Recht für Webdesigner
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Recht für Webdesigner

Diverse Urteile der vergangenen Zeit haben insbesondere für Webdesigner und Site-Betreiber ein hohes Maß an Verunsicherung mit sich gebracht. Als Strafe für die unberechtigte Verwendung von fremden Inhalten wurde nicht nur ein Schadensersatz-, sondern darüber hinaus auch noch ein Schmerzensgeldanspruch zugebilligt. Die Übernahme eines kompletten Webdesigns wird dagegen nicht geahndet. Daher ist es nicht verwunderlich, wenn sich viele fragen, was inzwischen im Internet noch möglich und zudem auch erlaubt ist. Dass diese Frage berechtigt ist, erkennt man, wenn man sich die einzelnen Gerichtsentscheidungen näher ansieht.

Content-Klau

Recht für Webdesigner

In seinem Urteil vom 4. Mai 2004 (Aktenzeichen: 11 U 6/02, 11 U 11/03) hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main entschieden, dass nicht nur Schadensersatz, sondern auch noch zusätzlich Schmerzensgeld zu zahlen ist, wenn fremde Website-Inhalte übernommen und als die eigenen ausgegeben werden. Diesem Urteil lag ein recht brisanter Sachverhalt zugrunde. Ein Rechtsanwalt hatte ungefragt insgesamt 17 Texte von den Internetseiten eines Kollegen übernommen und diese auf seiner eigenen Online-Präsenz veröffentlicht. Er hatte die Artikel nicht nur vollständig eins zu eins übernommen, sondern auch noch den Namen des eigentlichen Verfassers gegen seinen eigenen ausgetauscht. Dadurch erweckte er bewusst den Anschein, als habe er die Beiträge selbst verfasst und sei daher berechtigt, sie auf seiner Internetseite zu veröffentlichen. Dieser Service sollte ihm wohl mehr Besucher einbringen. Doch der eigentliche Urheber entdeckte seine Texte, die nun unter fremdem Namen auf einer fremden Website präsentiert wurden und verklagte den Dieb auf Schadensersatz.

Wenig überraschend bejahte das OLG Frankfurt am Main bei dieser Sachlage einen Schadensersatzanspruch des eigentlichen Verfassers gegen den Beklagten in Höhe von 5100 Euro. Normalerweise muss eine Schadenshöhe konkret nachgewiesen werden. Unter anderem im Bereich des Wettbewerbs-, Marken- oder auch Patentrechts ist eine konkrete Schadenshöhe oft nur sehr schwer oder überhaupt nicht darzulegen. Daher gibt es anerkannte Schätzungen und Richtlinien, die einen Nachweis des konkreten Schadens im Einzelfall entfallen lassen. Im vorliegenden Fall sind die Frankfurter Richter zulässigerweise von den Grundsätzen einer fiktiven Lizenzgebühr ausgegangen, die hätte gezahlt werden müssen, wenn sich der Beklagte mit dem Verfasser vor Übernahme der Werke vertraglich geeinigt hätte.

Als Basis zur Berechnung der Höhe der fiktiven Gebühr dienten dem Gericht die Vergütungssätze für die Nutzung von Werken des Gema-Repertoires in Websites mit Electronic Commerce. Bei der zeitlichen Komponente stellte das erkennende Gericht nicht etwa auf die tatsächliche Nutzungsdauer ab, es ging von der fiktiv anzusetzenden Gesamtdauer von drei Monaten aus obwohl die Inhalte in Wirklichkeit kürzere Zeit online abrufbar waren.

Zusätzlich zum Schadensersatz gestand das Gericht dem Geschädigten einen Anspruch auf Schmerzensgeld von ebenfalls 5100 Euro zu. Ein Schadensersatzanspruch wurde bislang in Fällen einer unberechtigten Verwendung von fremden Inhalten regelmäßig gewährt, ein zusätzlicher Anspruch auf Schmerzensgeld ist jedoch ein Novum.

Neben der Tatsache, dass es sich um inhaltlich hochwertige Texte handelte, war für das Gericht der Aspekt ausschlaggebend, dass nicht nur fremde Inhalte ungefragt Verwendung fanden, sondern dass hier zudem auch noch den Lesern durch das Austauschen des Autorennamens vorsätzlich falsche Tatsachen präsentiert wurden. Jedem, der mehr als nur banale Texte publiziert, wird ein Anspruch darauf zuerkannt, dass sein Name im Zusammenhang mit dem von ihm erstellten Beitrag genannt wird. Für Journalisten ist dies fast genauso wichtig wie die Vergütung ihrer Arbeit. Dies gilt umso mehr im World Wide Web, das von zu vielen nach wie vor als eine Art rechtsfreier Raum betrachtet wird. Nach Ansicht des OLG Frankfurt ist es nicht hinnehmbar, dass das Urheberrecht des Verfassers durch die unberechtigte Übernahme seiner geschützten Inhalte durch den Beklagten in einer solchen Weise verletzt wird. Aus diesen Erwägungen heraus kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass dem tatsächlichen Verfasser der kopierten Beiträge eine weitergehende Wiedergutmachung zusteht. Die vorgesehenen Ansprüche auf Unterlassung, Gegendarstellung und Schadensersatz seien in diesem speziellen Fall nicht ausreichend.

Design-Diebstahl

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Es sind ebenfalls Richter am OLG Frankfurt am Main, die sich für die grundsätzliche Schutzwürdigkeit von Website-Designs gemäß § 2 des Gesetzes über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG) ausgesprochen haben. Allerdings entschieden sie in ihrem Urteil vom 22. März 2005 (Aktenzeichen: 11 U 64/2004) gegen den Kläger, der sein Layout zu Unrecht kopiert sah und sich auf dem Klageweg dagegen zur Wehr gesetzt hatte. In diesem Fall, so das Gericht, sei allerdings die notwendige Schöpfungshöhe nicht erreicht worden, da der Kläger lediglich grafische Vorlagen in HTML-Code umgesetzt hatte. Dies sei keine über das normale Maß hinausgehende Programmierleistung. In Anbetracht von immer schneller werdenden Internetzugängen haben sich jedoch das Gesicht sowie der technische Background von Internet-Auftritten stark verändert. Zunehmend kommen datenbankbasierende Systeme zum Einsatz, Designs werden verstärkt unter Verwendung von aufwendigen Grafiken und von Flash-Animationen erstellt. In diesem Zusammenhang kann man die Leistung eines HTML-Programmierers jedenfalls nicht pauschal bewerten, es hat stets eine Einzelfallbetrachtung zu erfolgen.

Eine ähnliche Argumentation findet sich im Urteil des Landgerichts (LG) München I vom 11. November 2004 (Aktenzeichen: 7 O 1888/04). Die Richter gestehen ebenfalls dem äußeren Erscheinungsbild von Internetseiten grundsätzlich die Schutzmechanismen des Urheberrechts (UrhG) zu, wenn eine aufwendige Gestaltung zu Grunde liegt, also eine gewisse Schaffenshöhe erreicht wird.

Das LG Köln kommt dagegen in seiner Entscheidung vom 15. Juni 2005 (Aktenzeichen: 28 O 744/04) zu dem Ergebnis, dass der Gestaltung einer Internetseite kein urheberrechtlicher Schutz zukommt. In dem Fall hatte sich der Designer eng an das vorgegebene Layout seines Auftraggebers gehalten und lediglich eine mittels Flash animierte Navigation hinzugefügt. Das Endergebnis sah das Gericht als nicht schutzwürdig im Sinne des UrhG an. Damit bewegt sich das Kölner LG argumentativ auf Augenhöhe mit dem Frankfurter OLG.

Die in den Medien intensiv geführte Diskussion rund um das Thema Urheberrechtsschutz von Webdesigns hatte allerdings das Urteil des OLG Hamm vom 24. August 2004 (Aktenzeichen: 4 U 51/04) angestoßen, in welchem der erkennende Senat den urheberrechtlichen Schutz eines Webdesigns mangels Schöpfungshöhe verneinte.

Maßnahmen

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Im Endergebnis bleibt festzuhalten: Man darf sich zwar von anderen Internetseiten inspirieren lassen und sich die eine oder andere Anregung für die eigene Website holen, im Zweifel sollte man allerdings davon Abstand nehmen, komplette Designs oder Inhalte einfach so zu übernehmen. Bittet man den eigentlichen Verfasser vorher um Erlaubnis, dann ist das nicht nur nett, sondern auch eine rechtliche Verpflichtung. Zudem gehen Sie dadurch eventuellem großen Ärger von vornherein aus dem Weg. In der Praxis hat sich gezeigt, dass so mancher Autor nicht auf etwaigen Lizenzzahlungen oder dergleichen besteht, sondern sich vielmehr geehrt fühlt, wenn man ihn um die Erlaubnis zur Verwendung seiner Texte bittet. Mit einer ungefragten Nutzung erzielt man eher das Gegenteil und riskiert den Gang vor Gericht.

Prinzipiell gilt in Deutschland der Grundsatz der Einzelfallbetrachtung. Das heißt, dass in ähnlich gelagerten Fällen von Content-Diebstahl ebenfalls ein Schmerzens
geldanspruch neben den zu zahlenden Schadensersatz treten kann aber nicht muss. Durch das Urteil des OLG Frankfurt tritt jedoch die dahinter stehende Problematik in den Vordergrund. Das unberechtigte Übernehmen fremder Texte und Bilder findet nahezu täglich statt, nirgends wird es einem so leicht gemacht wie im Internet. Gleichwohl ist nicht zu verkennen, dass das ungefragte Verwenden fremder Inhalte unter Gesichtspunkten des Urheber- und Wettbewerbsrechts nicht nur zivil-, sondern möglicherweise auch strafrechtliche Konsequenzen haben kann. Die im Urteil aufgestellten Grundsätze sind zu begrüßen, ansonsten würden auch zukünftig viele Webmaster ungeniert weiter klauen und einfach das Risiko eingehen, entdeckt zu werden. Da in solchen Fällen bisher kein Schmerzensgeld zugesprochen wurde, konnte es sich teilweise finanziell sogar rechnen, anstelle von Lizenzzahlungen den Urheber einfach vor vollendete Tatsachen zu setzen. Damit ist jedoch nun Schluss.

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