RTL und ProSiebenSat.1 müssen ihre Pläne für ein Videoportal wohl endgültig begraben

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Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat heute das Verbot des Kartellamts für die von RTL und ProSiebenSat.1 geplante Videoplattform bestätigt. Laut der Entscheidung des Kartellamts vom Frühjahr würde das Projekt aufgrund einer marktbeherrschenden Stellung der beiden Projektpartner auch gegen das Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen verstoßen. Die Behörde bemängelte zudem, dass anderen Anbietern keine ausreichende Teilnahmemöglichkeit angeboten werde.

Das Düsseldorfer Gericht hat den Einspruch der Sender dagegen nun abgelehnt. Die Richter urteilten, dass das Bundeskartellamt das Vorhaben zu Recht untersagt habe. Eine Revision wurde nicht zugelassen. Wenn sie ihr unter dem Arbeitsnamen Amazonas gestartetes Projekt doch noch an den Start bringen wollen, müssen sich die Privatsender nun mit einer Nichtzulassungsbeschwerde an den Bundesgerichtshof wenden. Dafür haben sie vier Wochen Zeit.

“Die Entscheidung des Oberlandesgerichts ist ein wichtiges Signal für den Wettbewerbsschutz im Bereich der neuen Medien. Die Dynamik dieser Märkte schließt nicht aus, dass marktmächtige Unternehmen versuchen, ihre Marktstellung in angestammten Märkten abzusichern bzw. auf neu entstehende Märkte zu übertragen”, kommentiert Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts, in einer Pressemitteilung das Urteil.

Der auf Kartellrecht und Medien spezialisiert Anwalt Helmut Janssen von der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft, die in keinem der vorgenannten Verfahren einen der Beteiligten vertritt, zweifelt aber daran, dass die Sender das tun werden: “Der BGH wird sich der Sache nur dann annehmen, wenn sie von grundsätzlicher Bedeutung ist. Das OLG hat der Sache eine solche grundsätzliche Bedeutung abgesprochen.”

Videoportal scheitert am Duopol auf dem Fernsehwerbemarkt

“Das Bundeskartellamt geht davon aus, dass die beiden Sendergruppen RTL und ProSiebenSat.1 in Deutschland auf dem Markt für Fernsehwerbung ein Duopol bilden. Sie herrschen mit einem stabilen Marktanteil von 80 bis 90 Prozent. Wettbewerber wie die Sendergruppen ARD und ZDF kommen jeweils ledig auf 3 bis 6 Prozent. RTL und ProSiebenSat.1 bieten monatlich jeweils über 30.000 Minuten Werbung an, ARD und ZDF hingegen jeweils nur 600 Minuten. Wer heute in Deutschland Werbung im Fernsehen schalten will, kommt an den beiden Privaten daher nicht vorbei”, so Janssen weiter.

Außerdem bestehe zwischen den beiden privaten Sendergruppen kein wesentlicher Wettbewerb. Mit Amazonas hätten sie über eine gemeinsame Plattform sogenannte In-Stream-Video-Werbung verbreitet. Das sind Werbespots, die vor, in oder nach einem Video geschaltet werden. Das Bundeskartellamt meinte, dass diese Werbeform aus Sicht der Werbekunden vielleicht schon heute, zumindest aber perspektivisch dem Fernseh-Werbemarkt zuzurechnen ist. “Die beiden Privatsender würden durch das gemeinsame VoD auf diesem aktuellen Markt kooperieren und sich zudem zusammen einen Zukunftsmarkt sichern. Dies würde ihre ohnehin schon bedenkliche Marktmacht weiter stärken”, erklärt Janssen die Motivation für das Urteil von Bundeskartellamt und Oberlandesgericht.

Unterschiede zwischen Amazonas und Germany´s Gold

Eine gemeinsame Plattform von ARD, ZDF und deutschen TV-Produzenten mit dem Namen Germany’s Gold hat das Kartellamt im vergangenen Jahr dagegen grundsätzlich genehmigt. Die Behörde will aber nach eigenen Angaben noch die genauen Bedingungen der Zusammenarbeit von ARD und ZDF prüfen. Die Entscheidung soll noch im Sommer bekannt gegeben werden.

“Ein wesentlicher Unterschied zu Amazonas besteht darin, dass die Beteiligten an Germany’s Gold im Vergleich zu ProSiebenSat.1 und RTL nur einen sehr kleinen Teil am Werbemarkt haben. Ihre Zusammenarbeit führt dort nicht zu einer bedenklichen Machtfülle“, sagt Janssen. “Die Themen, für die sich das Bundeskartellamt interessiert, sind Wettbewerbsbeschränkungen auf der Produktions- und Lizenzierungsstufe und die Zuschauermärkte.”

Für Zuschauer bedeute das Urteil, dass sie weiterhin zwischen mehreren Onlineportalen navigieren müssen, statt alles aus einer Hand zu bekommen. Das heiße auch, sich bei verschiedenen Portalen registrieren und gegebenenfalls mehrere Abos bezahlen zu müssen. “Das Angebot aus einer Hand ist sicher praktischer, möglicherweise auch preiswerter. Bundeskartellamt und OLG scheinen also nicht kundenfreundlich zu sein. Aber das täuscht. Beide – die Behörde und das Gericht – haben am Ende des Tages auch den Verbraucher im Blick. Aus ihrer Sicht geht es ihm am besten, wenn der Wettbewerb funktioniert.”

Laut Janssen heißt das in diesem Fall: “Je mehr RTL und ProSiebenSat.1 ihre Macht auf dem Markt für Fernsehwerbung weiter stärken, umso schwerer werden es konkurrierende Medienunternehmen haben, ihren eigenen Platz zu behaupten. Werbekunden ebenso wie Zuschauer gingen dann ernsthafte Alternative verloren. Und wenn schon andere Sender RTL und ProSiebenSat.1 nicht Paroli bieten können, soll doch der Wettbewerb zwischen den beiden nicht auch noch abnehmen.”

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