Filesharing: OLG Hamburg schraubt Erwartungen an Anschlussinhaber herunter

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(Bild: Shutterstock /Sebastian Duda)

Das Oberlandesgericht Hamburg hat sich in einem Verfahren um Urheberrechtsverletzungen durch Filesharing auf die Seite des beklagten Anschlussinhabers gestellt (Aktenzeichen 5 W 47/13). Auf den Beschluss hat jetzt der Berliner Anwalt Nico Werdermann hingewiesen. Sein Kanzleikollege Johannes von Rüden, Partner der Berliner Rechtsanwaltskanzlei Werdermann | von Rüden, die das Portal Abmahnhelfer.de betreibt, begrüßt die Entscheidung: “Damit steht fest, dass wenn und soweit es sich um den Internetanschluss einer Familie handelt, die tatsächliche Vermutung, der Anschlussinhaber sei auch der Täter der Rechtsverletzung, automatisch durch den Fakt entkräftet ist, dass es eben ein Anschluss einer Familie ist.”

Im vorliegenden Fall hatte sich der Beklagte damit verteidigt, dass die volljährige Tochter bei ihren Besuchen Zugriff auf den Internetanschluss hatte, von dem den Klägern zufolge die Urheberrechtsverletzung ausgegangen ist. Dem Landgericht reichte das nicht aus. Es verlangte, dass er zur Erfüllung der sogenannten “sekundären Darlegungslast” mitteilt, wie viele internetfähige Endgeräte zum Zeitpunkt der behaupteten Urheberrechtsverletzung im Haushalt vorhanden waren, wer sich zu dem Zeitpunkt im Haushalt befand sowie Zugriff auf den Internetanschluss hatte und wer die vorhandenen Geräte genutzt hat.

Johannes von Rüden Rechtsanwalt
Rechtsanwalt Johannes von Rüden (Bild: Abmahnhhelfer.de).

Ähnliches hatte bereits vor Jahren das Landgericht Köln gefordert (Aktenzeichen 28 O 763/10), das vom beklagten Anschlussinhaber verlangte hatte, dass er “Ross und Reiter” nennt, also den Namen des Täters preisgibt. Auch andere Gerichte gingen den Berliner Anwälten zufolge bisher davon aus, dass ein wegen Filesharing abgemahnter Anschlussinhaber, um sich selber zu entlasten, darlegen muss, wer zum Tatzeitpunkt Zugang zu seinem Internetanschluss hatte und wer demnach als Täter in Betracht kommt. Das Ansinnen erinnert allerdings an in der Justiz in sehr unschönen Zeiten übliche Verfahren und Forderungen.

Das Oberlandesgericht Hamburg hält die von der Vorisntanz aufgestellten Forderungen nun allerdings für unrealistisch. In dessen nun veröffentlichter Begründung heißt es: “Denn es widerspricht jeder Lebenserfahrung, dass ein Anschlussinhaber einen derart alltäglichen Vorgang wie die Nutzung eines Computers mit Internetzugang bereits nach einigen wenigen Tagen noch präzise genug erinnern kann, um eine derartige Auskunft geben, geschweige denn an Eides statt versichern zu können. Es wäre auch lebensfremd, von jedem Anschlussinhaber zu erwarten, dass er dokumentiert, wer von seinen Familienangehörigen wann seinen Internetzugang benutzt hat.”

Breitbandanschluss (Bild: Shutterstock/Georgii Shipin)

Nach Ansicht des Gerichts ist der sekundären Darlegungslast des Anschlussinhabers bereits genüge getan, wenn er darlegen kann, dass Hausgenossen selbstständig auf den Internetanschluss zugreifen können. Anwalt von Rüden zufolge erleichtert das Urteil nun zwar die Verteidigung gegen Filesharing-Abmahnungen in Hamburg, es gebe jedoch keine Garantie, dass sich andere Gerichte der dort geäußerten Rechtsauffassung anschließen.

Im Rahmen des Beschlusses hat das OLG auch zwei andere, häufig vorgebrachte Ansinnen der Abmahner als unberechtigt zurückgewiesen: Die Haftung des Anschlussinhabers als Störer scheidet seiner Ansicht nach vollständig aus, da ihm anlasslose Prüf- und Kontrollpflicht gegenüber Ehegatten oder volljährigen Familienmitgliedern nicht zumutbar sind. Er sei auch nicht verpflichtet, die Nutzer über die Rechtswidrigkeit von Tauschbörsenprogrammen aufzuklären und ihnen zu verbieten, solche Software zu verwenden.

Zweiter wichtiger Aspekt: Dass der Beklagte zunächst nicht auf die Abmahnung reagiert hat, führt nicht dazu, dass er, wie von den Klägern behauptet, verpflichtet ist, die Kosten des Verfahrens zu tragen. Laut OLG gibt es zwar in wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten eine Antwortpflicht, die sich aus der Sonderbeziehung der Wettbewerber ergibt. Im vorliegenden Fall sei aber fraglich, woraus sich eine solche Sonderbeziehung ergeben sollte.

Aus Sicht der Verbraucher bleibt nun zu hoffen, dass sich auch andere Gerichte dieser Auffassung schließen. Denn so ärgerlich Urheberrechtsverletzungen für die Rechteinhaber auch sein mögen, können sich dadurch doch keine Ansprüche ableiten, durch die Verbraucher – Schuldige wie Unschuldige – zu absurden, völlig unverhältnismäßigen und teilweise auch objektiv ihre technischen und organisatorischen Möglichkeiten überschreitenden Maßnahmen gezwungen werden.

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