Ist Fehlersuche eine Wissenschaft?Computerwissenschaftler gegen Bugs
Bauchgrummeln über “Wissenschaft”
Ist Fehlersuche eine Wissenschaft?
Manche nennen es Informatiker, andere “Computer Scientist”, also Computerwissenschaftler. Über diesen Begriff lässt sich trefflich streiten, wie etwa Nutzer es in der Diskussion um den Wikipedia-Eintrag tun. Die falsche Anwendung des Begriffs wurmt mich aber.
Kürzlich habe ich wiederholt festgestellt, dass man mich in der Presse als einen “Computerwissenschaftler” bezeichnet. Außerdem hatte ich lange Jahre hinweg die Möglichkeit, solche Personen zu interviewen, anzuwerben und auszubilden, die sich selbst als “Computerwissenschaftler” bezeichnen oder anstreben, einer zu sein.
Mein Bauchgrummeln in diesem Zusammenhang erwächst aus der Tatsache, dass ich keinerlei Vorstellung davon habe, was ein Computerwissenschaftler wohl tun mag. Auf einfachstem Niveau müssen sie natürlich Fachleute im Bereich Computerwissenschaften sein, aber was ist nun eigentlich die Computerwissenschaft?
In andere Wissensgebiete integriert
Ist Fehlersuche eine Wissenschaft?
Eine Wissenschaft, bei der es darum geht, wie Computer funktionieren, kann es ja wohl nicht sein. Denn schließlich ist das keine echte Wissenschaft sondern Technologie – Elektronik, Mechanik und die Dynamik für die verschiedenen Komponenten der Geräte.
Auch kann es nicht die Wissenschaft des Funktionierens von Programmen sein – denn dieser Bereich wird innerhalb der Mathematik bedient, die unterschiedliche Automatismen beschreibt – wie sie etwa früher für Turing-Maschinen beschrieben wurden. Es kann sich auch nicht wirklich um die Wissenschaft handeln, bei denen es um die Funktionsweise von Programmiersprachen geht: Das ist ein Spezialgebiet der Linguistik, wenn dieser Bereich nicht bereits mittels Algorithmen, also von der Mathematik, abgedeckt wird.
Kaum anzunehmen ist auch, dass es sich hierbei um die Anwendung von Computern für reelle Situationen handelt. Wenn ein Computer verwendet wird, um eine nukleare Reaktion zu simulieren, dann ist das Sache der Physik; Wettervorhersagen – Meteorologie; künstliche Intelligenz – Psychologie und ein Quäntchen Philosophie.
Wann ist ein “Wissenschaftler” Fachmann?
Ist Fehlersuche eine Wissenschaft?
Computer werden für eine Unmenge von “wissenschaftlichen” Bestrebungen verwendet, die von wirtschaftlichen Belangen bis hin zur Archäologie reichen. Aber nichts davon hat etwas mit “Computerwissenschaft” zu tun. Diejenigen Fachgebiete, die sich mit dem Studium von Computerwissenschaft befassen, sind bereits bestens in andere wissenschaftliche Disziplinen, wie die Ingenieurwissenschaften und die Mathematik, integriert.
Was können wir also als Computerwissenschaften bezeichnen?
Auf welchem Gebiet ist ein Computerwissenschaftler der Fachmann?
Das ist es!
Ist Fehlersuche eine Wissenschaft?
Vielleicht ist die Überlegung hilfreich, wenn man das Wort “Wissenschaft” etwas genauer unter die Lupe nimmt. Ganz allgemein gesprochen ist es die Anwendung “wissenschaftlicher Methoden” wie Beobachtungen, Hypothesen, Experimenten und wiederholter Beobachtung. Hinter all dem steht die Leidenschaft, die Wahrheit zu erkennen und nichts ohne nachprüfbares Austesten anzuerkennen. Für mich ist das der einzige wahrhaftige Punkt, an dem “Computerwissenschaft” die Bezeichnung “wissenschaftlich” verdient. Wo aber findet sich die Stelle in der EDV, wo eine solche Disziplin auch routinemäßig zum Einsatz kommt? – Bei der Fehlerbehebung in Computersystemen!
Früher habe ich es gehasst, wenn ein von mir geschriebenes Programm erstmals kompilierte. Aber wann auch immer das Programm mir unvermeidlich den Dienst versagte und nicht tat, was ich wollte, habe ich dies – im Gegensatz zu meinen Kollegen – als wertvolle Erfahrung verbucht.
Mein Maßstab für einen Computerwissenschaftler ist folgender: Wenn irgendetwas nicht funktioniert, kann er herausfinden, woran es liegt? – Der nächste Kandidat für ein Interview, der für sich die Qualifikation eines “Computerwissenschaftlers” beansprucht, sollte sich auf einige schwierige Aufgaben im Bereich Fehlerbeseitigung gefasst machen, um mich zu überzeugen.