Windows Server 2008 zu aufgebläht?
Meinung: Windows-Heroes, just for one day?

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Subjektives Microsoft-Bashing?

Windows Server 2008 zu aufgebläht?

Im britischen Magazin ITweek stellt Dave Bailey die Frage, ob Microsoft nicht zuviel in den Windows Server 2008 gepackt hat . Und auf der CeBIT lästerte Boris Nalbach, Geschäftsführer von Linux-Komplettlösungs- Anbieter Collax über einen viel zu aufgeblähten Windows Server, der jetzt erst alles könne, was Unix schon lange vorher konnte.


Findet Windows Server 2008 zu viel des Guten: IT-Week-Redakteur Dave Bailey

Beide Kritiker sagen ihre persönliche und gewiss auch subjektive Meinung. Der Meinung können wir uns so aber nicht anschließen. Dabei wollen wir, obgleich dieser Beitrag auch eine persönliche Meinung des Autoren darstellt, dennoch keinen pauschalen Pro-Microsoft-Eindruck hinterlassen. Vielmehr kommt es uns darauf an, das Thema etwas sachlicher und, sofern dies möglich ist, objektiver zu betrachten.


Die EU verhängt vielleicht zu Recht Bußgelder gegen MS. Aber ist dies vielleicht nur dem Lobbyismus der Konkurrenten zu verdanken?

Das Pikante daran: Just zu diesem Zeitpunkt hat die EU erneut eine Bußgeld in Höhe von 899 Millionen Euro gegen den Monopolisten Microsoft erlassen – und dies wohl kaum zu Unrecht. Andererseits – wenn man bedenkt, dass in Brüssel auf einen Politiker circa zehn Vertreter der Industrielobby kommen, kann man den Glauben an sachliche Entscheidungen kaum aufrechterhalten. Auch in Deutschland wurde unlängst der freie Wettbewerb in der Briefzustellung durch Mindestlöhne des Monopolisten Deutsche Post verhindert. Weitere Beispiel finden sich zur Genüge, sollen aber nicht Thema diese Beitrags sein. Worum es aber geht, ist ein kritisches und waches Hinterfragen der Berichterstattung im Allgemeinen und des Windows Server 2008 im Speziellen.

WinServer 2008 differenziert gesehen

Windows Server 2008 zu aufgebläht?

Also zurück zum Kommentar des Kollegen der ITWeek: Schon der Hinweis zu Beginn des Kommentars, dass der Hypervisor Hyper-V wohl die am meisten erwartete Komponente des neuen Windows Servers sei, mag aus Sicht der öffentlichen Wahrnehmung und des aktuellen Medienrummels zur Virtualisierung sicher zutreffen. Es geht aber unserer Meinung nach am Kern vorbei.

Microsoft hat mit dem Windows Server einen erheblichen Marktanteil an den Server- Betriebssystemen dieses Segments. Dessen Nutzer gilt es in erster Linie mit neuen und aktualisierten Funktionen zu befriedigen. Im Virtualisierungsmarkt ist Microsoft hingegen ein Neuling. Das Unternehmen wäre schlecht beraten, seine Stammkunden zu vernachlässigen, nur um frühzeitig neue Felder, die ohnehin von VMware, Virtuozzo (jetzt Parallels) oder Citrix besetzt sind, zu erobern. Im Übrigen würde das sehr schnell wieder die Kartellbehörden aufwecken.


So überlebensgroß wie der Windows Server 2008 auf der letzten Microsoft Teched in Barcelona gezeigt wurde können schon mal Eindrücke um ein “zu großes” System entstehen (Klick auf Bild für ein noch überlebensgrößeres Foto. Bildquelle: Microsoft)

Auch der Hinweis, Microsoft habe zuviel in den Server gepackt, ist differenzierter zu betrachten. Werden alle Features installiert, so der Kommentator, wird ein leistungsfähiger Server benötigt. Das ist zweifelsohne richtig! Nur wer benötigt alle Features und wenn doch, warum soll man sie dann auf nur einen Server packen? Ein Kleinunternehmen oder der Mittelstand wird kaum all die Dienste des Windows Server 2008 benötigen. Und “large global enterprises” haben auch heute schon eine Vielzahl an getrennten Servern im Einsatz wie etwa für AD, DHCP, DNS, Web-Dienste, Terminal Services oder andere Dienste. Ferner hat Microsoft durch das Konzept der Rollen, Features und dem Server Core nun dafür gesorgt, dass ein Server besser auf die benötigten Anforderungen abgestimmt werden soll. Da ist auch egal, dass Unix diese Server-Rollen schon früher kannte.

Ist MS über das Ziel hinausgeschossen?

Windows Server 2008 zu aufgebläht?

Die eigentliche Frage ist aber wohl eher, ob denn all diese Funktionen überhaupt notwendig sind und Microsoft nicht über das Ziel hinaus geschossen ist. In diesem Punkt stimmen wir mit dem Kommentator überein. Die Antwort in diesem Aspekt ist aber nicht IT-spezifisch: In nahezu allen Industriezweigen versucht man durch ein Mehr an Funktionen einen Vorsprung gegenüber dem Konkurrenten zu erhalten, unabhängig davon, ob der Nutzer dies will oder braucht. Und wer braucht schon Aero mit seinen semitransparenten Titelleisten und der Sidebar? Diesen Unfug hat offensichtlich auch Microsoft beim Server eingesehen und die Ressourcen-fressenden Gimmicks von Windows Vista, die nur den Herstellern von Grafikkarten nützen, gar nicht erst zum Windows Server 2008 dazu gepackt.

In Bezug auf die Netzwerkbandbreite des Windows Server 2008 allerdings sind wir der Meinung, dass schon aus Gründen der Ausfallsicherheit, der Wichtigkeit der Dienste oder der Prioritäten (Qualility-of-Service) es angeraten ist, mehrere Serversysteme mit unterschiedlichen Diensten zu betreiben und nicht alles auf einen Server zu packen.

Auch im letzten konkreten Punkt seiner Kritik jedoch stimmen wir wiederum mit unserem Kollegen der ITWeek überein. Durch die weitere Aufsplittung der Dienste des Windows Server 2008 auf mehrere Server werden prinzipiell mehrere Lizenzen für den Server benötigt. Aber auch das ist nicht unbedingt neu und schreibt nur den Trend fort, der schon seit Jahren besteht. Um dem zu begegnen, sollten die Unternehmen in ihren Preis- und Lizenzverhandlungen genau darauf achten, was sie benötigen und bezahlen müssen. Vielleicht hilft dabei ein Hinweis auf diverse Serverdienste die mittlerweile auch als Open Source angeboten werden und durchaus den Windows-Implementierungen ebenbürtig sind. Für Kunden die Volumenlizenzen besitzen stellt sich das Problem aber ohnehin nicht.


Die Microsoft-Werbung erweckt Assoziationen – die Marketing-Leute hatten den Text des David-Bowie-Lieds mit ähnlichem Titel aber wohl nie ganz gehört.

Und schließlich sind wir auch in Bezug auf das Motto der Einführung der neuen Produkte mit dem Kollegen einig: Microsoft stelle den Launch der neuen Server unter das Motto “Heroes happen {here}“. Es wurde von einem Song von David Bowie untermalt in dem es heisst “We can be heroes, just for one day” – doch welcher IT-Leiter will Helden nur für einen Tag? Man erwartet von der IT eine stabile und verlässliche Funktionsfähigkeit von 24*7*365 Stunden und keine IT-Helden als Feuerwehr, die immer schnell einen IT-Brandherd löschen und so zu Helden stilisiert werden.

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