Ratgeber: Medienverwaltung für Profis
Software zur Verwaltung von Multimedia-Dateien wie Fotos oder Videos ist nicht besonders glamourös, für Profi-Fotografen aber unverzichtbar. Auch Unternehmen, die viel mit Fotos arbeiten, kommen nicht ohne diese Programme aus. ITespresso zeigt, was die Programme können – und stellt die spannendsten Produkte vor.
Braucht man das wirklich? Ein kompliziertes Programm, das nichts anderes tut als nur Fotos zu sortieren und zu verwalten? Schließlich gibt es auch den Windows Explorer. Der kann auch schon einiges. Zum Beispiel Fotos nach unterschiedlichen Kriterien anzeigen und alle Dateien nach Typ gruppieren.
Aber eine Medienverwaltung kann viel mehr. Gerade Fotografen, Agenturen oder Unternehmen, die viel mit Bildern arbeiten, profitieren von den fortgeschrittenen Funktionen. Das Schlagwort heißt Digital Media Management oder auch Digital Asset Management (DAM). Denn es geht längst nicht nur darum, Fotos zu sortieren und mit der integrierten Bildbearbeitung aufzuhübschen. Wichtig ist für professionelle Anwender vor allem die Verwaltung der Rechte und Lizenzen. Außerdem helfen die Programme bei unterschiedlichen Bildversionen den Überblick zu behalten.
Diese Features gehören inzwischen zu den Kernfeatures moderner Medienverwaltungsprogramme. Zudem taugen die Programme auch zur Verwaltung von Videos und Audiodateien.
Die Grundfunktionen
Alle Medienverwaltungsprogramme bieten zunächst einmal dieselben Grundfunktionen. Sie stellen nahezu alle denkbaren Bildformate dar (inklusive RAW), sie zeigen die Multimediadateien nach vielfältigen Sortierkriterien oder Eigenschaften an, die der Nutzer vorgibt, und sie erlauben die Bearbeitung der Bilder.
Ein zentrales Feature ist die Vergabe von Tags oder Schlagwörtern. Die Medienverwaltung katalogisiert alle Dateien und zeigt diese dann nach beliebigen Schlagwörtern sortiert an. Damit kann der Fotograf alle Bilder anzeigen lassen, die eine bestimmte Eigenschaft oder eine Kombination mehrerer Eigenschaften aufweisen. Das Programm zeigt dann beispielsweise alle Fotos einer bestimmten Person an, die 2015 an einem bestimmten Ort geknipst wurden. Oder alle Teleaufnahmen dieser Person an diesem Ort. Oder alle Aufnahmen aus dem Juni 2015, die die besagte Person in einer bestimmten Stadt zeigt und die ohne Blitz aufgenommen wurden. Einige Programme beherrschen auch das Face-Tagging, also Gesichtserkennung. So zeigen sie dann alle Bilder an, auf der eine bestimmte Person zu sehen ist.
Mit dem Windows Explorer müsste man sich diese Aufnahmen mühsam aus verschiedenen Ordnern zusammensuchen. In der Regel kann man auch die Geodaten der Fotos als Sortier-Kriterium verwenden, sofern vorhanden. Dann zeigt die Software beispielsweise alle Bilder an, die auf dem Messegelände in Hannover entstanden sind.
Bildmanager für für Fotografen und Unternehmen
Will man einzelne Bilder optimieren, startet das Bildbearbeitungsmodul direkt aus dem Programm heraus. Will man mehrere Bilder auf gleiche Weise bearbeiten, nutzt man die Stapelverarbeitung. Änderungen sind in der Regel nicht destruktiv, die Originaldatei bleibt also erhalten.
Manchmal ist es auch erforderlich, von ein und demselben Bild unterschiedliche Varianten herzustellen, also beispielsweise eine Farb- und eine Schwarzweiß-Version oder Bilder in unterschiedlichen Formaten. In diesen Fällen behält das Programm auch die unterschiedlichen Versionsnummern im Blick und sorgt dafür, dass diese jeweils schnell wieder gefunden werden können. Das ist besonders in Unternehmen wichtig, bei der mehrere Mitarbeiter auf den gleichen Bildbestand zugreifen.
Wer Bilder im Web veröffentlicht oder verkauft, muss auch die Lizenzen und Urheberrechte managen oder die Fotos mit Wasserzeichen versehen. Auch dafür bieten die Medienverwaltungsprogramme – zumindest die Profi-Versionen – eine Reihe von Optionen, mit denen sich das DRM (Digital Rights Management) organisieren lässt.
Sortieren mit dem Windows Explorer
Wer all diese fortgeschrittenen Funktionen nicht benötigt, kann seine Fotos durchaus auch mit dem Windows Explorer sortieren, gruppieren und anzeigen lassen. Klickt man auf Ansicht”, “Sortieren nach”, “Mehr”, werden zahlreiche Kriterien angezeigt, nach denen sich Fotos anzeigen lassen, darunter beispielsweise “Blende”, “Messmodus” oder “Lichtquelle”. Der Hobbyfotograf, der nur seine Urlaubsbilder ordnen will, kommt damit vielleicht schon aus.
Wer aber eine eigene, leistungsfähige Datenbank mit Mediadateien aufbauen und diese über Jahre nutzen will, benötigt Profi-Software. Im Folgenden stellt ITespresso die interessantesten Programme vor.
ACD Systems – ACDSee 19
Der Klassiker der Bildverwaltung kommt von ACD Systems, heißt ACDSee und ist schon seit 1994 auf den Markt. Was als 16-Bit-Bildbetrachter für Windows 3.1 begann, ist heute ein extrem leistungsfähiges Programm zum Verwalten und Bearbeiten von Bildern.
Wer die aktuelle Version 19 startet, wird erstmal eingeschüchtert sein von der Vielzahl der Funktionen. Dementsprechend entfaltet das Programm seinen Nutzen erst nach gründlicher Einarbeitung.
Das gilt umso mehr für die Profiversionen von ACDSee. Denn die Version 19 ist trotz der Funktionsvielfalt in erster Linie für Hobbyfotografen gedacht, die ihre große Bildersammlung in Griff bekommen wollen.
Die Versionen Pro 9 und Ultimate dagegen wenden sich an professionelle Anwender. Sie sind in der Lage, auch RAW-Bilder zu decodieren und zu entwickeln und bieten eine Reihe weiterer Funktionen. So kann man etwa die Grundeinstellungen für Helligkeit und Kontrast in verschiedenen Farbbändern einstellen, die Verzerrungen von Objektiven korrigieren oder Retrofilter anwenden, um nur einige wenige Beispiele zu nennen. Auch das Einfügen von Wasserzeichen bieten nur die Profiversionen. Die Ultimate-Version verfügt unter anderem zusätzlich über die Möglichkeit, mit Ebenen zu arbeiten. Wer beruflich mit Bildern arbeitet, ist also auf die Versionen Pro 9 oder Ultimate 9 angewiesen.
ACDSee 19
Bereits die Grundversion ACDSee 19 von ACD Systems bietet eine Fülle an Funktionen wie ein kurzer Test zeigt. Nach der Installation und dem obligatorischen Anlegen eines Benutzerkontos wird das Programm zuerst einmal an die Bedürfnisse des Nutzers angepasst. Der legt beispielsweise fest, welche Ordner auf der Festplatte katalogisiert werden sollen, wie oft das Programm an die Datensicherung erinnern soll und welches Anzeigeschema am besten gefällt (Hell, Silber oder Kohle).
ACDSee bietet mehrere Anzeigeschemata. Der Anwender kann die Dateien als Thumbnails im Katalog ansehen, einzelne Bilder im Vorschaufenster betrachten, während die anderen als Filmstreifen darunter angezeigt werden, im Bearbeiten-Modus, nur ein Bild auf den Bildschirm bringen oder alle Dateien nach Datum geordnet erscheinen lassen.
Überhaupt ist ACDSee beim Verwalten, Sortieren und Ordnen der Mediendateien ein wahres Feature-Monster. Das gilt auch für das Vergeben von Schlagworten und Merkmalen für Fotos. Dementsprechend leistungsfähig sind auch die Such- und Anzeigefunktionen.
Praktisch für Anwender mit zwei Monitoren: Im Ansichtsmodus kann man beispielsweise ein Bild in voller Größe ansehen und gleichzeitig auf dem zweiten Monitor die Ordner durchsuchen. Beachtlich ist auch die Fülle der Bildbearbeitungsfunktionen. Neben Standardfunktionen wie Rote-Augen-Reparatur, bietet auch der Pinsel (mit unterschiedlichen Druckstärken) zahlreiche Funktionen. Durchaus beeindruckend auch die Zahl der fertigen Effekte, die man auf Fotos anwenden kann. Schließlich lassen sich mehrere Fotos auch als PDF oder HTML-Datei zusammenfassen.
ACDSee 19 sieht man an, dass die Software schon viele Versionen auf dem Buckel hat. Die Zahl der Funktionen ist enorm. Ohne eine gewisse Einarbeitungszeit geht es also nicht. Dann allerdings zeigt sich die Software als Medienverwaltung, die keine Wünsche offen lässt.
Photo Supreme
Eine professionelle Software für das Digital Asset Management in Unternehmen. Beherrscht laut Hersteller ID Imager Systems alle Grundfunktionen wie Anzeigen der Bildern nach verschiedenen Kriterien oder Vergeben von Tags und Schlagwörtern.
Die Software integriert sich laut Hersteller automatisch mit Bildbearbeitungsprogrammen. Will man ein in Photo Supreme angezeigtes Bild optimieren, startet automatisch die entsprechende Bildbearbeitung.
Laut Hersteller haben die Entwickler besonderen Wert auf Schnelligkeit gelegt. Auch in Bilddatenbanken mit mehreren tausend Bildern werden bei Suchanfragen angeblich die Ergebnisse in Millisekunden angezeigt. Die Fotos können direkt aus dem Programm heraus auf Seiten wie Flickr oder Picasa Web hochgeladen werden. Metadaten wie Wasserzeichen, Angaben zur Bildgröße oder Tags werden mit hochgeladen. Photo Supreme gibt es als Einzelplatz-Version und als Server Edition.
Pixx.io
Pixx.io eignet sich als Bild- und Medienverwaltungs-Software für den Einsatz im Unternehmen. Die Software beherrscht dabei nicht nur Bilder, sondern Dateiformate aller Art, darunter auch Video- und Audiodateien.
Die DAM-Funktionen (Digital Asset Management) sollen dafür sorgen, dass alle Mitarbeiter jederzeit den Überblick über die verschiedenen Versionen haben und je nach Rechtevergabe auch darauf zugreifen können. Ein Lizenzrechtemanagement gehört ebenfalls dazu. Bei jeder Datei werden die jeweiligen Urheber- und Lizenzrechte angezeigt, sofern diese vorher bestimmt wurden.
Die Bedienoberfläche der Software ist trotz des großen Leistungsumfangs einfach und übersichtlich. Kein Wunder, das Unternehmen Pixx.io wurde erst 2015 im bayerischen Mühldorf am Inn gegründet, dementsprechend neu und frisch ist der Look der Bedienoberfläche.
Eine Besonderheit von Pixx.io ist der hybride Aufbau. Die Daten sind auf dem Server des Unternehmensnetzwerks gespeichert, können aber im Bedarfsfall – etwa bei der Zusammenarbeit mit einem externen Partner – kurzzeitig in die Cloud des Anbieters übertragen werden. Mithilfe einer App kann man auch unterwegs gesammelte Daten direkt in die Cloud übertragen.
Ausgeliefert wird Pixx.io auf Wunsch auch als Komplettlösung, bestehend aus Mini-Server und Software.
Daminion
Übersichtlich, sauber und aufgeräumt präsentiert sich Daminion, eine digitale Medienverwaltung für Unternehmen von Daminion Software. Das Programm konzentriert sich nicht nur auf Bilder, sondern verwaltet alle möglichen Dateiformate, also auch Videos, Audiodateien und Texte. Sogar CAD- oder Vektor-Zeichnungen lassen sich managen.
Neben den grundlegenden Funktionen beim Importieren, Katalogisieren, Verschlagworten und Suchen der Mediendateien beherrscht Daminion auch das Rechte- und Lizenzmanagement.
Auch fortgeschrittene Funktionen wie die Integration der Geo-Daten unterstützt die Software. In der Kartenansicht werden die Fotos dann automatisch in der Kartenansicht platziert. Der Anwender kann die Geo-Daten auch nachträglich einfügen.
Eine Versionskontrolle hilft dabei, alle Versionen im Blick zu halten und kann bei Bedarf auch alte Version wieder herstellen. Durch den Web-Zugriff greift der Anwender auch von unterwegs via Tablet oder Smartphone auf die Daten zu.
Laut Hersteller haben die Entwickler bei der Programmierung auf “schnelle Codeausführung” geachtet. Besonders bei Bildagenturen, die täglich mit Hunderttausenden oder gar Millionen von Datensätzen jonglieren, ist das ein wichtiger Aspekt.
Prinzipiell gibt es zwei Versionen: Eine Standalone-Variante für den PC oder die Server-Variante für die Installation im Unternehmens-Netzwerk. Wobei die Standalone-Version auch als Client und Bedienoberfläche für die Server-Version fungiert. Zum Ausprobieren eignet sich die Version Standalone Free, die zum Nulltarif alle Funktionen bietet, aber auf maximal 15.000 Dateien beschränkt ist.
Canto Cumulus
Canto Cumulus ist eine Lösung für das Digital Asset Management (DAM) in Unternehmen. Der Hersteller hebt vor allem die Metadaten- und Index-Architektur hervor, die helfen soll, Mediendateien besonders schnell zu finden.
Beim Import liest Cumulus die Metadaten des Bilds automatisch aus. Zudem kann der Nutzer eigene Metadatenfelder definieren. Auch eine Versionskontrolle bei bearbeiteten Mediendaten und die Wiederherstellung alter Versionen ist möglich.
Die bei der Verwaltung, Bearbeitung und Veröffentlichung entstehenden Bearbeitungsschritte im Unternehmen lassen sich als Workflow automatisieren. Für die Nutzung unterwegs gibt es eine App, die allerdings nur für Apples iPad oder iPhone erhältlich ist.
Adobe Lightroom
Wer die letzten Feinheiten von Adobes Bildbearbeitungs-Flaggschiff Photoshop nicht benötigt, dafür umfangreiche Verwaltungsfunktionen sucht, dürfte bei Lightroom an der richtigen Adresse sein. Die Software ist als Desktop-Variante (Version 6) beziehungsweise als cloudbasierte Version, Lightroom CC, erhältlich. Das Kürzel CC steht für Creative Cloud, bezahlt wird hier in einem Abo-Modell. Zusammen mit der Bildbearbeitung Photoshop CC sind dann 12 Euro pro Monat fällig.
Ein Kernfeature ist die Entwicklung und Verarbeitung von RAW-Dateien, damit ist Lightroom für Profi-Fotografen das Werkzeug der Wahl. Darüber hinaus stehen umfangreiche Funktionen zur Bildbearbeitung zur Verfügung. Die Bildbearbeitung arbeitet nicht destruktiv, die Originaldatei bleibt jeweils erhalten, lediglich die Änderungen werden in einer Datenbank gespeichert oder einer Meta-Datei gespeichert.
Der Schwerpunkt der Software liegt mehr auf der Bearbeitung und nicht auf der Verwaltung. Wenn aber nicht gerade eine große Mediendatenbank mit Features wie Rechtemanagement und Versionskontrolle benötigt wird, sind die Verwaltungsfunktionen in Lightroom völlig ausreichend.