Nach SuSE auch Red Hat vor MS eingeknickt?Das Admin-Wort der Woche KW 10/2009
Das Admin-Wort der Woche KW10/2009 – Redhats Verrat
Abgesehen von einigen Kurzmeldungen hat die aktuelle Kooperation zwischen Microsoft und Red Hat in Deutschland kaum ein nennenswertes Medienecho hervorgerufen. Beide Unternehmen arbeiten zukünftig im Bereich der Virtualisierung zusammen, um auch für gemischte Umgebungen Kundensupport liefern zu können. Soweit, so überraschend, denn der aktuelle Kuschelkurs zwischen den beiden Unternehmen kommt unerwartet.
Eine kurze Rückblende in das Jahr 2006 zeigt, wie sich der Wind im Hause Red Hat seitdem gedreht hat. Damals sorgte die Kooperation zwischen Microsoft und Novell/SUSE in der Open Source Gemeinde für helle Aufregung. Ähnlich wie bei Red Hat heute, sollte die Zusammenarbeit damals die Interoperabilität zwischen dem Windows Server und SuSE Linux Enterprise Server verbessern. Außerdem gab es auch noch eine Art wechselseitigen Nicht-Angriffspakt auf bei den Softwarepatenten, der aber für die Kunden de facto keinerlei Auswirkungen hatte. Die Patentabsprachen sind aus heutiger Sicht eher als Marketingmaßnahmen einzustufen, denn die Position von Microsoft »Wir können die Open Source Szene aufgrund zahlreicher Verletzungen unserer Patente verklagen« war damals und ist auch heute noch mehr als fragwürdig.

Auf diesen Schachzug des ewigen Konkurrenten Novell/SUSE reagierte Red Hat damals äußerst bissig und sang das hohe Lied der quelloffenen Software. Zusammenarbeit wolle man durch offene Standards gewährleisten, daher komme einer Zusammenarbeit mit MS auf keinen Fall in die Tüte. Inzwischen hat man sich anders besonnen und hängt sein Fähnchen in den Wind. Es gibt jetzt eine Kooperation mit Microsoft, man validiert und zertifiziert wechselseitig die Plattformen. Der einzige Lichtblick ist, dass es, anders als bei der Microsoft SUSE Kooperation, keine Patentabsprachen gibt. Ob das allerdings daran liegt, dass Red Hat seine Eigenständigkeit bewahren möchte, oder daran, dass diese Patentabsprachen – wie sich ja inzwischen herumgesprochen haben sollte – schlicht unsinnig sind, sei dahingestellt.
Meine Meinung: Wenn die Softwarehersteller sich an offene Standards halten und ihre Produkte sauber dokumentieren, braucht niemand abstruse Kooperationen, die langfristig dem Kunden eher schaden, als nützen. Diese Absprachen laufen ja letztlich darauf hinaus, dass der Kunde zukünftig nicht einfach nur ein kostenloses Linux, sondern ein »XY-Linux, certified by Microsoft« einsetzen soll. Wie wenig sich die technischen Entscheider in den Unternehmen von diesen Marketing-Mätzchen blenden lassen, zeigt die aktuelle Open Source Trendstudie (http://www.heise.de/open/Trendstudie-Open-Source–/artikel/126682/8). Marktführer bei den Open Source Serversystemen in Deutschland sind Debian/GNU Linux und Ubuntu, erst auf den folgenden Plätzen kommen SUSE und Red Hat. Weder Debian noch Ubuntu haben jemals irgendetwas von MS validieren lassen, anscheinend funktionieren die heterogenen Umgebung auch ohne den teuren Segen von Steve Ballmer ganz prächtig.
Der Autor

Sascha Steinhoff lebt und arbeitet als freier Journalist in Bangkok und München. Er veröffentlicht zu den Themen Business-IT, Administration und Fotografie. Sein aktuelles Projekt ist die Webseite www.diasdigitalisieren.info, die sich der digitalen Archivierung analoger Bildaufnahmen widmet. In seiner Zeit als Verantwortlicher für den Netzwerk-Teil der gedruckten Ausgabe der PC Professionell sammelte er zahlreiche Einblicke und Kontakte in die Welt der Administratoren.