»Sparen ist Harakiri«
Der Innovationsberater und Management-Coach Tom Groth hat schon unzählige innovations-Projekte für Unternehmen wie Deutsche Bank, Volkswagen, Audi, BMW oder die Telekom betreut. Von 1998 bis 2007 war Groth als Trendscout und Chief Visioneer bei Sun Microsystems aktiv und maßgeblich an der Vermarktung von Java beteiligt.
Mit eWEEK-Redakteur Mehmet Toprak sprach Tom Groth über ein sehr aktuelles Thema. Wie sollen sich Unternehmen in Finanzkrise und Rezession verhalten? Das Interview wurde per E-Mail geführt.
Die Finanzkrise hat jetzt auch Deutschland erreicht. Ist Sparen und Abwarten jetzt die richtige Strategie?
Groth: Nein. Durch Abwarten gerät man in eine passive Situation. Dann können die Mitbewerber den Markt gestalten, und werden auch als aktiv wahrgenommen. Die Passivität birgt ein viel größeres Risiko in sich, als das Spekulieren mit Produktstrategien.

»Volkswirtschaftliches Harakiri«
Innovations-Experte Tom Groth
Ist Sparen nicht einfach ein Gebot der Vernunft?
Groth: Sparen bedeutet, den Märkten das Kapital zu entziehen, und den Markt illiquider zu machen. Das ist volkswirtschaftliches Harakiri.
Ok, aber was soll ein Topmanager jetzt tun?
Groth: Ich sehe die derzeitige Situation als sehr große Chance. Zur Zeit werden die Besitzschaften von Unternehmen neu verteilt. Derjenige, der noch liquide ist, strategisch investiert und sich durch die Abwärtsspirale nicht einschüchtern lässt, wird in zwei bis drei Jahren zu den Einflussreichen und Mächtigen der Welt gehören.
Und wie sollen die Manager mit dem Firmenvermögen umgehen?
Sie sollen sich dem vertikalen Wachstum widmen (in die Tiefe der Wertschöpfung). Zur Zeit sind Aktien und Beteiligungen der wertschöpfungstieferen und höheren Unternehmen stark unterbewertet. Wer sich seiner Leistungsfähigkeit sicher ist, sollte daher in Zulieferer und Distributoren investieren.
Sie meinen aufkaufen …
Groth: Möglicherweise. Eine Unternehmensübernahme von Zulieferen kann derzeit sogar »billiger« sein, als der Wert von Jahresverträgen mit diesen.
Gut, aber wenn die anderen sparen und der Absatz stagniert, hilft ja das intelligente Finanzmanagement auch nur bedingt.
Groth: Man kann aber sehr gut vorbauen. Betrachtet man die Wertschöpfung der Kette Forschung, Entwicklung, Produktion und Vertrieb, so ist in Krisenzeiten die Forschung günstig zu haben. Hier wird Geld investiert, um den Rohstoff Wissen zu generieren.
Also, forschen statt produzieren?
Groth: Vereinfacht gesagt, ja. Schwächelt der Absatz, so kann eh kaum Geld durch Verkauf von Produkten und Dienstleistungen gemacht werden. Daher ist es fast schon unwichtig, wie leistungsfähig die Produkte sind. Mein Vorschlag lautet: Jetzt forschen und neue Ideen entwickeln. Damit verwenden Sie Kapital in die Wissensgenerierung. Und Sie bereiten die Monetarisierung dieses Wissens vor. Das können Sie dann in »besseren« Zeiten schnell umsetzen.

»Gute Ideen scheitern nicht am Geld, sondern am Kompetenzgerangel«, meint Tom Groth.
Wie wichtig ist ein großes Budget für die Realisierung von Ideen?
Groth: Das Budget muss nicht groß sein, aber in der Zielsetzung klar definiert. Oftmals scheitern gute Ideen nicht am Geld, sondern am Kompetenzgerangel zwischen Abteilungschefs. Die meisten Ideen, die positive Effekte für das Unternehmen haben, beziehen sich gleichzeitig auf die drei Kernbereiche Organisation, Betriebswirtschaft und Technik.
Diese »Kombinationsideen« brechen unternehmensinterne Strukturen auf und stoßen übergreifende Entwicklungen an. Viele Abteilungschefs sehen das als Bedrohung ihrer Machtposition, und dies führt zum Scheitern. Wer den Unternehmenserfolg im Blick hat, muss ganzheitlich denken.
(Mehmet Toprak)
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