Gebraucht-Software
Mutprobe Second-Hand-Software
Software-Pakete können weiterveräußert werden
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Es war eine nicht ganz alltägliche Presseveranstaltung, zu der Microsoft im März geladen hatte. Der Gebrauchtsoftware-Händler Usedsoft begleitete die Informationsveranstaltung nämlich mit einer Protestaktion. Auf der Straße vor dem Tagungsort fingen Usedsoft-Mitarbeiter die Besucher ab und versorgten sie mit Handzetteln: »Der Handel mit Gebraucht-Software ist legal. Microsoft führt die Öffentlichkeit in die Irre«, heißt es da.
Die Veranstaltung war der Auftakt einer Aufklärungskampagne, wie es Microsoft nennt. Aufgeklärt wurden die Medienvertreter dann auch, und zwar über Risiken bei der Verwendung gebrauchter Software und die Regeln, die laut Microsoft beim Handel mit gebrauchten Software-Lizenzen einzuhalten sind. Die wichtigste Regel vorweg: Software-Pakete können problemlos weiterveräußert werden.
Ran ans große Geld
Microsoft unterscheidet strikt zwischen dem Handel mit einzelnen Software-Paketen und dem Vertrieb von Volumenlizenzen. Letztere stellen die finanzkräftige Basis des Microsoft-Geschäftsmodells dar: Beim Verkauf (Open License), einem Deal per Ratenzahlung (Open Value) oder einem Mietvertrag (Open Value Subscription) von beispielsweise 500 oder mehr Windows-XP-Lizenzen wechseln de facto nicht etwa 500 CDs den Besitzer. Der Käufer erhält nur eine oder einige wenige Master-CDs oder einen Download-Zugang, um seine Client-PCs mit Software zu versorgen.
Dass es hierbei um ganz andere Geldbeträge geht als bei einzelnen Software-Paketen, versteht sich von selbst. Dies ist aber genau der Markt, von dem Gebrauchtsoftware-Händler wie Usedsoft profitieren möchten. Dabei werden Volumenlizenzen am Stück erworben, aufgespaltet und stückweise verkauft. Auch Unternehmen profitieren von dieser Form des Software-Handels: Hat eine Firma 100 Lizenzen einer Software erworben und entlässt Mitarbeiter, kann es unter Umständen äußerst interessant sein, 50 gebrauchte Lizenzen zu veräußern.
Kaufen in Irland
Das Recht für derartige Deals behält sich Microsoft über seine Lizenzbestimmungen vor; vor allem die Zersplitterung von Volumenlizenzen sind dem Konzern ein Dorn im Auge. Die Redmonder Lizenzierungspolitik sieht vor, dass eine Übertragung von Volumenpaketen an Dritte durch die irische Gesellschaft Microsoft Ireland Operations Limited genehmigt werden muss. Diese Abteilung ist es auch, die für ganz Europa Volumenlizenzverträge mit Unternehmen aushandelt. Nur mit deren Okay ist das Veräußern von Volumenlizenzen in Microsofts Augen überhaupt möglich – freilich nur durch MS-zertifizierte Gebrauchtsoftware-Händlern wie USC. »Ohne diese Zustimmung liegt ein Vertragsbruch vor, so gekaufte Lizenzen sind Raubkopien; wir verfolgen jeden rechtlich, der gegen unsere Lizenzbestimmungen verstößt«, erklärt Werner Leibrandt, bei Microsoft Direktor der Mittelstands-Sparte.
Kleine Rechtskunde
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Im Grunde dreht sich alles um den Paragraph 69c des Urhebergesetzes: »Wird ein Vervielfältigungsstück eines Computerprogramms mit Zustimmung des Rechteinhabers im Gebiet der EU […] in Verkehr gebracht, erschöpft sich das dem Urheber zustehende Verbreitungsrecht für dieses Vervielfältigungsstück.« Im Klartext: Beim Weiterverkauf von Software-Paketen erhalten KMUs durch diesen Erschöpfungsgrundsatz Rechtssicherheit. Microsoft hat als Urheber beim Wiederverkauf der Pakete nicht mehr den Daumen drauf. Fraglich ist, ob das auch für Volumenlizenzen gilt, da man dort eigentlich nicht von einem Vervielfältigungsstück sprechen kann.
Es sind widersprüchliche Gerichtsurteile, die die Parteien jeweils für ihre Seite auslegen: Das OLG München untersagte 2006 einem Anbieter den Verkauf gebrauchter Oracle-Lizenzen. Kurz darauf berief sich das LG Hamburg in einem gleichartigen Fall auf den Paragraphen 69c und entschied genau entgegengesetzt: »Das Verbreitungsrecht an den […] gehandelten Software-Lizenzen, die Microsoft auf Grundlage eines Volumenlizenzvertrags ihren Erstkunden eingeräumt hat, ist durch das erstmalige Inverkehrbringen […] erschöpft«. Dabei ging es um den Weiterverkauf von MS-Volumenlizenzen.
Kosteneffizienz vs. Rechtschaffenheit
Welche Form eines Gebrauchterwerbs eine Firma auch wählt: Entscheidend ist, wie viel Geld dadurch gespart werden kann. Microsoft-Pressesprecher Heiko Elmsheuser gibt zur MS-Preispolitik bei Gebrauchtlizenzen keine Auskunft. Die Preise würden direkt zwischen Verkäufer und Käufer ausgehandelt. Für Werner Leibrandt ist der Gebrauchtsoftware-Handel ohnehin »keine Kompetenz«. Der MS-Mittelstandschef spricht von einem »vernachlässigbaren Markt«.
Usedsoft wird bei Preisangaben konkreter. Mindestens zwanzig Prozent des Preises, den ein Erst-Erwerber ursprünglich an Microsoft gezahlt hat, sparen Usedsoft-Kunden ein. Oft auch deutlich mehr, etwa bei nicht mehr neu erhältlichen Windows-2000-Lizenzen: »Da können es schon mal 50 Prozent des ehemaligen Preises sein«, erklärt Usedsoft-Geschäftsführer Peter Schneider gegenüber PCpro.
Bis der Bundesgerichtshof über Gebrauchtlizenzen ein Urteil fällt – dies wird 2010 erwartet – müssen Firmen abwägen, ob sie den MS-Lizenzbestimmungen folgen – oder Geld sparen und sich mit Microsoft-Rechtsanwälten herumschlagen wollen. Für Letzeres haben sich etwa O2, Rewe, Woolworth und die Dekra entschieden.TKR
Microsofts Regeln
[1] Software-Paketedie auf einem Datenträger basieren, sind problemlos zu veräußern. Das Produkt muss jedoch mit CD, Lizenzvertrag, Echtheitszertifikat, Handbuch und Verpackung als Einheit weitergegeben und die Software auf dem ursprünglichen System gelöscht werden.
[2] Volumenlizenzen dürfen nur nach Absprache mit und schriftlicher Genehmigung durch Microsoft Irland über zertifizierte Zwischenhändler übertragen werden. Wer Mehrfachlizenzen angeboten bekommt, dem rät Microsoft, einen Master-Datenträger vor einem Geschäftsabschluss durch seine Antipiracy-Abteilung prüfen zu lassen.