Streit um wikipedia.de

PolitikRecht

Am Wochenende gab es auf wikipedia.de statt der bekannten Suchmaske für Wikipedia-Artikel nur eine kurze Botschaft von Wikimedia Deutschland zu sehen. Der Verein betreibt die Seite und informierte dort, dass der Bundestagsabgeordnete Lutz Heilmann eine Einstweilige Verfügung erwirkt habe, die es untersagt, wikipedia.de auf die deutsche Startseite der Wikipedia unter de.wikipedia.org weiterzuleiten. Heilmann sah seine Persönlichkeitsrechte durch einige Passagen im Wikipedia-Artikel zu seiner Person verletzt..

Der Spiegel berichtet, dass Heilmann mittlerweile angekündigt hat, die Einstweilige Verfügung zurückzuziehen, nachdem die »falschen, ehrabschneidenden und deshalb mein Persönlichkeitsrecht verletzenden Inhalte« weitgehend entfernt worden seien. Damit dürfte wikipedia.de bald wieder die gewohnten Dienste liefern.

Für Wikimedia Deutschland ist das nicht der erste Fall, in dem man für die Inhalte der Wikipedia verantwortlich gemacht wird. Bereits 2006 ließen die Eltern des verstorbenen Hackers Tron die Weiterleitung von wikipedia.de auf de.wikipedia.org stoppen, weil im Wikipedia-Artikel der bürgerliche Name des Hackers genannt wurde. Das Landgericht Köln war dagegen vor einigen Monaten der Meinung, der Weiterleitung von Wikipedia.de auf die Startseite der deutschsprachigen Wikipedia könne »nicht die ausdrückliche oder konkludente Erklärung entnommen werden, die Beklagten billigten die in diesen über 600 000 Artikeln enthaltenen Äußerungen und machten sie sich zu Eigen« – und ließ die Frankfurter Verlagsgruppe abblitzen. (Daniel Dubsky)

Meine Meinung: So ganz verstanden hat Herr Heilmann die Wikipedia und wikipedia.de offenbar nicht. Denn der von ihm beanstandete Artikel bleibt auch nach der Einstweiligen Verfügung online und erreichbar. Dazu kommt, dass wikipedia.de schon länger nicht mehr auf de.wikipedia.org – die deutsche Startseite der Online-Enzyklopädie – weiterleitet, sondern eine Suche in den Wikipedia-Inhalten bietet.

Zwei Dinge hat Heilmann aber erreicht: Er dürfte nun einer breiteren Öffentlichkeit bekannt sein und sein durch die Stasi-Vergangenheit belastetes Image nicht eben aufpoliert haben. Und Wikimedia Deutschland darf sich über eine ungeahnte Spendenflut freuen. Statt etwa 3000 bis 3500 Euro pro Tag erreichten den Verein am Samstag satte 16 000 Euro. Gestern und heute wurde fleißig weitergespendet – in vielen Fällen mit explizitem Verweis auf den Rechtsstreit mit Lutz Heilmann.

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