android 4.4 (Bild: Christian Lanzerath)

Die Benachrichtigungs- (oben) und Navigationsleiste (unten) werden auf dem Homescreen und in einigen Apps transparent dargestellt und lassen sich zudem – falls von der App unterstützt – ganz ausblenden. So bleibt mehr Platz für den eigentlichen Bildschirminhalt. Mit der wachsenden Verbreitung von Android 4.4 werden Entwickler entsprechende Updates für ihre Anwendungen veröffentlichen.

Bei den vorinstallierten Apps hat sich ebenfalls etwas getan: So ist die SMS-Anwendung ganz verschwunden. Wer Kurznachrichten verschicken möchte, muss nun Google Hangouts bemühen, was das Ganze allerdings unübersichtlich macht. Wir empfehlen Nutzern von Android 4.4 eine alternative SMS-Anwendung aus dem Play Store zu laden.

Die Telefon-App versucht nun, bei unbekannten Nummern mit Hilfe des Verzeichnisdienstes Google Places sowie Google+ herauszufinden, wer da gerade anruft. Nicht zuletzt gehört jetzt Quickoffice zur Standardausstattung von Android. Google hatte den Anbieter der Office-App letztes Jahr übernommen, doch erst seit kurzem steht die App kostenlos bereit – übrigens auch für alle anderen Android-Nutzer via Play Store.

Schwachpunkt Akku

In Sachen Energiespeicher seien zuerst die guten Nachrichten erwähnt: Der Akku lässt sich per Induktion drahtlos laden und dank eines ausgeklügelten Energiemanagements verbraucht Android 4.4 im Standby sehr wenig Energie. Leider war es das schon an positiven Meldungen, denn mit 2300 Milliamperestunden (mAh) ist der Akku für ein Smartphone dieser Größe unterdimensioniert.

Andere Modelle mit vergleichbarer Display-Größe bieten mehr Kapazität, immerhin ist der Bildschirm der Hauptverbraucher in einem Mobiltelefon. Bei normaler Nutzung, bei der das Nexus 5 meist in der Tasche steckt oder unbenutzt irgendwo herumliegt, kommen Nutzer immerhin locker über den Tag. Abends muss das Gerät aber an die Steckdose, sonst ist womöglich am nächsten Tag schon zur Mittagszeit Schluss.

Wer oft Filme schaut, häufig spielt und extrem viel im mobilen Internet unterwegs ist, sollte sich schon zwischendurch Gedanken über den Energienachschub machen, sonst geht dem Akku bereits kurz nach Feierabend der Saft aus. Hier haben Google und LG am falschen Ende gespart. In Kombination mit einem genügsamen Betriebssystem lässt es sich verkraften. Vor allem Normalnutzer sollten keine Probleme haben. Dass der Akku fest verlötet ist, ist fast schon keine Erwähnung mehr wert. Das ist mittlerweile Branchenstandard – leider.

Erstaunlich guter Sound

Der Equalizer in Android 4.4 (Bild: Christian Lanzerath)
Der Equalizer in Android 4.4 (Bild: Christian Lanzerath)

Den Lautsprecher hat LG nun an der Unterseite angebracht: Links und rechts des Micro-USB-Ports finden sich zwar zwei vergitterte Öffnungen, trotzdem handelt es sich um eine Mono-Box. Die bietet allerdings einen erstaunlich guten Klang, der sich dank Equalizer noch optimieren lässt.

Aber auch diese Komponente kommt nicht ganz kritiklos durch den Test, denn der Lautsprecher ist ganz einfach zu leise. Schon bei normalem Straßenlärm erreichen die Schallwellen kaum noch das Ohr. Hält man das Smartphone quer, verdeckt die Hand zudem die Boxen. Dann ist nahezu gar nichts mehr zu hören. Abhilfe schaffen Kopfhörer, doch die sucht der Käufer vergeblich im Lieferumfang. Wohl ein weiterer Kompromiss, um den Tiefpreis halten zu können.

Fazit

“Viel Licht, aber auch ein wenig Schatten”, lautet das Fazit unseres Tests. Display und Performance gehören zu den positiven Erscheinungen, leider nur zum Durchschnitt zählen die Kamera und die Akkukapazität des Nexus 5. Die Kritikpunkte muss man angesichts des Kampfpreises von 350 beziehungsweise 400 Euro für die 16- und 32-GByte-Versionen wohl akzeptieren – und das kann man auch. Denn wer auf ein gutes Preis-Leistungsverhältnis achtet, findet im Android-Lager derzeit kein besseres Angebot als das Nexus 5 aus dem Google Play Store.

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