Möglichkeiten der Warensicherung durch Etikettierung

Innovation

Fake-Shops, Identitätsdiebstahl, Phishing & Co. – die Liste krimineller Taten, die dem Onlinehandel schadet, ist lang und beinahe täglich hört man von neuen Angriffen auf verschiedene Unternehmen.

Fast vergessen könnte man dabei, dass auch der stationäre Handel in Deutschland unter Kriminellen stark zu leiden hat. 325.786 Ladendiebstähle wurden im Jahr 2019 polizeilich erfasst. Diese Zahl ist keine Ausnahme. Seit 2008 wurden jährlich über 300.000 Ladendiebstähle begangen und es ist nicht damit zu rechnen, dass die Zahlen alsbald unter diesen Wert sinken. Der Schaden, der bei diesen Diebstählen entsteht, beläuft sich dabei jedes Jahr auf oftmals mehrere Milliarden Euro.

Doch grundsätzlich könnten Händler*innen diesen Diebstählen noch besser vorbeugen. Gerade in Branchen, in denen hochpreisige Artikel angeboten werden, ist es dringend ratsam, Warensicherungen zu installieren. Gerade Etiketten, die mittels spezieller Technik ausgelesen werden und gegebenenfalls Alarme auslösen können, sind dabei unabdingbar.

Wie Sicherheitsetiketten Waren sichern

Mit Hilfe spezieller Sicherheitsetiketten können Händler*innen ihre Waren auf verschiedene Art und Weise sichern. Zum einen gibt es Sicherheitsetiketten, die für sich alleine und ohne Elektronik funktionieren, zum anderen gibt es Etiketten, die Artikel mit Hilfe von Antennentechnik sichern.

Erstere Etiketten eignen sich bestens um Manipulationsversuche an Produkten zu erkennen, hochwertige Produkte zu versiegeln oder Eigentum an einer ganz bestimmten Stelle zu markieren. Diese Etiketten können, den eigenen Ansprüchen entsprechend und mit eigenem Design versehen, bei gängigen Druckerei bestellt werden. Es gilt hierbei, die Vielfalt und die Möglichkeiten zu beachten, die diverse Etiketten bieten, um das individuell passende Exemplar zu finden. Mal mag ein Etikett mit Hologramm, mal eines aus glänzender PET-Folie die richtige Wahl sein. Dies ist von Anwendungsfall zu Anwendungsfall verschieden.

Zweitere Etiketten sichern Waren elektronisch ab. Auch solche Etiketten können zunächst als „Grundlage“ je nach Belieben bei Großdruckereien in Auftrag gegeben und beliebig bedruckt werden. Anschließend werden sie mit Spezialetiketten kombiniert, um die Waren vor Ladendiebstählen zu sichern. Diese elektronisch gesicherten Artikel können im Handel ausschließlich an der Kasse oder von eingewiesenem Personal deaktiviert, bzw. entfernt werden.

Versuchen Kriminelle eine elektronisch etikettierte Ware zu stehlen, wird spätestens am Ausgang ganz automatisch Alarm ausgelöst. Je nachdem, welche Technik verwendet wird, sind die Die Empfangseinrichtungen als Schleusensystem meist mit seitlich angeordneten Detektionsantennen installierbar. Auch gibt es in den Boden installierte Systeme, Überkopfsysteme oder auch versteckt und hier beispielsweise in Schaufensterpuppen integrierte Möglichkeiten.

RF-, AM- und EM-Etikettensysteme zur Sicherung

Bei der Elektronischen Artikelsicherung (Electronic Article Surveillance), kurz EAS, unterscheidet man grundsätzlich zwischen drei, bzw. vier gängigen Technologien. Diese sind:

  1. Radiofrequente Technologie (RF)
  2. Akustomagnetische Technologie (AM)
  3. Elektromagnetische Technologie (EM)
  4. RFID

Da besonders die ersten drei relevant sind, sollen hier auch nur diese detaillierter vorgestellt werden.

RF

Bei der Radiofrequenztechnik wird mit Hilfe von Sende- und Empfangstechnik ein Radiofrequenzfeld erzeugt, das sich auf einen bestimmten, räumlich begrenzten Bereich verteilt. Den Alarm lösen Ein- oder Mehrantennnesysteme aus, die am Geschäftsein- und -ausgang platziert werden können. Sie schlagen Alarm, sobald ein gesicherter Artikel die „Schranke“ passiert.

Ein RF-Etikett auf der Rückseite eines Barcodes – flach, aber nicht so klein, wie andere Sicherheitsetiketten. stock.adobe.com © Demianastur (DATEI-NR.: 235380805)
Ein RF-Etikett auf der Rückseite eines Barcodes – flach, aber nicht so klein, wie andere Sicherheitsetiketten. stock.adobe.com © Demianastur (DATEI-NR.: 235380805)

RF-Sicherungsetiketten sind im Grunde für fast alle Warengruppen geeignet. Es gibt sie in einer Vielzahl an Größen und Formaten, sodass damit Schuhe, Lebensmittel, Bekleidung, aber etwa auch Drogerieartikel oder Weine gesichert werden können. Metallische Waren lassen sich mit RF-Etiketten schlecht absichern, da diese die Radiowellen eliminieren können. Ungeeignet sind für RF-Etiketten auch mobile elektronische Geräte wie Hörgeräte oder Handys, da diese mit ihren elektrischen Schaltungen Resonanzkreise auf der Detektionsfrequenz darstellen. Dies kann zu ungewollten Fehlalarmen führen.

Die übliche Durchgangsbreite bei RF-Antennensystemen beträgt knapp 2,40 Meter. Alles, was darüber hinausgeht, kann die Funktionalität einschränken. Nachteile von RF-Etiketten sind vor allem ihre Größe (meist mindestens 4 mal 4 Zentimeter) und, dass sie nach einer Deaktivierung nicht wieder gezielt aktiviert werden können.

AM

Bei der akustomagnetischen Technologie senden die Antennen im Ein- und Ausgangsbereich eines Geschäfts Ultraschallschwingungen aus. In den Klebeetiketten befinden sich mehrere dünne Metallplättchen, die in das von den Spulen an der „Schranke“ erzeugte magnetische Wechselfeld geraten, sobald ein Kunde den Laden verlassen möchte. Durch Magnetostriktion kommen die amorphen Metallstreifen in mechanische Schwingungen. Im Resonanzfall schwingen sie nach Ende der Anregung noch kurz nach. Dieses Nachschwingen erzeugt wiederum ein Magnetwechselfeld, das von den gleichen Spulen an der Schrankeempfangen wird.

Das Sicherungssystem erkennt diese Schwingungen des Etiketts innerhalb einer Erfassungsbreite von in der Regel bis zu 2,40 Meter mit vertikal installierten Antennen und schlägt Alarm.

Wenn eine größere Durchgangsbreite benötigt wird, können mehrere AM-Systeme auch aneinandergereiht werden. Mit bestimmten Bodenantennensystemen lassen sich im Grunde auch beliebig breite Ein- und Ausgänge absichern.

AM-Etiketten sind leicht und schnell zu installieren, lösen zuverlässig Alarm aus und sind recht klein und leicht. Sie funktionieren meistens fast völlig fehlerfrei – auch etwa bei metallhaltigen Verpackungen. AM-Systeme sind somit für alle Sortimentsbereiche geeignet, wie etwa Bekleidungs, Parfümerie-/Drogerie, Baumärkte, MEdia- und Elektronik sowie Supermärkte.

Durch eine Entmagnetisierung des Metallstreifens wird ein AM-Etikett verstimmt, wodurch es deaktiviert wird. Theoretisch – und das ist als einziger Nachteil zu nennen – könnten Kriminelle ein magnetisches Wechselfeld erzeugen, um die Etiketten zu deaktivieren. Dieses Wechselfeld müsste jedoch schon sehr stark sein.

EM

EM-Systeme basieren auf dem Metalldetektionsprinzip. Ein ausgewähltes Metall sowie eine spezielle Codierung werden von der Elektronik erkannt und lösen dadurch einen Alarm aus. Die kurzen Metallstreifen in EM-Etiketten sind hartmagnetisch und im aktiven Zustand im Gegensatz zu AM-Etiketten unmagnetisiert. Möchte man ein EM-Etikett deaktivieren, setzt man es einem magnetischen Gleichfeld aus. Dadurch wird es dauermagnetisch und hält den weichmagnetischen langen Metallstreifen in Sättigung. Das bedeutet, dass dieser einer Ummagnetisierung durch ein äußeres Feld nicht mehr folgen und keine Oberwellen mehr erzeugen kann. Er löst dadurch keinen Alarm mehr aus.

Besonders praktisch ist bei EM-Etiketten, dass durch unterschiedliche Anordnungen der hartmagnetischen Abschnitte entlang des Metallstreifens auch andere Anordnungen der Muster von Oberschwingungen entstehen. Diese individuellen Schwingungen lassen sich wiederum nutzen, um etwa unterschiedlicher Produktgruppen unterscheiden zu können. Meist werden mit EM-Etiketten Büchern und Medien etwa in großen Bibliotheken abgesichert. Auch kleine oder runde Gegenstände und Produkte mit Folienverpackungen oder Metallgegenstände wie Kosmetika, Medikamente, Haushaltsgeräte und Ähnliches lassen sich schützen. Selbst Artikel in Aktentaschen aus Metall oder in Folie befindliche Objekte können meistens erkannt werden.

Vorteile der EM-Technik sind die gute Erkennungs- und Auslösungsqualität sowie die universelle Einsetzbarkeit. Außerdem sind Etiketten mit oft nur 0,02 Millimeter sehr dünn und sie müssen nicht wie AM-Etiketten in einer Kunststoffhülle liegen. Zudem sind sie unempfindlich gegen Knicke. Der größte Nachteil der Systeme ist allerdings die geringe Durchgangsbreite von gerade einmal 0,8 bis 1 Meter. Fluchtverordnungen schreiben heute Durchgangsbreiten von zwei Metern vor. Bei einem Einsatz von drei Antennen lässt sich die Durchgangsbreite allerdings auch auf maximal zwei Meter ausdehnen.

Wie Fehlalarme vermieden werden

Die Deaktivierung elektronischer Sicherheitsetiketten erfolgt im Regefall an der Kasse in einem Warengeschäft. Das Ganze läuft ganz automatisch während des Bezahlvorgangs ab. Um für die maximale Sicherheit zu sorgen, kann die Deaktivierung auch erst erfolgen, nachdem Kund*innen ihre Waren bezahlt haben.

Fehlalarme an Ausgängen von Ladengeschäften können auch durch reaktivierte Sicherheitsetiketten ausgelöst werden. stock.adobe.com © Mihail (DATEI-NR.: 278498027)

Wichtig ist, dass die Deaktivierung beim Scannen der Waren dann auch wirklich erfolgt. In der Regel wissen die Mitarbeiter*innen an der Kasse nicht, wo genau der Artikel mittels Etiketten gesichert ist. Das Etikett muss also so angebracht sein, dass es selbst bei schnellerer Abfertigungsgeschwindigkeit etwa aufgrund hohen Andrangs an Wochenendtagen ohne Probleme vom Scanner deaktiviert werden kann.

Nicht deaktivierte Artikel lösen, wenn die Technik tut, was sie soll, Fehalarme aus. Dies sollte durch eine optimierte Platzierung der Etiketten an den Waren verhindert werden. Kommt es zu gehäuften Fehlalarmen, führt das dazu, dass das Vertrauen ins System sinkt. Außerdem nimmt den Alarm in einem Geschäft irgendwann vielleicht keiner mehr ernst, obwohl es irgendwann vielleicht wirklich zu einem echten Diebstahl kommt.

Ungewollte Reaktivierung bereits deaktivierter Etiketten

Manche ungewollten Fehlalarme sind auch auf eine Reaktivierung bereits deaktivierter Etiketten zurückzuführen. Eine solche Reaktivierung kann in manchen Fällen gewollt sein. Bei akustomagnetischen Etiketten können diese etwa im Falle von Rücknahmen wieder reaktiviert werden. Die Waren können anschließend wieder ganz normal in den Verkauf gehen und die Etiketten müssen somit auch wieder deaktiviert werden.

Manche Etiketten allerdings reaktivieren sich auch ungewollt wieder. Meistens liegt das an einer statischen Reaktivierung, bei welcher die Etiketten von selbst urplötzlich und unvorhersehbar wieder aktiviert werden. Bei der dynamischen Reaktivierung ist die erneute „Aufladung“ eine Folge von Bewegung. Die unterschiedlichen Risiken solch einer ungewollten Reaktivierung sind von Etikett zu Etikett und Hersteller zu Hersteller sehr unterschiedlich. Die einzige Möglichkeit, die Reaktivierung möglichst zu verhindern, ist es daher, auf besonders hohe Qualität der Etiketten zu achten.

Maschinelle Etikettierung – Effizienz gegen weniger Sicherheit

Eine weiterer Sache kann die Funktionstüchtigkeit oder die gewollten Effekte der elektronischen Etiketten beeinträchtigen: Die Art der Anbringung dieser Etiketten.

Wie bereits erwähnt, funktioniert die Deaktivierung der Etiketten an der Kasse am besten, wenn die Etiketten an einer gut gewählten Stelle am Produkt angebracht sind. Manuelle Anbringung ist hier der einfachste Weg, um das zu garantieren.

Mit der manuellen Anbringung der Etiketten sichert man sich auch gegen ein zweites Problem ab: Manche Etiketten verlieren bereits beim Anbringungsprozess ihre Wirkung. Das ist im Grunde ausschließlich bei maschineller Etikettierung der Fall. Werden Artikel etwa bereits bei der Herstellung oder beim Verpackungsprozess maschinell mit Etiketten versehen, kann es unter anderem zu elektrostatischer Entladung kommen. Zwar läuft Massenetikketierung so mitunter deutlich schneller ab, als bei der Auszeichnung vor Ort im Ladengeschäft, die Sicherheit kann darunter aber eben auch leiden. Hier gilt es also abzuwägen, welche Methode einem auf lange Sicht voraussichtlich mehr Geld und/ oder Zeit spart.

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