Amazon muss Weihnachtsgeschäft ohne Sonntagsarbeit bewältigen

Das Sächsische Oberverwaltungsgericht hat nach einer Klage von Verdi die bereits erteilte Genehmigung zur Sonntagsarbeit am 3. und 4. Adventssonntag gekippt. Amazon wollte bis zu 3000 Arbeitnehmer von 6 Uhr 30 Uhr bis 23 Uhr 30 Uhr arbeiten lassen.
Amazon darf an den beiden kommenden Sonntagen nicht wie geplant und zunächst von der Landesarbeitsdirektion Sachsen genehmigt, bis zu 3000 Arbeitnehmer in die Lagerhallen in Leipzig kommen lassen. Wie die regionale Tageszeitung MOPO berichtet, begründen die Richter des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts in Bautzen ihr Urteil damit, dass die Voraussetzungen für die Bewilligung der Sonntagsarbeit schlichtweg nicht vorliegen.

Sonntagsarbeit sei nur zur Verhütung eines unverhältnismäßigen Schadens gerechtfertigt. “Bei der Auftragszunahme im Vorweihnachtsgeschäft handelt es sich um ein jährliches und absehbares Ereignis”, zitiert die Zeitung die Richter. Daher hätte Amazon zum Beispiel einfach rechtzeitig mehr Mitarbeiter einstellen können.
Geklagt hatte in Sachsen die Gewerkschaft Verdi. In Hessen war das gar nicht notwendig: Dort hatte das Regierungspräsidium Kassel den Amazon-Antrag auf Sonntagsarbeit am 13. und am 20. Dezember schon von vorneherein abgelehnt.
Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts soll keine Lieferverzögerungen nach sich ziehen, erklärte eine Amazon-Sprecherin am Freitagabend gegenüber MOPO. Kunden könnten sich darauf verlassen, dass Weihnachtsgeschenke pünktlich ankommen. In Leipzig hätten an Sonntagen ohnehin nur Freiwillige gearbeitet.
Wie die Mitteldeutsche Zeitung berichtet, gab es bereits am Freitag in den Amazon-Standorten Bad Hersfeld, Graben in Bayern, sowie den nordrhein-westfälischen Standorten Werne und Rheinberg Arbeitsniederlegungen. Auch in Leipzig hätten rund 450 Mitarbeiter die Arbeit niedergelegt. Dort wollen zumindest ein Teil der Amazon-Mitarbeiter der Zeitung zufolge auch am Samstag wieder streiken.
Sie folgen damit dem Aufruf der Gewerkschaft von Ende November, flexibel zu streiken, damit die Amazon-Geschäftsführung keine Maßnahmen ergreifen kann, um die Auswirkungen der Streiks zu minimieren. Gewerkschaftsangaben zufolge arbeiten derzeit in Deutschland an den neun Standorten von Amazon in Deutschland in der Regel rund 13.500 Menschen, über die Weihnachtszeit sollen es rund 10.000 mehr sein.

Ziel der Streikenden ist in erster Linie ein Tarifvertrag. Darüber will Amazon aber nicht einmal verhandeln. In einem Interview mit dem Tagesspiegel erklärte Deutschland-Geschäftsführer Ralf Kleber kürzlich, er glaube nicht, dass ein Tarifvertrag erforderlich sei, um ein guter Arbeitgeber sein zu können.
Amazon habe gewählte Betriebsräte und zahle im Schnitt 10,40 Euro die Stunde Basislohn plus Zusatzleistungen. Außerdem beteilige man alle, “die länger als zwei Jahre dabei sind, mit einem Aktienpaket am Erfolg.” Laut Kleber haben 65 Prozent der deutschen Unternehmen keinen Tarifvertrag.
Die Streiks stören ihn nicht sonderlich: “Wenn Glatteis ist, juckt uns das weit mehr, als wenn Verdi zum Arbeitskampf aufruft. Es hat noch kein Paket seinen Adressaten zu spät erreicht, weil gestreikt wurde”, so der Manager gegenüber dem Tagesspiegel.
Eine derzeit laufende Petition auf Change.org, mit der Amazon-CEO Jeff Bezos aufgefordert wird, Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen “fair zu behandeln”, haben bislang gut 40.600 Menschen unterstützt. In der von Christian Krähling, der seit 2009 bei Amazon in Bad Hersfeld arbeitet, initiierten Petition wird unter “fairer Behandlung” ebenfalls ein Tarifvertrag verstanden. Den, so argumentiert Krähling, könne sich Bezos, der inzwischen der viertreichste Mensch der Welt ist und ein Vermögen von umgerechnet über 54 Milliarden Euro angehäuft habe, doch sicher leisten.