IT-Chefs müssen auch Menschen managen
Macht IT die Mitarbeiter zu einsamen Einzelkämpfern?
Unendliche Weiten?
IT-Chefs müssen auch Menschen managen
Einer der am meisten überstrapazierten Ausdrücke in der Sprache des Managements ist das Konzept von “Raum”. Jeder Teilmarkt der IT – angefangen von mobilem Fernsehen bis zur Software für Business Intelligence – ist gehalten, über einen eigenen “Raum” zu verfügen
Bei aller Dominanz der Metaphern für den “Raum” in der Denk- und Handlungsweise der IT wird jedoch den real existierenden Räumlichkeiten, in denen sich die IT-basierte Arbeit abspielt, nur selten die Aufmerksamkeit zuteil, die sie verdienen.
Es ist nicht nur traurig, dass der Raum, der jedem einzelnen Arbeitsplatz zugeteilt ist, sich über die letzten beiden Jahrzehnte verkleinert hat. Laut Gill Parker, Chef des Arbeitsplatzgestalters BDGworkfutures, kann die Anordnung der Arbeitsplätze in der IT dazu führen, dass sie die Menschen von den klassischen Situationen einfach abtrennt, bei denen das Lernen am Arbeitsplatz häufig stattfindet. So haben sie wenig Raum – und dennoch “unendliche Weiten” (wie sie im Vorspann von Raumschiff Enterprise beschworen werden) vor sich.
Mehr Technik als Wissen
IT-Chefs müssen auch Menschen managen
Parker weist darauf hin, dass ein typisches Unternehmen heutzutage frischen Uni-Absolventen ein Übermaß an IT-Hard- und Software zur Verfügung stellt – aber nur wenig an Führungsqualität, nämlich Zeit, um sich mit erfahrenen Allroundern von Angesicht zu Angesicht austauschen zu können. Der Irrglaube, dass die Manager beispielsweise ihren auswärtigen Tele-Arbeitern vertrauen können, ist ja gut und schön. Aber Tatsache ist, dass viele dieser mit hohen Bandbreiten ausgestatteten Menschlein ziemlich schlecht darauf vorbereitet sein könnten, ihre Arbeit auch zu meistern.
Kurzum: Die heutigen Manager auf der mittleren und Juniorebene sind häufig überbezahlt, überbelastet und technisch übermäßig gut ausgestattet – aber es mangelt ihnen an Erfahrung.
Der moderne Arbeitsplatz hat sich so entwickelt, dass es schwer ist, noch eine echte persönliche Führungstätigkeit zu finden, die auf Druck, mühevoll erworbener Erfahrung, Disziplinarmaßnahmen und einer Erholungsphase nach einem Fehlschlag basiert. Die Schulungen in den modernen Unternehmen erfolgen zumeist in den Schulungs-Institutionen, die oft Eigentum großer Unternehmen sind, hier wird auf formale Wissensvermittlung Wert gelegt – statt dass man die Sudenten auf “Schulen des Lebens” schickt, wo es um echte Ereignisse und Entscheidungen geht.
Kein “Raum” für Erfahrungen
IT-Chefs müssen auch Menschen managen
Geht man von Parkers Meinung aus, scheint mir, dass die IT-Chefs die physische Anordnung ihrer Einrichtungen überdenken müssen. Ironischerweise bleibt die Raumplanung in Call-Centern weiterhin vernünftig – und zwar in dem Sinne, dass Teams von Leuten in “Cluster”, also Gruppen mit Abteilungsleitern, aufgeteilt sind, die ihnen bei schwierigen Anrufen zur Seite stehen können.
Bei Arbeitsplätzen, die hierarchisch etwas über den Call-Centern stehen sollten, erfolgt deren Gestaltung auch nicht annähernd den gleichen Prinzipien.
Augenkontakt, der beim Abwickeln von Anrufen und anderen belastenden Situationen extrem wichtig ist, spielt also in der Tat in den meisten Arbeitsplatz-Umgebungen eine Schlüsselrolle. Umgekehrt kann E-Mail eigenständig als eine Art Abteilungssilo fungieren. Jeder weiß, dass Mails mal nicht ankommen oder es verschiedene Arten sie zu lesen gibt. So können Kränkungen hineininterpretiert werden, die gar nicht beabsichtigt waren.
Kränkende Mails statt harmonisches Miteinander
IT-Chefs müssen auch Menschen managen
Dennoch werden viele Arbeitsplätze hinsichtlich der Workstations, Räumlichkeiten, Flure und Gebäude noch immer so konzipiert, dass E-Mails als Informationskanal gegenüber eindeutigen persönlichen Konfrontationen mit Kollegen aus echtem Fleisch und Blut bevorzugt werden.
Natürlich wissen wir, dass weder Nähe und noch Augenkontakt einen Garanten für ein harmonisches Miteinander und Teamwork in einem Büro darstellen. Und es gibt auch einen Bedarf an persönlicher und intellektueller Ungestörtheit. Ein IT-Chef wird es aber nicht allein durch gesunden Menschenverstand schaffen, die richtige räumliche Gestaltung zustande zu bringen. Er oder sie müssen die Geschäfts- und IT-Prozesse ordnen, die in jedem Arbeitsbereich ablaufen.
Dann müssen sie auf die tatsächlichen Gegebenheiten so umgesetzt werden, dass sie sowohl die Arbeitsabläufe rationalisieren als auch die Möglichkeiten für den persönlichen Lernprozess erweitern.